Emotionale Kommunikation und schnellere Gesetzesänderungen: Das braucht die bedarfsgesteuerte Mobilität

On-Demand-Angebote: die Zukunft der Mobilität? Bild: mybuxi

On-Demand-Angebote wie Pikmi oder MyBuxi suchen ihr Publikum. Die Rahmenbedingungen sind in anderen Ländern zum Teil besser. Was bräuchte es, damit sich das ändert? Ein neuer Bericht der Mobilitätsplattform (its-ch) liefert Antworten und listet die wichtigsten Massnahmen auf.

von Stefan Ehrbar
13. September 2022

Wie können Mobility-On-Demand-Angebote gefördert werden? Welche Geschäftsmodelle eröffnen sich, welche Hindernisse gilt es auszuräumen? Und was wollen Nutzer überhaupt?

Die Schweizerische Mobilitätsplattform its-ch (intelligent transport systems switzerland) hat zu diesen Themen einen Bericht verfasst. Beantwortet wurden die Schlüsselfragen: Wo stehen wir heute? Wo gibt es Probleme? Was ist zu tun? 

«Während gegenwärtig «einfache Anwendungsfälle» mit kleinen Fahrzeugen im Stadt- und Agglomerationsgebiet die weltweite Diskussion beherrschen, wurde in der Schweiz der mögliche Beitrag im ländlichen Raum bereits untersucht. Es ist zu erwarten, dass dies nur ein erster Entwicklungsschritt ist», heisst es im Bericht, der Mobimag zur Verfügung gestellt wurde.

Im Folgenden werden die wichtigsten Erkenntnisse daraus zusammengefasst. Für den Bericht hat eine Arbeitsgruppe sechs virtuelle Workshops abgehalten. Ausserdem wurden ergänzende Informationen eingeholt und eine offene Umfrage durchgeführt. Der Bericht stellt keine Arbeit nach wissenschaftlichen Kriterien dar, aber eine «breit abgestützte Sicht über den aktuellen Kenntnisstand dieses Feldes der Schweizer Mobilität».

Die Gruppenleiter waren its-Geschäftsführer Andreas Kronawitter, der auch das On-Demand-Angebot mybuxi gegründet hat (zum Mobimag-Interview mit ihm) und Luciano Leins von der AWK Group. Zur Kerngruppe gehörten auch Adriano Diolaiuti von Rapp Trans, Markus Erne von der SOB, Tobias Bowald von Q Perior (zum Mobimag-Gastbeitrag von ihm) und Jamie Townsend von der movvino GmbH.

Grundsätzlich, so heisst es im Bericht, gibt es angebotsorientierte und bedarfsorientierte Mobilität. Zu dieser gehören die On-Demand-Angebote wie MyBuxi, Pikmi oder Rufbusse von Postauto, aber auch Taxis. 

Während diese früher noch über Telefone gerufen wurden, vereinfachen Apps nun die Bestellung solcher Angebote. «IT-Plattformen der jüngsten Vergangenheit erlauben die Bündelung von mehreren Fahrwünschen mit Minibussen», heisst es im Bericht. Der Unterschied von neuen On-Demand-Angeboten zu einem Taxi sei denn auch, dass sich bei ersteren verschiedene Kunden gleichzeitig im Fahrzeug befinden können.

Von zentraler Wichtigkeit seien die Bedürfnisse der Nutzer, heisst es im Bericht. Doch welche sind das? Im Wesentlichen nennt der Bericht:

  • Kostengünstige und flexible Angebote auch zu Randstunden, die spontan und kurzfristig benützt werden können.
  • Bequemlichkeit und Erreichbarkeit: Dazu gehören flexible Routen und flächendeckende Angebote für den Freizeitverkehr. Mit On-Demand-Angeboten soll etwa der Besuch im Yoga-Studio genauso möglich sein wie das Einkaufen.
  • Erweiterte Möglichkeiten: Dazu gehören die An- oder Heimfahrt von Events oder Heimlieferservices.
  • Einfache Orientierung: Informationen sollen auch für nicht digital versierte Personen einfach zugänglich sein und auf einer Plattform integriert werden. Buchungen und Abrechnungen müssen einfach verständlich sein.
  • Während der Fahrt sind Sicherheit sowie Transportmöglichkeiten für Kinderwagen, Einkäufe und Gepäck zentral.
  • Zuletzt erwartet die Kundschaft auch ein umweltfreundliches Transportmittel.

