Wie gross ist der Velo-Boom in den Städten wirklich? Um diese Frage zu beantworten, hat Mobimag Daten aus Zürich, Bern und Basel der letzten Jahre ausgewertet. Eindeutig ist das Bild nicht, und die Datenqualität ist oft schlecht. Trotzdem zeigt sich: Wo die Infrastruktur stimmt, nimmt auch die Zahl der Velofahrerinnen und -fahrer zu.
von Stefan Ehrbar
22. April 2024
Die meisten Städte wollen das Velofahren fördern. Es ist umweltfreundlicher und platzsparender als das Auto – und mit dem E-Bike-Boom der letzten Jahre ist die potenzielle Zielgruppe auch in Städten, die hügeliger sind, gewachsen.
Die Städte Bern und Zürich oder der Kanton Basel-Stadt haben etwa Velo-Standards, die sie an neue Infrastruktur anlegen. Das Ziel ist in den meisten Fällen der Bau von abgetrennter Velo-Infrastruktur, auf der sich die Zweiräder den Platz nicht mit den Autos teilen müssen. Die Umsetzung solcher Konzepte ist allerdings nicht überall gleich weit fortgeschritten.
Mobimag hat analysiert, wie stark das Velofahren in den letzten Jahren in den Städten Bern, Basel und Zürich an Beliebtheit gewonnen hat und dafür Daten von Zählstellen ausgewertet. Dabei zeigt sich: Nicht überall war von einer Zunahme etwas zu spüren – und dafür, dass die Förderung des Velofahrens ein erklärtes politisches Ziel in allen drei Städten ist, ist die Datenqualität erstaunlich schlecht.
Das beginnt damit, dass nur gerade eine Handvoll von Zählstellen in den letzten Jahren durchgehend Daten geliefert haben. Viele Zählstellen wurden erst vor kurzem installiert, andere in der Zwischenzeit wieder abgebaut, so dass keine verlässlichen Aussagen möglich sind. Dies steht im Gegensatz zu den Zählstellen für den motorisierten Individualverkehr, die zum Teil schon seit Jahrzehnten Daten liefern. Mobimag hat sieben Zählstellen in Zürich und Basel analysiert, die mit wenigen Unterbrüchen seit 2016 Daten liefern. Zudem wurde ein von der Stadt Bern selbst berechneter Veloindex in die Betrachtung aufgenommen.
In Bern haben die Velofrequenzen stark zugenommen – nämlich um 40 Prozent seit 2016. Bern gilt als Stadt, die sehr viel in neue Veloinfrastruktur investiert hat und sich selbst das Ziel gesetzt hat, «Velohauptstadt» zu werden.
Aber auch an den Messstellen in Zürich und Basel zeigte sich bei den meisten eine Zunahme. Auf der Grenzacherstrasse in Basel nahm die Zahl der jährlich gemessenen Velos zwischen 2016 und 2022 um 34 Prozent zu, auf der Wettsteinbrücke um 22 Prozent. Zwei weitere Messstellen sind allerdings im Minus: Auf dem Birsskopfsteg waren 2022 etwa 32 Prozent weniger Velos unterwegs als 2016, und auf der Hegenheimerstrasse 7 Prozent weniger. Zum Teil starke Rückgänge in den Jahren 2020 und 2021 sind auf die Coronakrise zurückzuführen.
Nur ein leichtes Plus von 6 Prozent wurde zwischen 2016 und 2022 Zeit bei der Zählstelle in der Langstrassen-Unterführung in Zürich verzeichnet. Allerdings gilt zu berücksichtigen, dass Mitte 2021 eine neue Velospur in der Unterführung eröffnet wurde, die in diesen Zahlen nicht abgebildet ist. Insgesamt dürfte deshalb ein deutlich stärkeres Plus resultiert haben.
Heraus sticht in der Analyse die Zählstelle beim Hardplatz in Zürich in Richtung Hardbrücke. Dort haben sich die Velofrequenzen seit 2016 mehr als verdreifacht. Diese Entwicklung ist allerdings trügerisch, denn bis ins Jahr 2017 war die Hardbrücke eine grosse Baustelle, die viele Velofahrer abgeschreckt haben dürfte. Zum Teil waren auch die Wege nicht passierbar. Dies hängte zusammen mit dem neuen Tram über die Hardbrücke, das seit Ende 2017 fährt.
Dennoch: Auch zwischen 2018 und 2023 hat sich die Zahl der Velofahrer dort fast verdoppelt. Das dürfte auch mit der neuen Infrastruktur zu tun haben – und mit einer neuen Streckenführung. Mit dem neuen Tram wurde nämlich auch eine Auffahrt auf die Hardbrücke für Autofahrer gesperrt, was die Attraktivität der Route für Velofahrer erhöht haben dürfte.
Ein Fazit zu ziehen ist schwierig, da einzelne Zählstellen nicht ein vollständiges Bild über den Veloverkehr ermöglichen, zumal sich dieser auch auf andere Wege verschoben haben kann. Die Daten deuten allerdings darauf hin, dass das Velo in allen drei Städten an Beliebtheit gewinnt, wenn auch nicht in rasantem Tempo - und dass die Zahl der Velofahrerinnen und Velofahrer zunimmt, wenn die Infrastruktur ausgebaut wird.
Dass von keinem regelrechten Veloboom gesprochen werden kann, hat Mobimag bereits im November 2022 analysiert.
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