
Jedes Jahr erhebt das Bundesamt für Verkehr die Pünktlichkeit der Bus- und Bahnbetreiber der Schweiz – und lässt Testkundinnen und Kunden die Qualität ermitteln. Die Unterschiede in Sachen Sauberkeit, Kundeninformation und Personal sind gross, wie die Auswertung der Resultate zeigt. In einer Region schneiden viele Betriebe schlecht ab.
von Stefan Ehrbar
6. November 2023
Im regionalen Personenverkehr (RPV) bezahlt der Bund im Durchschnitt 50 Prozent der ungedeckten Kosten – je nach Kanton mehr oder weniger. Deshalb will er auch, dass gewisse Mindeststandards bei der Qualität und der Pünktlichkeit erfüllt sind. Seit 2016 lässt das Bundesamt für Verkehr (BAV) Testkundinnen und -kunden, die sich nicht zu erkennen geben, die Qualität von Bussen und Bahnen ermitteln. Zudem analysiert es die Pünktlichkeit.
Die Qualität im RPV habe weiter zugenommen, schreibt das BAV zu den Ergebnissen des letzten Jahres, die vor kurzem veröffentlicht wurden. Insbesondere bei der Sauberkeit und der Kundeninformation seien Fortschritte erzielt worden.
Nicht zum RPV gehört einerseits der Fernverkehr – also beispielsweise Intercity- und Interregio-Züge der SBB, BLS oder SOB. Dieser wird von den Bahnen eigenwirtschaftlich betrieben und erhält keine Bundesgelder für den Betrieb. Ebenfalls nicht zum RPV gehört andererseits der sogenannte Ortsverkehr – also etwa Busse und Trams in den Städten.
Dass in den folgenden Tabellen trotzdem Werte beispielsweise für die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ), die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) oder Bernmobil (SVB) aufgeführt sind, liegt daran, dass diese auch einige wenige Linien betreiben, die zum RPV gehören. Das sind zum Beispiel Buslinien in Agglomerationsgemeinden. Die Werte in den Tabellen beziehen sich alleine auf diese Linien und nicht auf das hauptsächliche Angebot dieser städtischen Betriebe im Ortsverkehr. Dieses wird vom Bund nicht analysiert, da er es nicht mitfinanziert.
Die Tabellen sind nach den erzielten Werten sortiert, wobei ein Wert von 100 der beste ist. Am Schluss des Artikels befindet sich ein Abkürzungsverzeichnis für die verschiedenen Betreiber.
Bei der Pünktlichkeit fällt auf, dass die Bahnbetreiber deutlich besser abschneiden als die Busbetreiber, deren Fahrzeuge oft im Verkehr stecken bleiben. Aber auch zwischen den Bahnen sind die Unterschiede gross.
Der Wert in der Tabelle zeigt, wie viele Fahrten mit weniger als drei Minuten Verspätung ihr Ziel erreichten. Am schlechtesten schneidet der Tessiner Bahnbetreiber FLP (Ferrovie Luganesi SA) ab. Aber auch bei der Rhätische Bahn (RhB) hatte letztes Jahr mehr als jeder zehnte Zug mehr als drei Minuten Ankunftsverspätung. Brillieren können bei diesem harten Kriterium der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS), die Zentralbahn und Aare Seeland Mobil mit Werten von über 98 Prozent.
Bei den Busbetrieben ist die Spanne grösser. Der deutsche Betreiber SüdbadenBus, der auch Linien in der Schweiz betreibt, kommt auf einen Wert von lediglich 68,5 Prozent, aber auch die Regionalen Verkehrsbetriebe Baden-Wettingen bringen nur 7 von 10 Bussen pünktlich ins Ziel.