Noch sind On-Demand-Angebote nicht im Mainstream angekommen. Die Umfrage der Arbeitsgruppe zeigt, dass 65 Prozent der Befragten nie oder kaum bedarfsgesteuerte Angebote genutzt haben. Die Zahlungsbereitschaft ist dank der höheren Flexibilität und Nähe aber etwas höher als beim herkömmlichen ÖV und 85 Prozent finden, dass bedarfsgesteuerte Mobilität bei einem guten Angebot eine Alternative zum eigenen Auto sein kann.

Folgende Erfolgsfaktoren kristallisierten sich aus der Umfrage heraus, für die Nutzer, aber auch Anbieter von On-Demand-Angeboten befragt wurden:

  • Einfacher Zugang zum Angebot
  • Geringe Wartezeiten und Weg-Ersparnis durch virtuelle Haltestellen und gute Abdeckung
  • Attraktive Preise
  • Anschluss an den ÖV muss sichergestellt werden
  • Mehrfachnutzung von Ressourcen (also z.B. Fahrzeugen) und häufiges Pooling (also die Möglichkeit, Fahrten verschiedener Kunden zusammenzulegen)
  • Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit

Anbieter und Nutzer halten es zudem für wichtig, dass solche Angebote von der öffentlichen Hand gefördert werden können. Subventionen sollen aber an Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt sein. Gleichzeitig braucht es laut den Befragten erleichterte Regeln etwa in Sachen Konzessionierung und einheitliche Rahmenbedingungen in den Kantonen und Gemeinden.

Erfolgsfaktoren für On-Demand-Angebote gemäss its-ch. Bild: its-ch.

Der Bericht nennt aber auch einige Hemmschwellen für On-Demand-Angebote, etwa:

  • Die Auffindbarkeit von virtuellen Haltepunkten für Menschen mit Sehbehinderungen, für die noch gute Konzepte entwickelt werden müssen.
  • Das intermodale Routing mit dem Ziel eines Billetts für eine Reise ist noch nicht erfüllt – auch weil die Integration in die Plattformen des ÖV noch nicht ideal ist.
  • Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Fahrzeuge ist im ländlichen Raum und an alpinen Standorten noch kaum vorhanden. Zudem müssen Anschlussleistungen verfügbar sein, was die möglichen Orte einschränkt.
  • In ländlichen Regionen gibt es noch Funklöcher, in denen die Funktionsweise von On-Demand-Angeboten nicht sichergestellt ist.
  • Mobilität wird nicht als Innovationsfeld wahrgenommen. Sie sollte gezielt finanziell gefördert werden.
  • Die Regulation hinkt der technischen Entwicklung hinterher. Pilotprojekte können zwar einfach bewilligt werden, doch der nahtlose Übergang zum Regelbetrieb könnte einfacher sein. Zudem würde eine einheitliche Regulierung auf allen Stufen (Gemeinden, Kantone, Bund) die Skalierungsfähigkeit verbessern.
  • Die Kommunikation ist noch nicht zielgruppengerecht genug. Emotionale und soziale Bedürfnisse sollten künftig in den Vordergrund gestellt werden.
  • Das Publikum ist heterogen und muss über verschiedene Kanäle angesprochen werden.

Der vollständige Bericht mit vielen weiteren Ausführungen etwa zu den Themen Infrastruktur, Technologie und Einflussfaktoren kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

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