SUVs sind nicht nur gefährlich, sondern auch platzraubend. Deshalb will sie die Internationale Energie-Agentur aus den Städten raus haben. Ausserdem im Blick aufs Ausland mit Links zu spannenden Geschichten: Autos verbrauchen immer mehr Benzin und Diesel als offiziell angegeben – und in Deutschland und Frankreich boomt der ÖV.
von Stefan Ehrbar
2. Februar 2024
IEA-Chef kämpft gegen SUVs
Unfälle mit hohen Autos, wozu vor allem SUV («Sport Utility Vehicles») gehören, sind für Fussgängerinnen und Fussgänger bei Unfällen deutlich häufiger tödlich als solche mit normalen Autos (Mobimag berichtete). Gleichzeitig erleben SUV auch in der Schweiz einen regelrechten Boom, wie zuletzt etwa das Portal nau.ch berichtete.
Kritik an den SUV kommt nun auch von der Internationalen Energie-Agentur (IEA). Ihr Chef Faith Birol hat diese Woche den SUV-Boom kritisiert, wie die deutsche «Tagesschau» berichtet.
Laut dem Artikel fordert er gar ein staatliches Eingreifen. «Es ist von entscheidender Bedeutung, die Probleme zu lösen, die sie in Bezug auf den zusätzlichen Energiebedarf, den beanspruchten öffentlichen Raum und die zusätzliche Gefährdung von Fussgängern mit sich bringen», sagte er der französischen Zeitung «Les Echos».
Staaten sollten laut dem IEA-Chef ihren Bürgerinnen und Bürger davon abraten, SUVs zu kaufen und regulierend eingreifen. Das könne etwa in Form von höheren Steuern oder Gebühren fürs Parkieren geschehen. Denn neben dem Elektroauto-Boom sei der SUV-Boom einer der zwei grossen.
SUVs nehmen mehr Platz ein als kleinere Autos, was insbesondere in Städten, in denen der öffentliche Raum knapp ist, zum Problem werden kann.
Im vergangenen Jahr waren SUVs laut dem Artikel mit 48 Prozent für fast die Hälfte aller Neuwagenverkäufe weltweit verantwortlich. In Europa knackten die grossen, schweren Autos gar die 50-Prozent-Grenze. Wegen ihres Gewichts und ihrer wenig aerodynamischen Form stossen sie laut tagesschau.de. im Durchschnitt 20 Prozent mehr CO2 aus als Limousinen.
Gegen SUVs vor geht etwa Paris. Am Sonntag werden dort die Einwohnerinnen und Einwohner befragt, ob grosse Geländewagen künftig dreimal so hohe Parkgebühren bezahlen müssen als gewöhnliche Autos. Die Stadt will mit dem Sondertarif von 18 Euro pro Stunde im Zentrum und zwölf Euro pro Stunde in Aussenbezirken die von SUVs verursachten Belästigungen begrenzen.
In der Schweiz geht etwa die Stadt Lausanne gegen SUVs vor. Das Parlament der Gemeinde hat im Jahr 2022 drei Resolutionen zugestimmt, die darauf abzielen, SUVs aus der Stadt zu verbannen (Mobimag berichtete). Die Stadt muss nun etwa Preise für Parkplätze nach Kategorie der Autos und nach Leergewicht differenzieren und mit einer Kampagne versuchen, Leute vom Kauf eines SUV abzubringen.
Autos stossen mehr aus als offiziell angegeben
Offizielle Verbrauchsdaten von Autoherstellern und die Realität gehen zunehmend auseinander. Das berichtet diese Woche das Portal spiegel.de mit Verweis auf eine neue Studie der Organisation International Council on Clean Transportation (ICCT).
Die im Jahr 2022 in Deutschland zugelassenen Autos mit Verbrennungsmotor haben demnach real 14 Prozent mehr Diesel oder Benzin pro gefahrenem Kilometer ausgestossen als offiziell angegeben und demnach auch 14 Prozent mehr CO2, als die Hersteller behaupten. Diese Differenz hat deutlich zugenommen. Noch 2018 lag die Differenz zwischen offiziellem und tatsächlichem Verbrauch laut dem Artikel erst bei 8 Prozent.
