Dramatischer Einbruch der Elektroautos an den Neuzulassungen: So sieht die Lage auf dem Automarkt im ersten Quartal 2024 aus

Klimabilanz zweirangig: Die Schweiz steht auf Verbrenner und SUV. Bild: Jaromír Kavan/Unsplash

Schon im Jahr 2023 wuchs der Elektroauto-Anteil in der Schweiz nur noch schwach. In den ersten drei Monaten ging ihr Marktanteil sogar drastisch zurück, wie neue Daten der Importeure offenlegen. Schweizerinnen und Schweizer kaufen weiterhin schwere Autos mit einem hohen CO2-Ausstoss, zeigt die Mobimag-Analyse.

von Stefan Ehrbar
16. April 2024

Zufrieden sind die Autoverkäufer in der Schweiz nicht mit den ersten drei Monaten des Jahres. Von einem «zurückhaltenden Auftakt des Auto-Frühlings» berichtet der Importeurs-Verband Auto Schweiz. Besonders der März fiel ab: Mit 23’467 neu registrierten Fahrzeugen wurden 6,8 Prozent weniger in den Verkehr gesetzt als im Vorjahresmonat.

Im gesamten ersten Quartal resultierte gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 2,7 Prozent auf 57’224 neue Personenwagen. Der Schweizer Auto-Markt müsse «einem Rückstand hinterherfahren», heisst es in der Mitteilung. Aus Umweltsicht bedenklicher ist allerdings die Entwicklung bei den alternativen Antrieben – also bei Autos, die rein elektrisch betrieben sind, bei Plug-In-Hybriden und Hybriden.

Zwar machen Autos mit einem solchen Antrieb laut den Zahlen im ersten Quartal 59 Prozent der Neuzulassungen aus. Doch das geht vor allem auf das Konto von Hybrid-Fahrzeugen – also Autos mit einem normalen Verbrennungs-Motor, die kurze Strecken auch mit einem kleineren Elektromotor zurücklegen können, aber deren Elektromotor im Gegensatz zu Plug-In-Hybriden nicht extern geladen werden kann. Von einem reinen Elektroauto sind solche Fahrzeuge weit entfernt.

Der Anteil der rein elektrisch betriebenen Autos ging sogar dramatisch zurück – von 20,9 Prozent der Neuzulassungen im Jahr 2023 auf noch 18,2 Prozent im ersten Quartal. Um die Elektrifizierung zu schaffen und die Emissionen des Autoverkehrs schnell zu reduzieren, müsste dieser Anteil im Gegenteil rasch steigen. Davon ist die Schweiz weit entfernt. «Elektroautos und Plug-in-Hybride haben weiterhin zu kämpfen und wachsen nur unmerklich», schreibt selbst Auto Schweiz.

Die Misere zeigt sich auch in der Rangliste der meistverkauften Modelle. Auf Platz 1 behauptet sich mit dem Tesla Model Y zwar wie in den Vorjahren ein Elektroauto. Danach aber folgen Verbrenner – etwa der Škoda Octavia, die Mercedes Benz GLC-Klasse, der VW Tiguan oder der BMW X1. Bei vielen der Modelle in der Top 15 handelt es sich um schwere SUV mit einer schlechten Klimabilanz – die GLC-Klasse kommt etwa über eine durchschnittliche Lebensdauer auf 71 Tonnen CO2 pro Modell. Dafür könnte man immerhin 27mal zwischen Zürich und New York hin- und herfliegen.

Die Entwicklung der letzten Monate zeigt: Von einem sauberen Automarkt ist die Schweiz weit entfernt - und die Entwicklung zeigt in die falsche Richtung. Ähnlich schwer hat es das Elektroauto derzeit etwa auch in Deutschland (Mobimag berichtete), während es im Vorzeigeland Norwegen weiter zulegen konnte und dort im ersten Quartal gemäss Zahlen der Europäischen Kommission gar auf einen Anteil von über 90 Prozent der Neuzulassungen kam.

Nicht helfen dürfte, dass National- und Ständerat die ursprünglich schärferen CO2-Grenzwerte für Neuwagen im Rahmen des CO2-Gesetzes, das in der Frühjahressession angenommen wurde und ab 2025 gelten soll, wieder abgeschwächt haben. Bejubelt wird dies von Auto Schweiz. Der Importeursverband spricht von einer «pragmatischen Haltung». Präsident Peter Grünenfelder wird damit zitiert, dass ein «Swiss Finish» bei den Grenzwerten zu Zusatzkosten für den Mittelstand und das Gewerbe geführt hätte.

Die Kehrseite davon ist, dass Verbrenner in der Schweiz wohl noch jahrelang den Automarkt bestimmen dürften – zumal die Schweiz weiterhin auf Subventionen für Elektroautos verzichtet und das Parlament sich bisher auch nicht durchringen konnte, ein «Recht auf Laden» im Land der Mieter im Gesetz festzuschreiben.

Die Schweiz, die in den letzten Jahren jeweils deutlich über dem europäischen Durchschnitt lag bei den alternativen Antrieben, büsst nun zusehends an Vorsprung ein. Zwar liegt sie weiterhin deutlich über dem EU-Durchschnitt, wenn die Elektroautos und Plug-In-Hybride betrachtet werden, doch der Abstand wird kleiner.

In einer kombinierten Betrachtung wurde die Schweiz letztes Jahr von Norwegen, Schweden, den Niederlanden und Belgien überholt. Geht der Abwärtstrend bei den Elektroautos weiter, könnte sie auch von Österreich oder Frankreich überrundet werden.

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