Auto, ÖV, Velo: So hat sich der Verkehr in den letzten vier Jahren am gleichen Ort entwickelt – und nur diesen Gewinner gibt es

Wer profitiert von den Trends nach der Coronakrise? Bild: Claudio Schwarz / Unsplash

Verkehrszähldaten auf der Hardbrücke in der Stadt Zürich erlauben erstmals einen direkten Vergleich der Entwicklung der Auto-, ÖV- und Velofahrten am selben Ort in den letzten vier Jahren. Die Auswertung von Mobimag zeigt: Trotz Coronakrise und Umwälzungen im Mobilitätsverhalten haben sie sich erstaunlich ähnlich entwickelt – mit einer Ausnahme.

von Stefan Ehrbar
27. März 2023

Die Coronakrise ist zwar in der Wahrnehmung der Menschen vorbei. Doch in der Mobilität hat sie bleibende Spuren hinterlassen: Im öffentlichen Verkehr fallen etwa wegen des vermehrten Homeoffice die Montage und Freitage in Sachen Pendler-Passagiere viel deutlicher ab als vorher – und der Freizeitverkehr hat an Bedeutung zugenommen.

Andere Trends waren vor allem mediale Phänomene oder von weniger langer Dauer. Dazu gehört etwa das vermutete Comeback des Autos auch in Städten. Eine deutliche Zunahme zeigt sich hingegen beim Veloverkehr. In den Jahren 2020 und 2021 wurden so viele Velos und E-Bikes verkauft wie noch nie, und die Beliebtheit des Zweirads hielt auch in jüngerer Vergangenheit an. 

Zu diesem Schluss kommt eine Auswertung von Verkehrsdaten, welche die Stadt Zürich zur Verfügung stellt. Mobimag hat die Zählstellen auf der Zürcher Hardbrücke für den Zeitraum Anfang 2019 bis Anfang 2023 analysiert. 

Die Sensoren der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) messen die Ein- und Aussteigenden an der Haltestelle Hardbrücke mit drei Bus- und einer Tramlinie. Jene des Tiefbauamts zählen die Fahrzeuge auf der Rosengartenstrasse am nördlichen Ende der Hardbrücke und jene der Velofahrenden auf der Höhe des SBB-Bahnhofs, wobei hier die südliche Rampe berücksichtigt wurde, die deutlich stärker frequentiert ist.

Der Rückblick über die letzten vier Jahre zeigt: Heute sind fast alle Verkehrsmittel bezüglich ihrer Nutzung wieder auf dem Vorkrisenstand oder darüber. Die VBZ zählten etwa per Anfang Februar nur noch 3,7 Prozent weniger Fahrgäste als zur selben Zeit des Jahres 2020 und somit vor der Coronakrise.

 

Ähnlich sieht das Bild bei der Zahl der Autos und Lastwagen aus. Im Januar 2023 wurden beispielsweise 513'454 Fahrzeuge auf der Rosengartenstrasse gezählt. Das sind nur noch 0,4 Prozent weniger als im Januar 2019. Zum Vergleich: Im Dezember 2022 hatte das Minus gegenüber Dezember 2019 noch 4,1 Prozent betragen, im November und Oktober je 3,2 Prozent, im August 5,2 Prozent. Im Juli 2022 waren hingegen sogar fast 12 Prozent mehr Autos gezählt worden als im Juli 2019, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass das Auto in der Ferienzeit mehr genutzt wurde und deutlich weniger Menschen ihre Ferien im Ausland verbrachten.

 

Die Zahl der Velofahrenden ist deutlich volatiler als die der Autofahrer und ÖV-Nutzenden. Das liegt daran, dass das Wetter einen grossen Einfluss auf die Nutzung hat. Im aussergewöhnlich milden Januar 2023 wurden beispielsweise 34,6 Prozent mehr Velofahrende gezählt als im Januar 2019 - aber weniger als im ebenfalls sehr schönen Januar 2020.

Für die Monate November und Dezember 2022 stehen wegen eines Fehlers keine verlässlichen Daten zur Verfügung. Der Vergleich der ersten zehn Monate des Jahres 2022 mit den Vorjahren zeigt aber: Heute wird deutlich mehr Velo gefahren als vor der Krise. So wurden zwischen Januar und Oktober 2022 fast 17 Prozent mehr Velofahrende auf der Hardbrücke gezählt als im Jahr 2019 in der selben Periode. Gegenüber dem Jahr 2020 beträgt das Plus 9,2 Prozent, gegenüber 2021 9,8 Prozent.

 

Auch wenn diese Bilanz Ende des Jahres wieder anders aussehen kann, wenn der Sommer verregnet sein sollte, lässt sich doch das Fazit ziehen: Der ÖV und das Auto sind keine Gewinner der Coronakrise und der damit einhergehenden Trends, aber langfristig auch keine Verlierer. Richtig zulegen konnte nur das Velo. Welchen Einfluss der Ausbau der Veloinfrastruktur darauf hat, lässt sich aus den Daten nicht ableiten.

1 Comment

  1. «Welchen Einfluss der Ausbau der Veloinfrastruktur darauf hat, lässt sich aus den Daten nicht ableiten.» – Welcher Ausbau? Bis jetzt kann man nur sehr punktuell eine Verbesserung ausmachen. Zum Beispiel bei der Langstrassenunterführung. Dies könnte dazu geführt haben, dass mehr Velofarerinnen die eher mühsamme und gefährliche Hardbrücke meiden, wo eine ÖV Haltestelle mitten auf dem Veloweg steht…

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