Zwar wurde in der Zwischenzeit das weniger präzise Messverfahren NEFZ («Neuer Europäischer Fahrzyklus») durch das realitätsnähere Messsystem WLTP («Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure») ersetzt. Doch dieser Effekt wurde laut der Studie bereits wieder aufgezehrt.
«Mit WLTP sollten ehrlichere und verlässlichere Angaben durchgesetzt werden – doch offenbar nicht mit dauerhaftem Erfolg», heisst es im Artikel. Die Vorgaben der Europäischen Union, dass Autohersteller die Emissionen ihrer Neuwagenflotte senken müssen, kommen laut ICCT-Wissenschaftler Jan Dornoff nicht in der realen Welt an.
«Das untergräbt die Bemühungen der EU zur Verringerung der verkehrsbedingten CO₂-Emissionen und führt dazu, dass die Verbraucher mehr für Kraftstoff bezahlen müssen als erwartet», wird Dornoff zitiert. Die Studie stützt sich auf offizielle Verbrauchsdaten der Europäischen Umweltagentur und auf Tankprotokolle, die über das Portal spritmonitor.de erfasst wurden.
Besonders weit auseinander liegen die offiziellen und tatsächlichen Daten bei Autos der Marken Opel, Hyundai, Ford und Seat. Besser schneiden hingegen Fahrzeuge der deutschen Marken Mercedes-Benz, VW, BMW und Audi ab.
ÖV-Nutzungsrekorde in Deutschland und Frankreich
Im Jahr 2023 könnte im öffentlichen Verkehr in der Schweiz ein neuer Passagierrekord aufgestellt werden. Darauf deuten Daten des dritten Quartals hin, das deutlich über den 2019er-Werten lag. Noch unklar ist, ob das vierte Quartal die noch schwächeren ersten beiden Quartale zu kompensieren vermag. Die Zahlen dürften demnächst publiziert werden.
Bereits bekannt ist hingegen, dass in unseren Nachbarländern Deutschland und Frankreich in Teilen des ÖV-Angebots im Jahr 2023 neue Rekorde aufgestellt wurden.
Wie die «Zeit» berichtet, haben im vergangenen Jahr in Deutschland deutlich mehr Menschen den öffentlichen Nahverkehr genutzt. Die Nachfrage stieg laut dem Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Ingo Wortmann um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Das hänge vor allem mit der Einführung des Deutschlandtickets zusammen. Dieses Abo für 49 Euro im Monat ermöglicht die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs in ganz Deutschland. Bislang haben laut dem VDV 11 Millionen Menschen das Abo gekauft und es gebe weiteres Wachstumspotenzial. Eine Mehrheit der Kundinnen und Kunden sei zudem zufrieden mit dem Angebot.
Wirtschaftlich bedeutet das Deutschlandticket allerdings auch, dass die Ticketpreise in Deutschland im Durchschnitt um 23 Prozent gesunken sind – ein Rückgang, den der Anstieg der Passagierzahlen nicht annähernd ausgleichen könne.
«Ticketpreise zu minimieren und gleichzeitig das Bus- und Bahnangebot maximieren zu wollen, um Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen, wird als Gesamtrechnung nicht aufgehen», wird VDV-Präsident Wortmann zitiert. «Oder zumindest nur mit erheblichen zusätzlichen Investitionen durch Bund und Länder.»
Einen neuen Rekord haben auch die französischen Staatsbahnen (SNCF) mit ihren Hochgeschwindigkeitszügen im Inland erreicht. Wie das «International Railway Journal» berichtet, stieg die Zahl der Fahrgäste im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozent auf 122 Millionen. Werden die grenzüberschreitenden Verbindungen – etwa jene von Eurostar nach London oder jene von TGV Lyria in die Schweiz – mit einberechnet, stieg die Zahl der Passagiere gar um 6 Prozent auf 156 Millionen.
Laut dem Artikel führt die steigende Nachfrage dazu, dass 2023 ein Drittel aller TGV-Verbindungen bei der Abfahrt bereits vollständig ausgelastet war, bei den günstigeren Ouigo-Zügen betrug dieser Wert gar 60 Prozent. Die SNCF hofft, dass mit der Inbetriebnahme von neuen TGV-Doppelstockzügen des Typs TGV M dieses Problem behoben werden kann. Die Auslieferung von 115 TGV-M-Zügen des Herstellers Alstom soll in diesem Jahr mit einem Zug pro Monat beginnen.
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