Ein Bericht des Flughafen Zürich zeigt: Modernere Flugzeuge verursachen weniger Lärm, schmälern aber auch die Einnahmen aus den Gebühren. Diese sollen nun erhöht werden. Ausserdem zeigt die Analyse, dass neue Flugzeuge nicht nur Vorteile haben. In der Nähe sind sie teilweise besser zu hören.
von Stefan Ehrbar
12. April 2022
Seit dem 11. September 2019 gelten am Flughafen Zürich neue Lärmgebühren. Zwei Jahre danach muss der Flughafen jetzt aufzeigen, ob sie wie gewünscht funktionieren und dafür sorgen, dass in den Randstunden weniger Starts und Landungen stattfinden sowie weniger laute Flugzeuge eingesetzt werden.
Die Studie liegt nun vor. Wegen der Auswirkungen der Coronakrise für den Beachtungszeitraum ist die Aussagekraft beschränkt, wie das Bundesamt für Zivilluftfahrt festhält. Trotzdem ist die Behörde nicht ganz zufrieden – und will bei der nächsten Überprüfung des Gebührenmodells die Lärmgebühren, die tagsüber anfallen, erhöhen. Auch sollen die Flugzeuge in neue Lärmklassen zugeteilt werden.
Denn mittlerweile ist schon fast die Hälfte der Flugzeuge am Flughafen Zürich in der tiefsten Kategorie 5 eingeteilt, wie die Studie zeigt.
Zwischen Januar und Juli 2021 gehörten 40 Prozent der Flugzeuge, welche am Flughafen Zürich für Bewegungen sorgten, zu dieser Kategorie. Im Jahr 2020 waren es noch gut 30 Prozent gewesen, im Jahr 2019 erst 20 Prozent. Die Flugzeuge aus dieser Kategorie müssen pro Start und Landung nur 40 Franken Lärmgebühren bezahlen. Flugzeuge aus der Kategorie 4 hingegen bezahlen 50 Franken, jene aus der Kategorie 3 gar 100 Franken. Die Kategorie 2 entspricht 200 Franken Tageslärmgebühren, die Kategorie 1 800 Franken.
Aus der Kategorie 1 werden am Flughafen Zürich derzeit keine Flugzeuge mehr registriert. Der Anteil der Kategorie 2 blieb seit 2014 konstant bei gut 10 Prozent, jener der Kategorie 3 sank leicht von etwa 11 auf etwa 9 Prozent. In der Kategorie 2 waren in den ersten Monaten des Jahres 2021 noch knapp 40 Prozent der Flugzeuge eingereiht. Im Jahr 2014 waren es fast 60 Prozent gewesen.
Mit anderen Worten: Die beiden günstigsten Kategorien machen mittlerweile fast 80 Prozent aller Flugzeuge am Flughafen Zürich aus. Woran liegt das?
Einerseits haben die Airlines Swiss und Helvetic ihre Kurz- und Mittelstreckenflotten erneuert. Die Swiss musterte die «Jumbolino» Avro RJ100 aus und ersetzte sie durch Flugzeuge der Typen Airbus A221 und A223, die Helvetic flottete moderne Flugzeuge des Typs E190 E2 des Herstellers Embraer ein.
Aber auch ausländische Airlines fliegen Zürich vermehrt mit neuen, lärmgünstigen Typen an. Als positive Beispiele nennt der Bericht Emirates und Singapore Airlines mit dem A388 auf den Flügen nach Zürich, Cathay Pacific mit dem Airbus A350-1000, Etihad mit der Boeing B787-900, Oman Air mit der Boeing B787-800 oder B789, Qatar Airways mit der B788 oder dem Airbus A350-900, Air Canada mit der Boeing B788 und United mit der Boeing B788. All diese Flugzeugtypen ersetzten ältere, lärmigere.
Den grössten Anteil an Langstreckenflügen in Zürich hat aber die Swiss. Auch diese hatte ihre Flotte modernisiert, indem ältere A343 durch neue Boeing B77W-Modelle ersetzt wurden. Sie führen gemäss den Messungen des Flughafens in grösserer Distanz zu einem Rückgang des mittleren Spitzenpegels von rund 4 dB, was sich insbesondere bei Starts zur Nachtzeit positiv auswirke. Aber: «In der Nähe des Flughafens ist die neu eingeführte Boeing B77W lauter als der Airbus A343», heisst es in der Studie weiter. Beide Modelle gehören zur Lärmkategorie 2.
Insgesamt rechnet der Flughafen damit, dass die Lärmbelastung weiter abnehmen wird, auch weil die Swiss für ihre Kurzstreckenflotte Airbus A320neo in Betrieb nehmen wird, welche gegenüber dem Vorgängermodell A320ceo beim mittleren Spitzenpegel eine Lärmreduktion um bis zu 3dB zur Folge haben.
Einen positiven Effekt hatte auch das neue Lärmmodell auf Bewegungen in den Randzeiten. Diese wurden deutlich reduziert, auch wenn die Coronakrise hier Vergleich erschwert. Im alten Modell wurden beispielsweise für Starts zwischen 22 und 23 Uhr 2000 Franken Zuschlag fällig und für Starts zwischen 23 Uhr und Mitternacht 3000 Franken. Im neuen Modell sind es 1500 Franken zwischen 22 Uhr und 22.30 Uhr, 3000 Franken zwischen 22.30 Uhr und 23 Uhr und 6000 Franken zwischen 23 Uhr und 23.30 Uhr. Zwischen 23.30 Uhr und Mitternacht werden gar 12’000 Franken fällig.
Durch diese starke Progression sollen möglichst viele Flüge vor 23 Uhr abgewickelt werden. Weiterhin das alte Modell gilt allerdings für hubrelevante Flüge mit einer Distanz von über 5000 Kilometern und einer guten Auslastung – also etwa für die letzten Langstreckenflüge der Swiss am Abend.
- Den ganzen Bericht inklusive Einstufung der Flugzeutypen in die Kategorien gibt es als pdf bei admin.ch: Link
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