Kaum mit Verspätungen rechnen müssen hingegen die Fahrgäste auf den Buslinien der Appenzeller Bahnen, die allerdings im Wesentlichen nur drei Publicar-Linien im ländlichen Raum betreiben, sowie beim Automobilverkehr Frutigen-Adelboden. Beide kommen auf Pünktlichkeitswerte von über 98 Prozent. Unter den grossen Betrieben am besten schneidet Stadtbus Winterthur mit knapp 96 Prozent ab.
Bei der Qualität zeigen sich sowohl bei den Bahn- als auch bei den Busbetreibern grosse Unterschiede, wobei auffällt, wie viele Betriebe in der Westschweiz tendenziell schlechte Werte erreichen. Bei diesen Daten handelt es sich um aggregierte Einschätzungen von Testkundinnen und -kunden zu 15 Qualitätsfaktoren wie Kundeninformation im Fahrzeug und an den Haltestellen, die Funktionsfähigkeit der Einrichtungen im Fahrzeug, die Ordnung und Sauberkeit im Fahrzeug oder die Schadensfreiheit im Fahrzeug. Auch das Verhalten und die Kompetenz des Fahrpersonals werden von den anonymen Testkunden bewertet.
Im letzten Jahr war gemäss dem BAV ein allgemeiner Trend zur Verbesserung der Qualität ersichtlich, insbesondere bei der Kundeninformation. Auch die Sauberkeit habe sich in den letzten drei Jahren deutlich verbessert. Am meisten Probleme bereitet noch die Funktionsfähigkeit der Einrichtungen im Zug: Hier erreichen 17 Prozent der Betriebe den Mindeststandard nicht. Ebenfalls Baustellen sind trotz Verbesserungen die Kundeninformation bei Bahn- und Busbetreibern, wo 14 Prozent unter dem Mindeststandard liegen, und die Sauberkeit in Zügen. Die Mindeststandards erreichen hier 13 Prozent der Betreiber nicht und müssen deshalb nachbessern. Verbesserungspotenzial gibt es zudem bei der Sauberkeit in Bussen: 12 Prozent der Betriebe erreichen den Mindeststandard nicht.
Bei den Bahnen wird der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) mit traumhaften 99,02 Punkten bewertet, der bereits in Sachen Pünktlichkeit brilliert. Auch für die Matterhorn-Gotthard-Bahn und die deutsche SBB-Tochter SBB GmbH gibt es sehr gute Bewertungen. Am anderen Ende der Tabelle finden sich die Westschweizer und Tessiner Bahnbetreiber TMR, TPC, MVR und Fart.
Bei den Busbetrieben geht die Schere in Sachen Qualität noch weiter auf. Der waadtländische Betrieb AVJ erreicht gerade einmal einen Wert von 82,12 und hat in nur zwei Jahren über 4 Prozentpunkte verloren, während die Busbetriebe Bamert aus dem Kanton Schwyz erneut einen fast schon makellosen Wert von 99,66 erreichen. Bamert war schon in den Vorjahren jeweils Testsieger. «Als kleiner Betrieb sind wir sehr nahe beim Kunden und es werden regelmässig eigene Qualitätsprüfungen vorgenommen. Zudem verfügen wir über gutes und langjähriges Fahrdienstpersonal», sagte Geschäftsführer Markus Bamert vor zwei Jahren zu Mobimag, während die AVJ-Verantwortlichen damals das Ranking kritisierten.
Gesondert erhoben wurde von den Testkundinnen und -kunden die Qualität der Haltestellen der Bus- und Bahnbetreiber. Die Walliser ASGS und SMC schneiden hier besonders schlecht ab, während Bamert auch bei diesem Qualitätskriterium obenaus schwingt, gefolgt vom Autobusbetrieb Weesen-Amden und den Verkehrsbetrieben Schaffhausen.
Im Bericht des BAV zu den Ergebnissen der Qualitätserhebung 2022 können für jedes der getesteten Qualitätskriterien die Werte der einzelnen Betriebe nachgeschaut werden. Der Bericht ist online kostenlos als PDF verfügbar.
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