«Tap and Go» kommt in die Schweiz: In Graubünden lässt sich noch dieses Jahr mit Kreditkarte Bus fahren

Ein Tap-and-Go-System kommt in den Kanton Graubünden. Bild: Azzedine Rouichi / Unsplash

Die Kreditkarte oder die Apple Watch an ein Lesegerät halten und damit den ÖV nutzen: Was man etwa aus der U-Bahn in London kennt, soll nun auch in der Schweiz Fuss fassen. Noch dieses Jahr startet im Kanton Graubünden ein System mit «Tap and Go». Die Details.

von Stefan Ehrbar
23. Mai 2022

Es ist die vielleicht einfachste Art, den öffentlichen Verkehr zu nutzen: Die Kreditkarte beim Ein- und Aussteigen an ein Lesegerät halten – und fertig. Ohne sich um Tarife, das Sortiment oder eine separate ÖV-Karte kümmern zu müssen, kann mit diesem System namens «Tap and Go» der öffentliche Verkehr genutzt werden. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die «Tube» in London.

Wie Mobimag weiss, kommt dieses System nun auch in die Schweiz. Im Kanton Graubünden soll noch dieses Jahr Tap and Go respektive Tap and Pay angeboten werden.

Die Verantwortlichen hüllen sich in Schweigen – doch erste Informationen sind nun durchgesickert.

So hat Andreas Bieniok, der als Business Development Manager beim Schweizer Ableger der deutschen Firma Scheidt & Bachmann GmbH arbeitet, jüngst in einem LinkedIn-Post Einblicke ins Projekt gegeben. In der zweiten Hälfte des Jahres 2022 werde in Teilen des Kanton Graubünden ein kontobasiertes Ticketsystem eingeführt, schreibt er. In dieses seien auch Busse von Postauto eingebunden.

«Mit Tap and Pay werden damit der neue SwissPass, die Bankkarte, Postkarte, Kreditkarte, Prepaidkarte, das Handy oder anonyme Wertkarten mit einem Tap an neue Validatoren direkt zu kontrollierbaren Tickets», schreibt er. «Wertkarten mit sicherem QR-Code können auch gegen Bargeld beim Chauffeur erworben werden. Möglich macht das benutzerfreundliche und sichere Ticketing ein PCI/DSS-zertifiziertes MTT-Cloud-Backend neuster Generation mit automatischer Fahrpreisabrechnung und Schutz der persönlichen Nutzerdaten vor Bewegungsprofilen.»

Mit den Wertkarten, die beim Chauffeur erworben werden können, soll laut einem anderen Post von Bieniok «das sensible Bargeldthema entschärft werden.»

Auch Thierry Mueller, der Leiter der Abteilung öffentlicher Verkehr im Kanton Graubünden, hat auf LinkedIn Einblicke ins Projekt gegeben, das im Herbst 2022 starten soll. Es sei direkt mit der ÖV-Datenbank NOVA verknüpft, schreibt er. «Damit wird die Nutzung des ÖV-Systems für die Kunden stark vereinfacht.» Eine Anfrage von Mobimag liess Mueller unbeantwortet.

So könnte ein Lesegerät aussehen. Bild: LinkedIn/ Eric Linxweiler

Der Start des neuen Ticketingsystems ist in den Regionen Chur, Davos und St. Moritz geplant. Auch die Bus und Service AG, die den Churer Stadtbus (Bus Chur) und mit Engadin Bus den grossen Teil des Busbetrieb im Oberengadin verantwortet, dürfte involviert sein. Bereits im Februar 2020 hat die Firma die Neubeschaffung des Ticketsystems in die Weg geleitet.

Den Auftrag für die «Neubeschaffung Distributionssystem BuS» erhalten hat damals ebenfalls Scheidt & Bachmann GmbH. Er hat einen Wert von knapp 7,7 Millionen Franken.

Finanziert wird das Projekt zumindest in Teilen wohl auch vom Kanton Graubünden, der das Projekt  «Vendita 21» zur Modernisierung der Verkaufssysteme lanciert hat.  Das Gesetz zur Förderung der digitalen Transformation ermöglicht die Finanzierung solcher Projekte.

Bei Bus und Service AG heisst es auf Anfrage von Mobimag, das jetzige Vertriebssystem (Fela mit ChipCard) habe das Ende seines Lebenszyklus erreicht und werde dieses Jahr abgelöst. «Die Tickets können neu auf Referenzmedien wie etwa dem SwissPass geladen werden», sagt Lea Schawalder, Sachbearbeiterin Markt. «Zudem stehen verschiedene Zahlungsmöglichkeiten zur Verfügung.»

Detailliert informieren werde man im Juni. Dann dürfte auch die Öffentlichkeit breite Informationen zur potentiellen Ticket-Revolution im Schweizer ÖV erhalten.

Schreiben Sie einen Kommentar

Diesen Artikel kommentieren