
Zahangir Alam gründete mit «Yourtaxi» eine Schweizer Alternative zu Uber. Im Interview verrät er, warum es trotz dem neuesten Bundesgerichts-Urteil schwierig ist, gegen die US-App anzukommen, was die Kooperation mit ZüriMobil von den VBZ für ihn bedeutet und warum er immer noch Taxi fährt.
von Stefan Ehrbar
11. August 2022
Herr Alam, Sie haben 2017 die App yourtaxi gegründet. Warum?
Zahangir Alam: Die unausgewogenen Arbeitsbedingungen bei Uber und den herkömmlichen Taxizentralen haben zur Gründung von Yourtaxi geführt. Yourtaxi bietet eine faire und gute Alternative auf dem Schweizer Taximarkt an, unter Einhaltung der Schweizer Gesetze und Vorschriften. Für mich als Taxifahrer, Gründer und CEO von Yourtaxi war es eine grosse Herausforderung, von meinem täglichen Brot zu sparen und daraus eine innovative Plattform zu entwickeln und zu finanzieren. Aber ich habe es geschafft, auch mit Hilfe von Freunden. Wenn ein Taxifahrer für eine der grossen Zentralen fahren will, dann muss er eine GmbH oder AG gründen. Dies ist nicht für jeden Taxifahrer möglich. Wenn er für eine andere der grossen Zentralen fahren will, dann muss er circa 45% Provision inklusive Sozialabgaben zahlen. Bei Uber beträgt die Provision etwa 27% ohne Sozialabgaben. Die meisten Fahrgäste wissen das alles nicht.
Wie viele Fahrer nutzen die Yourtaxi-App mittlerweile?
Wir haben insgesamt etwas mehr als 250 registrierte Fahrer. Davon sind ca. 90 Fahrer besonders aktiv. Wir arbeiten hauptsächlich mit Offline-Fahrern, da wir mehr Vorbestellungen erhalten.
Wie hat sich die Zahl der Nutzer entwickelt? Wie viele sind es derzeit?
Yourtaxi verfügt über eine eigene, vertrauliche Datenbank. Wir können die Einträge und Austritte der Nutzer in unserer Datenbank verfolgen. Die genaue Anzahl der Nutzer können wir aus Sicherheits- und Vertraulichkeitsgründen nicht bekannt geben.
Wie hoch sind die Umsätze, die mit Yourtaxi erzielt werden?
Aus Gründen des Geschäftsgeheimnisses geben wir keine Umsatzzahlen bekannt. Aber wir sind glücklich über unser Umsatzwachstum. Yourtaxi befindet sich jedoch immer noch in einer Aufbauphase. Die Plattform wurde erstmals im August 2016 lanciert und 2019/2020 als Schweizer Standard gefestigt und verbessert.
Gegenüber dem «Blick» kündigten sie 2017 eine Expansion nach Basel und Lausanne an. Warum wurde daraus nichts?
Wir haben uns zuerst auf die Region Zürich konzentriert. Nach gutem Erfolg in Zürich werden wir in andere Städte in der Schweiz expandieren. Die Pandemie führte jedoch zu einer Verzögerung unserer Expansionspläne.
Ist eine Expansion immer noch geplant?
Ja, natürlich. Möglicherweise in alle grösseren Städten der Schweiz. Unsere Plattform ist bereits skalierbar.
Wie hat sich das Geschäft in den letzten Monaten entwickelt?
Die Geschäftslage war für die ganze Taxibranche in der Schweiz in den letzten Monaten noch nicht wirklich zufriedenstellend, so auch für Yourtaxi. Der Stand von 2019 vor der Pandemie ist noch nicht wieder erreicht.
Yourtaxi nimmt 10 Prozent Kommissionen, Uber 27. Wie können Sie sich das leisten?
Yourtaxi hat sein Geschäftsmodell längst geändert und erfüllt alle Anforderungen der Sozialversicherungen, was zu höheren Provisionen führte. Bei der von Ihnen erwähnten Provision von Uber sind noch nicht einmal Sozialleistungen berücksichtigt.
Wer entwickelt ihre App?
Wir sind primär eine Softwareplattform und haben keine eigenen Programmierer angestellt. Die App und die ganzen Systeme wurden von sehr kompetenten Spezialisten entwickelt, die ich schon wegen den Konkurrenzverhältnissen nicht ausdrücklich nennen will. Es war ein ausgewiesenes Schweizer IT-Unternehmen, das dann die Sicherheit geprüft und bestätigt hat.
Das Bundesgericht hat entschieden, dass Uber seine Fahrer im Kanton Genf nicht wie selbständig Erwerbende behandeln darf. Was bedeutet das für Yourtaxi?
Das Bundesgerichtsurteil ist wohl für Uber von beträchtlicher Bedeutung, hat aber keinen direkten Einfluss auf Yourtaxi. Yourtaxi stellt schon heute sicher, dass alle Sozialleistungen bezahlt werden. Entweder sind die Fahrer bei Yourtaxi angestellt und wir entrichten alle Sozialabgaben etc., oder die Fahrer sind bei einer Drittfirma angestellt und Yourtaxi vermittelt Fahraufträge B2B.
Mit der App go! haben auch Taxiunternehmen eine Konkurrenz zu Yourtaxi gegründet. Hat es Platz für Go!, Uber und Yourtaxi in Zürich?
Grundsätzlich belebt Konkurrenz das Geschäft. Auf dem Platz Zürich sind gut ein halbes Dutzend Vermittler nebst den herkömmlichen Taxizentralen aktiv. Gegen die bisherige Marktmacht von Uber war schwer anzukommen, aber wir haben einen starken lokalen Bezug und diverse USPs, die uns von der Konkurrenz abheben.
Wie wollen Sie die App weiterentwickeln?
Die App wird laufend aufgrund von Kunden- und Fahrerwünschen weiterentwickelt.
Wie viele Yourtaxi-Fahrer sind gleichzeitig auch noch bei Uber oder Go! aktiv?
Dies ist uns nicht bekannt, denn wir beanspruchen nirgends Exklusivität. Es dürften aber etliche Fahrer sein.
Yourtaxi ist auch bei ZüriMobil von den VBZ integriert. Was versprechen Sie sich davon?
Yourtaxi hat eine Kooperation mit ZüriMobil seit dem 19. Februar 2021. Für uns ist die multimodale Mobilität das Erfolgsmodell. Taxis werden auch in Zukunft für die erste und letzte Meile konkurrenzfähige Angebote bereitstellen können. Dazu braucht es nahtlose Integrationen in Mobilitätsplattformen.
Was bedeuten die steigenden Benzin- und Dieselpreise für Yourtaxi? Müssen die Preise jetzt erhöht werden?
Längerfristig ist das höchstwahrscheinlich notwendig, aber nicht in dem Ausmass, wie die Preise an der Säule angestiegen sind. Treibstoffpreise machen nur einen kleinen Teil der festen und beweglichen Kosten aus.
Fahren Sie immer noch selbst Taxi?
Ja, ich fahre gerne Auto und Taxifahren ist meine Leidenschaft.
Wie bewegen Sie sich selbst fort?
Mit dem Auto und zu Fuss, motiviert durch meine Kunden und Fahrer!
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