Kommt der Nachtzug nach Barcelona doch? Die ÖBB prüft die Strecke aktuell – die SBB winkt ab, baut dafür anderswo aus

War schon mal Endstation eines Nachtzugs aus Zürich: Der Bahnhof Barcelona Estació de França. Bild: Wikimedia

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) wollen den Nachtzug von Zürich nach Barcelona aufleben lassen. Derzeit werden kommerzielle Aspekte geprüft. Weniger optimistisch ist hingegen die SBB. Auf anderen Strecken soll es dafür schon bald einen Ausbau geben.

von Stefan Ehrbar
17. Mai 2022

Am 7. Dezember 2012 um 18.42 Uhr kam es in Zürich zu einer traurigen Dernière: Der Hotelzug «Pau Casals», betrieben von der spanischen Bahngesellschaft Renfe, machte sich zum letzten Mal auf die Reise auf dem Schienenweg nach Barcelona. Seither gibt es keinen Nachtzug mehr auf dieser Verbindung – und auch keine umsteigefreie Tagesverbindung.

Zehn Jahre später hat sich der Wind aber wieder zu Gunsten der Nachtzüge gedreht: Die Politik hat sie als umweltfreundliche und beliebte Art des Reisens wiederentdeckt. Nachtzüge aus der Schweiz sollten mit einem Fonds gar speziell gefördert werden, doch das Stimmvolk versenkte das CO2-Gesetz, das Grundlage dafür gewesen wäre, letztes Jahr an der Urne.

Trotzdem soll die Nachtzug-Verbindung in die katalanische Metropole nun wieder auferstehen. Denn nicht nur weht ein klimafreundlicher politischer Wind, mit den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) hat in den letzten Jahren auch eine Staatsbahn das Nachtzug-Geschäft neu aufgebaut und bewiesen, dass es funktionieren kann – wenn auch die ÖBB damit keine grossen Gewinne schreiben.

Die Österreicher sind es auch, die für Aufregung in der Nachtzug-Szene sorgen. Im Nachhaltigkeitsbericht für das Jahr 2021, der vor kurzem veröffentlicht wurde, heisst es: «Aktuell wird an der Verbindung Zürich – Barcelona gearbeitet.» Was heisst das konkret – und was bedeutet das für die ebenfalls angedachte Nachtzug-Verbindung Zürich-Rom, die es bis 2009 auch schon einmal gegeben hatte. Mobimag hat nachgefragt.

ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder lässt sich noch nicht allzu tief in die Karten blicken. «Die Verbindung Zürich – Barcelona ist eine Strecke die wir in unserem strategischem Nightjet-Netz sehen», sagt er auf Anfrage von Mobimag. «Aktuell werden die technischen und kommerziellen Voraussetzungen bei den ÖBB und der SBB geprüft.»

Der Kapazitätsausbau Zürich – Hamburg / Berlin wiederum sei bereits ab Fahrplanwechsel im Dezember 2022 vorgesehen. «Details dazu werden wir in den nächsten Wochen kommunizieren», so Rieder.

Deutlich weniger optimistisch tönt es bei der SBB. «Nach dem Scheitern des CO2-Gesetzes wurden die Pläne, das bestehende Nachtzugangebot von sechs auf zehn Linien auszuweiten, gebremst, da wir nicht von den Mitteln des Klimafonds zur Finanzierung des defizitären Nachtzuggeschäfts profitieren können», sagt Sprecherin Sabrina Schellenberg. «Für die Umsetzung der Nachtzüge nach Barcelona und Rom konnten wir bislang keine tragbare Finanzierungslösung finden. Diese Pläne ruhen daher im Moment.»

Im nächsten Jahr werde dafür das Platzangebot dank zusätzlichen Liegewagen nach Berlin und Hamburg respektive Graz und Wien ausgebaut. «Gemäss aktueller Planung wird ab Dezember 2022 ein zusätzlicher Liegewagen nach Hamburg und Wien eingesetzt, ab Sommer 2023 kommt ein weiterer dazu. Nach Berlin und Graz wird im Herbst 2023 ein weiterer Liegewagen eingesetzt», sagt Schellenberg. Der genaue Zeitplan sei derzeit noch nicht bekannt.

Im Jahr vor der Pandemie waren laut ÖBB über 1,5 Millionen Reisende mit dem Nighjet und Euronight unterwegs. Neben der Strecke Wien-Hamburg zählten auch die Strecken Zürich-Hamburg und Wien-Zürich zu den beliebtesten im Netz. Bis 2026 wollen die ÖBB die Fahrgastzahlen verdoppeln.

Schreiben Sie einen Kommentar

Diesen Artikel kommentieren