Ein neues Tram im Zürcher Norden, höhere Preise und kaum Verbesserungen bei der S-Bahn: Das steht in der neuen ZVV-Strategie 🆓

In Zürichs Norden sollen bald neue Tramschienen liegen. Bild: VBZ

Der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) gibt sich eine neue Strategie für die Jahre 2025 bis 2029. Das grösste Einzelprojekt ist eine neue Tramtangente im Norden von Zürich. Das hat seine Gründe: Die S-Bahn kann bis Mitte der 30er-Jahre fast nicht mehr ausgebaut werden. Das Defizit hingegen wird deutlich wachsen.

von Stefan Ehrbar
2. Oktober 2023

«Der ZVV bewegt die Menschen in Kanton Zürich effizient, nachhaltig und ressourcenschonend»: Dieser Leitsatz steht in der Strategie des Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) für die Jahre 2025 bis 2029. Die dazugehörige Vision ist ambitioniert: «Der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Modalsplit im Kanton Zürich wird bis 2040 von heute 32 Prozent auf mindestens 40 Prozent gesteigert», formuliert der ZVV. Doch wie sollen diese Ziele erreicht werden angesichts wenig Ausbaumöglichkeiten im S-Bahn-Bereich und der Tatsache, dass die Preise weiter steigen werden?


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Hoffnungen setzt der ZVV etwa auf das Tram. Er hat drei grosse Tramprojekte aufgegleist, die schon in den nächsten Jahren zur Baureife gelangen sollen.

Neben den bereits in Planung befindlichen Projekten Tram Zürich Affoltern von der Haltestelle Brunnenhof (bis Ende Jahr noch Radiostudio) bis Affoltern und der Verlängerung der Glattalbahn von Zürich Flughafen nach Kloten sind es die Tramtangente Zürich Nord von Affoltern via Oerlikon nach Stettbach, die Verlängerung der Glattalbahn von Kloten nach Bassersdorf und die Verlängerung der Glattalbahn von Stettbach nach Dietikon.


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Mit letzterer Verlängerung soll vor allem der Innovationspark erschlossen werden. Die neue Tramtangente Zürich Nord wiederum soll in Affoltern auf dem Trasse des neuen Trams Affoltern verkehren und dann etwa den Buslinien 61 und 62 entlang nach Oerlikon. Von dort geht es auf grösstenteils neuem Trasse weiter nach Stettbach.

Bei diesen Projekten handelt es sich nicht einfach um Visionen mit ungewissem Realisierungsdatum. Im Gegenteil: Der Fahrplan für die Realisierung ist relativ sportlich.

Für die Tramtangente Nord und die Verlängerung der Glattalbahn nach Bassersdorf sollen bis 2027 Vorprojekte erarbeitet werden. Damit sollen sie für das Agglomerationsprogramm des Bundes der sechsten Generation angemeldet werden können. Die Eröffnung der Verlängerung der Glattalbahn nach Bassersdorf soll mit dem Ausbauschritt 2035 der Bahn abgestimmt werden. Für diese Verbindung und die Tramtangente Nord sieht der ZVV im Idealfall einen Baubeginn Ende 2031 vor, womit sie Mitte der 30er-Jahre in Betrieb gehen könnten. Etwas weniger konkret ist der Zeitplan für die Verlängerung der Glattalbahn nach Dietlikon, die auf die Tramtangente Nord und die weiteren Entwicklungen im Innovationspark abgestimmt werden soll.

Wichtig ist dem ZVV, dass die neuen Tramverbindungen wo immer möglich auf sogenannten unabhängigen Bahnkörpern geführt werden, weil so höhere Geschwindigkeiten gefahren werden können. Damit will der ZVV verhindern, dass die Trams von allfälligen Tempo-30-Regimes ausgebremst werden.

«Tram- und Stadtbahnen haben wegen ihrer hohen Leistungsfähigkeit und des zuverlässigen Betriebs einen hohen Stellenwert für die Verkehrsentwicklung dicht besiedelter Wohn- und Arbeitsplatzgebiete», schreibt der ZVV. «Neubaustrecken sollen aus Kosten-Nutzen-Überlegungen und zur Sicherung der Reisegeschwindigkeit und Zuverlässigkeit auf Eigentrassees mit unabhängigem Bahnkörper geführt werden. Auf bestehenden Tramstrecken ist der Anteil Eigentrassee zu halten oder weiter auszubauen.»

Neben dem Tram will der ZVV auch das Busangebot verbessern – mit Taktverdichtungen, dem Schliessen von Taktlücken und der Anpassung der Betriebszeiten. Zudem will er sich dafür einsetzen, dass Problemstellen, bei denen Busse behindert werden, behoben werden – und dass die Auswirkungen von Tempo 30 auf den Busverkehr minimiert werden.

Beim wichtigsten Angebot im ZVV, der S-Bahn, werden vor Mitte der 30er-Jahre nur wenige Verbesserungen möglich sein. Etwa 2029 soll die SZU auf ihren Linien S4 und S10 respektive Abschnitten davon dank Doppelspurausbauten in den Stosszeiten im 7,5-Minuten-Takt und ansonsten im 15-Minuten-Takt verkehren. Zudem können längere Züge ins Furttal und zwischen Effretikon und Wetzikon fahren, sobald dort die Perronverlängerungen fertiggestellt sind.

Mit dem Ausbauschritt 2035, der etwa das vierte Gleis am Bahnhof Stadelhofen mit seinen neuen Tunnelbauwerken und den Brüttener Tunnel beinhaltet, dürfte frühestens ab 2035, wahrscheinlich aber ab 2037 ein grosser Ausbau möglich sein. Viele Bahnhöfe werden mehr Abfahrten der S-Bahn erhalten, wie untenstehende Grafik zeigt.

Vereinzelt wird es allerdings auch etwas weniger Abfahrten geben. So werden etwa von den Taktverdichtungen auf der S10 der SZU nur die innerstädtischen Bahnhöfe profitieren, während es in Uitikon und Ringlikon weniger S-Bahn-Halte geben wird. In Zürich-Wiedikon wiederum dürften laut aktuellen Planungen nur noch zwei statt drei S-Bahn-Linien Halt machen, wobei sich dies im Zug der aktuell laufenden Konsolidierung des Ausbauschritts durch den Bund auch noch ändern kann. Diese Konsolidierung dürfte laut dem ZVV Einfluss haben auf das S-Bahn-Angebot im Raum Zürich und am linken Zürichseeufer.

Die öffentliche Hand wiederum dürfte in den nächsten Jahren mehr bezahlen müssen für den ZVV, auch wenn weitere Tariferhöhungen für die Nutzerinnen und Nutzer geplant sind. Die Unterdeckung steigt laut Prognosen des ZVV von 437,5 Millionen Franken im Rahmenkredit des Jahres 2024 auf 514 Millionen Franken im Jahr 2029. Allerdings steigt auch der Aufwand stark an, von 1,166 Milliarden Franken auf 1,337 Milliarden Franken. Der Kostendeckungsgrad soll weiterhin über 60 Prozent betragen. Im Jahr 2023 wird mit 62,1 Prozent gerechnet, im Jahr 2029 mit 61,6 Prozent. 



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