Weil die Bevölkerung um Oslo wächst, nimmt laut Prognosen der Autoverkehr zu. Das soll verhindert werden. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland mit Links zu spannenden Geschichten: Nach der Übernahme durch Flixbus baut der US-Fernbusbetreiber Greyhound Haltestellen ab – und es gibt Probleme beim Service für chinesische Elektroautos.
von Stefan Ehrbar
1. Dezember 2023
Oslo will Wachstum des Autoverkehrs verhindern
Die norwegische Hauptstadt Oslo und ihre Agglomeration haben ein Problem: Wenn keine drastischen Massnahmen ergriffen werden, wird der Autoverkehr in Oslo und der ganzen Region Akershus bis ins Jahr 2040 um 17 Prozent zunehmen.
Das geht aus einem Bericht hervor, den das Beratungsbüro Norconsult für die norwegische Strassenverwaltung erstellt hat und der dem norwegischen Rundfunk NRK vorliegt. Der Hauptgrund für diese Entwicklung ist das Bevölkerungswachstum.
Allerdings hat sich Norwegen ein Nullwachstumsziel gegeben: Der Strassenverkehr soll nicht mehr zunehmen, das Wachstum im Personenverkehr muss stattdessen durch den ÖV, den Velo- und den Fussverkehr aufgefangen werden. Damit dies trotz der ungünstigen Prognosen gelingt, schlägt der Bericht einige Massnahmen vor.
Einerseits soll es auf mehr Strassen Benutzungsgebühren geben. Die Tarife im bestehenden Mautgebiet in Oslo sollen verdoppelt werden. Es soll eine Beschränkung der Anzahl Autos eingeführt werden, genauso wie 10 Prozent niedrigere Geschwindigkeiten auf allen Strassen in der Region.
Die Tarife für das Parkieren sollen laut dem Bericht verdoppelt werden, und wo heute kostenlose Parkplätze angeboten werden, sollen diese kostenpflichtig werden. Zudem soll die Zahl der Parkplätze generell abgebaut werden. Doch nicht alle der in der Studie erwähnten Massnahmen zielen auf das Auto.
So werden auch Verbesserungen im ÖV vorgeschlagen – etwa mit dichteren Takten, einer Vereinheitlichung des Ticketpreises in der Stadt Oslo und der Region, einer Vergünstigung der Tickets und einem vereinfachten Zonensystem. Zudem soll in Mikromobilität als Ergänzung zum zu Fuss gehen investiert werden, etwa, indem mehr Leihvelos zur Verfügung gestellt werden.
Noch ist nichts beschlossen. Der Bericht wird die Grundlage für Verhandlungen mit den einzelnen Kommunen und weiteren Involvierten in der Region darstellen. Laut dem Bericht von NRK gibt es bereits Widerstand etwa gegen eine Verdoppelung der Mautpreise. Auch wird gefordert, die Bevölkerungszunahme, die ursächlich ist für die Entwicklung, zu hinterfragen.
Der konservative Bürgermeister des Vororts Lillestrøm, wo eine von sechs neuen Mautstellen gebaut werden soll, hat ebenfalls bereits seinen Widerstand artikuliert. Zumindest die Stadt Oslo hat allerdings bereits einmal bewiesen, dass sie fähig ist, Massnahmen auf Kosten des Autos umzusetzen (Mobimag berichtete).
Greyhound gibt Stationen auf
Der amerikanische Busanbieter Greyhound, der vor zwei Jahren vom deutschen Fernbus-Betreiber Flix Mobility gekauft wurde, ist eine Ikone in den USA. Bekannt sind auch seine Stationen in den Städten, die mangels Verbindungen auf der Schiene oft die einzige ÖV-Anbindung darstellen.
Die Fernbusse sind deutlich günstiger als beispielsweise Inlandflüge und erfreut sich deshalb einer gewissen Beliebtheit. In den USA nutzten vor der Pandemie etwa 62 Millionen Menschen jährlich einen Fernbus. Die Firma Greyhound, die bis zur Übernahme durch Flixbus der britischen Firma FirstGroup gehörte, war während der Corona-Pandemie in die Krise geraten. Im Jahr 2020 schrieb Greyhound etwa einen Verlust von umgerechnet zehn Millionen Euro. Flixbus konnte das Unternehmen deshalb für lediglich 46 Millionen Euro übernehmen und mit seiner eigenen USA-Sparte fusionieren. Doch nun wird Kritik laut.
Denn im Jahr 2022 hat Greyhound seine Haltestellen an das Immobilienunternehmen Twenty Lake verkauft. Wie der «Streetsblog» berichtet, hat das Unternehmen zuletzt zudem viele überdachte Wartebereiche aufgegeben, etwa in Houston, Richmond und Charlottesville.
