Paris greift durch: SUV sollen ab 2024 mehr fürs Parkieren bezahlen. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland mit den Links zu spannenden Geschichten: Die Deutsche Bahn präsentiert die Vision eines europäischen Hochgeschwindigkeits-Netzes mit Auswirkungen auf die Schweiz – und VW verkauft kaum mehr Elektroautos in Europa.
von Stefan Ehrbar
14. Juli 2023
Paris will höhere Parkgebühren für SUV
Die französische Hauptstadt Paris gilt als Vorreiterin bei der Umgestaltung von Strassenraum für den Fuss- und Veloverkehr. So hat sie in den letzten Jahren diverse Strassen für den Autoverkehr gesperrt, neue Radwege errichtet und sich einen neuen Kodex gegeben, der den Langsamverkehr in das Zentrum stellt. Zudem sollen zehntausende Parkplätze abgebaut werden (Mobimag berichtete).
Nun will die Stadtverwaltung einen Schritt weiter gehen. Wie der «Guardian» diese Woche berichtete, will sie im Kampf gegen die Umweltverschmutzung künftig höhere Gebühren fürs Parkieren von Besitzern von Geländewagen (SUV) erheben.
Details hat die Verwaltung zwar noch nicht bekannt gegeben, doch laut ihren Plänen sollen die Grösse, das Gewicht und die Motorisierung der Fahrzeuge berücksichtigt werden. Elektroautos und Autos von grossen Familien sollen von den höheren Gebühren, die ab 1. Januar 2024 gelten sollen, verschont bleiben.
Die Ratsmitglieder haben die Pläne laut dem Artikel bereits gebilligt. Vorgeschlagen wurden sie von der Umweltpartei EELV. Dieser schwebt ein progressives Modell je nach Gewicht und Grösse vor. Ziel ist es laut der Partei, «eine Absurdität ins Visier zu nehmen: die Auto-Besessenheit […] sowie die unaufhaltsame Zunahme von Gewicht und Grösse der Fahrzeuge, die in unseren Städten und insbesondere in Paris verkehren».
Tatsächlich werden Autos seit einigen Jahren selbst innerhalb derselben Modellreihen immer grösser und tendenziell schwerer, womit sie nicht nur die Infrastruktur stärker belasten, sondern auch mehr öffentlichen Raum einnehmen (Mobimag berichtete).
Zudem erfreuen sich SUV wie in der Schweiz auch in Paris einer zunehmenden Beliebtheit. Laut Angaben der Pariser Stadtverwaltung hat ihre Zahl in den letzten vier Jahren um 60 Prozent zugenommen.
Inzwischen machen SUVs laut dem Artikel in Paris 15 Prozent der 1,15 Millionen privaten Fahrzeuge aus, die jeden Abend parkiert werden. Die Stadt erhofft sich vom neuen Gebührenmodell, diesen Anstieg bremsen zu können. So soll auch der Besitz von leichteren Fahrzeugen gefördert werden.
Der für den öffentlichen Raum und die Mobilitätspolitik zuständige stellvertretende Bürgermeister David Belliard sagte laut dem Artikel, dass SUV nicht nicht in eine städtische Umgebung passten. Es gebe keine unbefestigten Strassen in Paris und keine Bergstrassen. «SUVs sind in Paris absolut nutzlos», so Belliard. «Schlimmer noch, sie sind gefährlich, sperrig und verbrauchen zu viele Ressourcen in der Herstellung.»
Die Automobilorganisation «40 millions d’Automobilistes» kritisierte hingegen den Entscheid. SUVs würden vor allem von grösseren Familien gekauft. Mit dem Entscheid gebe man einer «winzigen Minderheit» der städtischen Bevölkerung nach, die beschlossen habe, die SUVs zum Symbol des Kampfes gegen die Umweltverschmutzung zu machen.
Deutsche Bahn präsentiert Hochgeschwindigkeits-Vision
Die Deutsche Bahn hat diese Woche ihren Vorschlag für ein «Metropolitan Network» in Europa präsentiert. Dazu hat sie mit europäischen Partnerbahnen – darunter die SBB – eine Studie zum Ausbau des Hochgeschwindigkeitsverkehrs (HGV) in Europa erarbeitet.
Der Vorschlag umfasst konkrete Streckenerweiterungen in Europa für schnelle Personenzüge und eine Simulation der damit möglichen wachsenden Verkehrsleistung auf der Schiene, wie es in einer Mitteilung heisst. Das «schnelle Netz» soll von 11’000 auf 32’000 Kilometer erweitert werden. Auch eine neue Strecke in der Schweiz ist vorgesehen, wie aus den Unterlagen hervorgeht.
Zusätzlich zu den bestehenden schnellen Strecken zwischen Mattstetten und Rothrist, durch den Lötschberg-Basistunnel und auf der Gotthard-Achse mit dem Gotthard- und dem Ceneri-Basistunnel soll auch die Strecke München-Zürich auf eine Geschwindigkeit von bis zu 300 Kilometer pro Stunde ausgebaut werden. Dafür bräuchte es auf dem Schweizer Teil eine Neubaustrecke.
