So kommen die Schweizer Flughäfen aus der Krise: Das alte Niveau ist noch weit weg – und nicht überall läuft es gleich rund

Am Flughafen Zürich ist wieder viel los. Bild: Gabriel Küenzi/Unsplash

Die Passagierzahlen an den drei grossen Schweizer Flughäfen haben sich in den ersten sieben Monaten erholt. Doch bis zu den Vorkrisenwerten fehlt noch ein ganzes Stück – obwohl die Bevölkerung in der Zwischenzeit gewachsen ist. Haben die Menschen ihr Verhalten in Bezug auf die Fliegerei nun doch geändert?

von Stefan Ehrbar
28. August 2023

An den Flughäfen Zürich, Genf und am trinationalen Basler Euroairport herrscht wieder viel Betrieb. Vor allem Ferienreisende sorgen für volle Flugzeuge: «Der Freizeitverkehr hat sich komplett erholt», sagte der Betriebschef der Airline Swiss Ende Juni zu CH Media.

Dennoch sind die Vorkrisenwerte noch immer nicht erreicht, und das, obwohl die Schweizer Bevölkerung seit 2019 um etwa vier bis fünf Prozent gewachsen ist. Woran liegt das – und wie haben sich die einzelnen Flughäfen im Detail entwickelt?

Mobimag hat die Daten erneut analysiert. Im Vergleich zur Zeit der Coronakrise hat sich wieder einiges getan an den Schweizer Flughäfen – und auch bei der Rangliste in Sachen Erholung.

Während der Coronakrise waren es regelmässig die Flughäfen Genf und Basel, die in Sachen Passagierzahlen am nächsten an die Vorkrisenwerte herankamen. Das hat sich nun teilweise geändert: Per Ende Juli war der Flughafen Genf mit einem Minus von nur noch 4,9 Prozent gegenüber Juli 2019 jener, der den Werten des Juli 2019 am nächsten kam. Danach folgte aber wieder der Flughafen Zürich mit einem Minus von 7,4 Prozent. In Basel war das Vorkrisenniveau im Juli mit einem Minus von 9,8 Prozent hingegen am weitesten weg. 

Dabei hatte es lange anders ausgesehen: Bis Januar 2022 hatte der Euroairport Basel die Erholungs-Rangliste angeführt. Ab dann war meistens der Flughafen Genf ganz vorne. Das liegt daran, dass sich die Westschweiz einerseits wirtschaftlich sehr dynamisch entwickelt und ein hohes Bevölkerungswachstum verzeichnet. Andererseits hat Easyjet, die in Genf wichtigste Airline zuletzt wieder ausgebaut - und es kamen sogar neue Langstreckendestinationen hinzu. So fliegt etwa Delta neu nach New York (in Konkurrenz zur Swiss) und Air China verbindet Genf nach einem langen Unterbruch wieder mit Peking. Ab Zürich sind weiterhin keine Flüge nach Peking im Angebot, die Swiss will noch diesen Monat über eine allfällige Wiederaufnahme entscheiden.

Dass auch der Flughafen Zürich als grösster Flughafen wieder besser dasteht als der Euroairport, hängt mit der Erholung bei ihrer wichtigsten Airline Swiss zusammen. Diese betreibt den Hub in Zürich mit Langstreckenverbindungen. Die meisten davon wurden in den letzten Monaten wieder aufgenommen, nachdem die letzten, während Corona verhängten Reiserestriktionen etwa in Richtung Asien wieder fallen gelassen wurden.

Die Airline rechnet mit einer positiven Entwicklung. Finanzchef Markus Binkert lässt sich in einer Mitteilung zitieren, dass «die Sterne für die Swiss günstiger denn je stehen»: «Wie die gesamte Branche haben auch wir davon profitiert, dass die Nachfrage der Menschen nach Flugreisen weiterhin deutlich grösser war als das Angebot.»

Dennoch erstaunt die Rangliste. Denn im Flugverkehr zeigt sich, dass sich zwar der Freizeitverkehr vollständig erholt hat, Geschäftsreisende aber nach wie vor deutlich weniger fliegen. Dieses Segment liege nach wie vor etwa ein Drittel unter dem Vor-Corona-Niveau, sagte Swiss-Operationschef Oliver Buchhofer Ende Mai.

In diesem Segment scheint sich also eine dauerhafte Verschiebung hin zu Video-Calls, weniger physischen Reisen und auch hin zu Reisen mit dem Zug zumindest innerhalb Europas abzuzeichnen. Etliche Firmen haben eine Regelung eingeführt, dass Reisen, die mit dem Zug in ein paar Stunden absolviert werden können, nicht mehr per Flugzeug unternommen werden sollen.

Diese Entwicklung müsste dem Flughafen Basel, der von Billig-Airlines wie Easyjet dominiert wird, eigentlich in die Karten spielen. Bei diesen ist der Anteil der Freizeitreisenden deutlich höher. Dass dies nicht der Fall war, könnte damit zusammenhängen, dass gleichzeitig Airlines wie Lufthansa in den vergangenen Monaten in Basel deutlich Frequenzen gestrichen haben, etwa auf den Flügen nach München und Frankfurt.

Im europaweiten Vergleich sind die Schweizer Flughäfen im Mittelfeld in Sachen Erholung. Per Anfang August wurden in Zürich etwa noch gut 6 Prozent weniger Bewegungen gezählt als 2019 zum selben Zeitpunkt und in Genf drei Prozent weniger. Zum Vergleich: In Wien lag das Minus bei knapp 12 Prozent, in Frankfurt bei gut 14 Prozent, in München bei knapp 23 Prozent. London Heathrow hingegen war wieder auf dem Vorkrisenstand, Palma de Mallorca knapp drei Prozent darüber.

Wie oben stehende Grafik zeigt, ist der Abstand zwischen der Swiss und allen Airlines in Europa in den letzten Wochen geschrumpft. Das dürfte auch in den nächsten Wochen vor allem dem Flughafen Zürich und dem Flughafen Genf zugute kommen. 

In Basel hingegen dürfte entscheidend sein, wie stark die Nachfrage nach Freizeitreisen anhält. Derzeit gibt es noch eine Art Nachholeffekt nach den Corona-Jahren. Ob dieser ewig anhält auch angesichts hoher Ticketpreise, ist noch offen.

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