Russen sollen Flixtrain-Züge bauen – Erste Grossstadt führt generell Tempo 30 ein

In Bilbao gilt neu generell Tempo 30. Bild: Jorge Fernández Salas / Unsplash

Der deutsche Zugbetreiber Flixtrain will offenbar Hunderte Lokomotiven und Wagen in Russland kaufen. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland: Die erste Grossstadt in Europa setzt auf ihrem ganzen Gebiet Tempo 30 um – und in den USA konnten Händler von autofreien Strassen profitieren.

von Stefan Ehrbar
10. Juli 2021

Bauen Russen Züge für Flixtrain?

Die Zugverkehrs-Tochter des Fernbusriesen Flixbus will die Deutsche Bahn angreifen und mit neuen Zügen ein attraktiveres Angebot bereitstellen. Wie das Magazin «Business Insider» berichtet, sollen dafür Züge und Lokomotiven bei der russischen Transmashholding (TMH) eingekauft werden.

Der Konzern ist laut dem Bericht weltweit die Nummer sechs unter den Zugherstellern und machte im Jahr 2019 einen Umsatz von 5,9 Milliarden Euro (umgerechnet 6,1 Milliarden Franken), die Hälfte davon mit Wartungsverträgen. Über 100’000 Mitarbeiter arbeiten für TMH. Flixtrain soll offenbar mehr als 60 Züge mit jeweils vier bis zehn Wagen bestellen. So könnte das Unternehmen europaweit expandieren.

Offiziell sei der Vertrag noch nicht zustande gekommen, einen Kommentar gab Flixtrain auf Anfrage von «Business Insider» nicht ab. Mit dem Auftrag könnte TMH der Schritt in den europäischen Markt glücken. Hinter der Firma stecken zwei Oligarchen: Präsident Andrej Bokarev und Miteigentümer Iskander Makhmudov.

Makhmudov machte laut dem Magazin sein Vermögen im Rohstoffhandel und gehört zu den 400 reichsten Menschen der Welt. Die spanischen Behörden hätten ihn 2009 in Verbindung mit Geldwäsche und organisierter Kriminalität gebracht. Bokarev sei wiederum bei vielen Geschäften von Makhmudov sein Geschäftspartner.

Generell Tempo 30 in Bilbao

In der spanischen Grossstadt Bilbao mit ihren mehr als 300’000 Einwohnern gilt seit diesem Dienstag eine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 Kilometer pro Stunde. Laut der Zeitung «El País» ist Bilbao die erste Stadt weltweit mit über 300’000 Einwohnern, welche diese Massnahme umsetzt.

Die Verwaltung will die Stadt damit «nachhaltiger, leiserer, sicherer und menschlicher» machen. Laut dem Bürgermeister Juan Mari Aburto handelt es sich um eine ausgereifte Massnahme, die nötig sei, um die Umweltbelastung und den Lärm der Fahrzeuge zu reduzieren, die Zahl der Unfälle zu senken und die Nutzung weniger umweltbelastender Verkehrsmittel wie dem Velo oder dem zu Fuss gehen zu fördern.

Beries seit 2018 galt in Bilbao auf 87 Prozent der Strassen Tempo 30, auf den restlichen galt bisher das Tempolimit von 50 Kilometer pro Stunde. Die bisherige Tempo-30-Bilanz sei positiv, sagte Aburto vor den Medien. Es werde eine Übergangsphase geben, in der die Stadt bei den Bussgeldern Kulanz walten lässt – es sei denn, es handelt sich um einen eklatanten Verstoss.

Die Massnahme ist Teil eines Paktes für nachhaltige Mobilität, die vor drei Jahren von allen Fraktionen im Parlament der Stadt unterzeichnet wurde. Der zuständige Stadtrat für Mobilität sagte, es werde wohl sein wie mit dem Rauchverbot: Heute wäre es ein Anachronismus, überall rauchen zu dürfen. Die Menschen müssten sich zuerst aber an die neue Regel gewöhnen.

Mehr Umsatz dank autofreien Strassen?

In den USA wandelten während der Coronakrise Dutzende Städte Strassen in autofreie Zonen um oder in solche, in denen der Autoverkehr stark begrenzt wurde. Nach der Öffnung des öffentlichen Lebens zeigte sich dabei, dass diese «sicheren» und «langsamen» Strassen nicht nur in 22 von 43 befragten Städten auch nach der Pandemie Bestand haben sollen (16 denken darüber nach), sondern dass sie auch positive ökonomische Einflüsse zeigten.

Es gebe oft Widerstand gegen autofreie Strassen vom Gewerbe, berichtet «Bloomberg». Analysten der Bewertungsplattform Yelp haben nun verschiedene Viertel in grösseren Städten analysiert, in denen solche autofreien Zonen eingeführt wurden. Dabei zeigte sich, dass Restaurants in autofreien Zonen viel häufiger von Konsumenten nachgefragt wurden als in der Zeit vor dieser Strassenveränderung.

In einer betroffenen Strasse in San Francisco stieg das Interesse der potenziellen Gäste an autofreien Tagen etwa um 18 Prozent im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie. Allerdings hat die Untersuchung auch ihre Schwachstellen. Yelp hat nämlich nur den Einfluss dieser Zonen auf Restaurants untersucht.

Hinzu kommt laut dem Medium, dass die Nutzer von Yelp tendenziell jünger, besser gebildet und wohlhabender sind als der Durchschnitt der US-Bevölkerung und deshalb nicht als repräsentativer Durchschnitt des US-Konsumenten gelten können.

Schreiben Sie einen Kommentar

Diesen Artikel kommentieren