Eine solche ist zumindest teilweise geplant, weil die SBB mit dem Verzicht auf die Wako-Technologie bei ihren Fernverkehrs-Doppelstockzügen FV-Dosto die höhere Geschwindigkeit in den Kurven nicht erzielen können. Deshalb prüft der Bund derzeit eine Neubaustrecke in die Ostschweiz.
Ausgangspunkt der DB-Vision ist laut der Mitteilung der «Green Deal» der EU-Kommission. «Der europäische HGV soll danach mit einer geplanten Verdoppelung bis 2030 und einer Verdreifachung bis 2050 einen wichtigen Beitrag zur CO2-Reduktion im Transportsektor erbringen.» Die Spezialisten der Bahn hätten in der Studie analysiert, wie ein solches Netzwerk aussehen müsse, um die EU-Ziele zu erreichen.
Das Netz soll alle 230 Metropolregionen und die grossen Städte in Europa mindestens im Stundentakt an den HGV anbinden. Als Metropolregionen sind Agglomerationen von mehr als 250’000 Einwohnerinnen und Einwohner definiert. Rund 60 Prozent der Menschen in Europa lebten in einer solchen. Sollte der «Green Deal« gelingen, müssten die EU und die Mitgliedsländer erhebliche zusätzliche Investitionen in die Hand nehmen und europaweit in den Netzausbau stecken, so die DB. «Darüber wollen die beteiligten Eisenbahnen im kommenden Herbst mit der Politik in Austausch treten.»
Elektroauto-Geschäft von VW bricht ein
Volkswagen (VW) ist nach Umsatz der grösste Automobilhersteller der Welt. Doch seit längerem wird in Fachkreisen angezweifelt, ob der Konzern mit Blick auf den Wandel hin zur Elektromobilität richtig aufgestellt ist und insbesondere im grössten Markt China mithalten kann.
Diese Woche nun berichtet das deutsche «Handelsblatt», dass das Elektroauto-Privatkundengeschäft von VW selbst in Europa regelrecht einbreche. Die Modelle verfehlten die Verkaufserwartungen im Heimmarkt.
Die Zeitung beruft sich auf Insider, laut denen die Auftragseingänge in Deutschland «deutlich unter dem geplanten Jahresziel» liegen. Betroffen davon seien alle rein elektrisch betriebenen Modelle – nämlich ID.3, ID.4, ID.5 und ID.Buzz.
Eine VW-Sprecherin schreibt der Zeitung, das Unternehmen spüre «wie andere Automobilhersteller eine allgemeine Kaufzurückhaltung bei Elektroautos». Wie die Zeitung weiter schreibt, hat VW zwischen Januar und Mai in Europa 97’000 ID-Modelle gebaut, aber nur 73’000 verkauft. Das gehe aus Zahlen des Dienstleisters Marklines hervor. Zum Vergleich: Tesla verkaufte in der selben Periode alleine vom Model Y über 100’000 Exemplare in Europa.
Laut Händlern hat die Flaute bei den VW-Elektroautos auch damit zu tun, dass Tesla die Preise gesenkt hat. Doch auch bei den Verbrenner-Modellen von VW gebe es klare Rückgänge bei den Aufträgen.
Zwar hat VW laut dem Artikel noch einen sehr hohen Auftragsbestand. Doch die vorhandenen Aufträge «schmelzen offenbar rascher dahin als geplant, weil zu wenig neue Aufträge reinkommen».
Führungskräfte von VW-Werken – die Elektroautos werden grösstenteils in Zwickau, Dresden und Hannover gebaut – werden damit zitiert, dass die Nachfrage für einige Elektroauto-Modelle von VW teilweise «auf null» gefallen sei. Schon bis im Herbst könnten die Aufträge abgearbeitet sein. Es drohten «dunkle Wolken am Horizont» für den deutschen und europäischen Markt.
Laut VW ist die Elektro-Quote des Konzerns in den ersten fünf Monaten des Jahres in Westeuropa auf 15 Prozent gestiegen. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Man sei zuversichtlich, dass die Nachfrage wieder anziehe, wenn das überarbeitete Modell ID.3 und im Herbst die Elektro-Limousine ID.7 auf den Markt kommen.
VW hat aber nicht nur in Europa zu kämpfen, sondern auch im wichtigen Elektroauto-Markt China. Zudem stossen chinesische Hersteller von Elektroautos zusehends auf den europäischen Markt vor und machen den europäischen Autobauern Marktanteile streitig. Laut dem Artikel konnte etwa die chinesische Elektro-Marke MG ihre Zulassungen in Europa zuletzt deutlich steigern. Das Modell MG4, ein direkter Konkurrent des VW-Modell ID.3, sei erst seit diesem Jahr in Europa erhältlich und bis Ende Mai schon über 23’000 Mal zugelassen worden.
Der chinesische Autobauer SAIC, der hinter MG stecke, habe kürzlich angekündigt, mit der Elektroauto-Produktion nach Europa expandieren zu wollen. Auch andere chinesische Konzerne wie BYD und Nio drängten in den europäischen Markt. Bei VW sei von einer «chinesischen Welle» die Rede, die zur Konkurrenz von Tesla hinzukomme. Der US-Autobauer konnte die Verkäufe des Model Y in Europa im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 270 Prozent steigern.
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