«Dabei wurden Scharen von Fahrgästen oft an Haltestellen im Freien auf Parkplätzen oder Randsteinen untergebracht, manchmal ohne Zugang zu Unterkünften, Sitzgelegenheiten, Toiletten oder grundlegenden Dienstleistungen wie Fahrplanauskünften», heisst es im Artikel. Die Zeitung «Philadelphia Inquirer» habe dies als «humanitäre Katastrophe und eine kommunale Schande» bezeichnet.
Einige der neuen Haltestellen befänden sich in Vororten weit von Stadtzentren entfernt und würden nur wenige Umsteigemöglichkeiten. In Little Rock wurde eine Haltestelle auf den Randstein vor einem Obdachlosenheim verlegt, was sowohl dessen Bewohner als auch die Fahrgäste verärgerte. So soll es Vorfälle mit Waffengewalt gegeben haben.
Vor dem Verkauf an Flixbus sei Greyhound noch eines der wenigen Unternehmen gewesen, das eigene Haltestellen betrieben habe. Angesichts des Preisdrucks setzten die Linienbus-Betreiber aber vermehrt auf das Prinzip, Reisende auf normalen Parkplätzen etwa vor Tankstellen oder Einkaufszentren ein- und abzuladen. So hätten sie zwar Kosten senken können und dafür etwa in WLAN an Bord investiert. Ob davon aber alle Gäste profitierten, sei eine andere Frage, heisst es im Artikel.
Wer macht Service bei chinesischen Elektroautos?
Die Offenheit von europäischen Autokäuferinnen und -käufern gegenüber chinesischen Automarken steigt. Fast 40 Prozent können sich laut einer diese Woche veröffentlichten Umfrage der Managementberatung Horváth unter 2’000 Fahrzeugkäufern in europäischen Kernmärkten vorstellen, ein chinesisches Modell zu erwerben.
Eine Ausnahme bilden gemäss der Umfrage allerdings potenzielle Autokäufer aus Deutschland. Hier ist die Kaufbereitschaft für ein chinesisches Modell gar gefallen, und zwar auf 27 Prozent. Dabei wollen chinesische Automarken den grössten europäischen Markt offensiv bearbeiten (Mobimag berichtete).
Einem möglichen Grund für die Skepsis ist diese Woche das deutsche Portal golem.de nachgegangen. Etliche chinesische Automarkten lockten zwar mit günstigen Preisen, heisst es in der Einleitung. «Doch wenn am Fahrzeug etwas defekt ist, warten Käufer oft lange, bis sich etwas tut.»
Im Artikel wird der Käufer eines MG4-Modell des Hersteller MG Motor, der zur Shanghai Automotive Industry Corporation gehört, porträtiert. Das Elektroauto der Kompaktklasse gibt es ab etwa 32’000 Euro.
Schon nach sechs Wochen habe es Probleme gegeben: Die 12-Volt-Batterie sei leergelaufen, wird der Käufer zitiert. Ein Software-Update habe das Problem nicht behoben. Bei einer Autobahnfahrt mit höherer Geschwindigkeit habe zudem das Lenkrad zu flattern begonnen.
Das Problem liege an den Felgen. Diese seien aber nie ausgetauscht worden. «Oft vergehen Wochen ohne eine Antwort des Händlers», heisst es im Artikel. Auf telefonische Nachfrage werde der Käufer vertröstet oder die Mercedes-Filiale, in der er das Auto ausgewählt hat, verweise an den Hersteller.
MG hat bisher schon 23’500 Elektroautos in Deutschland verkauft. Die Mehrheit ist laut einem Sprecher zufrieden mit ihrem Auto. Es gebe aber vereinzelt Unterschiede in der Service-Qualität, die man «mit einem umfassenden Massnahmenpaket kurzfristig adressieren» werde. Im Fokus stünden Themen wie Ersatzteilversorgung, Lagerhaltung und Geschwindigkeit in der Abwicklung von Service-Themen.
«Die entscheidende Frage für die Kunden lautet: Wie geht es weiter, wenn die Tinte unter Kauf- oder Leasingvertrag trocken ist? Wer übernimmt Wartung und Reparaturen?», schreibt der Autor des Artikels. Im Vorteil sei etwa die zum chinesischen Hersteller Geely gehörende Marke Polestar, die auf die Garagen des Geely-Partners Volvo zurückgreifen könne.
Der chinesische Hersteller BYD hingegen verfüge derzeit nur über 17 Autohäuser in ganz Deutschland. Bis Ende 2024 soll die Zahl laut Unternehmensangaben immerhin dreistellig werden.
Im Artikel wird über weitere Fälle berichtet, in denen Käufer Probleme beim Support von chinesischen Elektroautos hatten, etwa in einem Fall mit einem Auto des gehobenen Herstellers Nio. Dieser setzt auf mobile Reparaturlösungen. Ob solche Probleme mit chinesischen Herstellern häufiger vorkommen als mit deutschen oder amerikanischen, wird im Artikel allerdings nicht beantwortet.
Schreiben Sie einen Kommentar