Die Schweiz kommt bei der Elektrifizierung kaum mehr voran: Diese Modelle sind gefragt

Die Elektrifizierung hat an Schwung verloren. Bild: Luca/Unsplash

Im Jahr 2023 belegte zwar erneut ein Tesla-Modell den ersten Platz der Rangliste der meistverkauften Autos. Doch die Zunahme bei den Neuzulassungen von Elektroautos war zuletzt nur noch klein. Im europaweiten Vergleich droht die Schweiz nun auch von bisherigen Nachzüglern überholt zu werden, zeigt die Mobimag-Analyse.

von Stefan Ehrbar
9. Januar 2024

Das vierte Jahr in Folge konnten Autoverkäufer in der Schweiz nicht an die Resultate der Zeit vor der Coronakrise anknüpfen. Zwar wurden 11,6 Prozent mehr Autos verkauft als noch im Jahr 2022, die Viertelmillion-Marke wurde mit 252’214 Neuwagen übertroffen. Doch das Vor-Pandemie-Niveau ist noch ein ganzes Stück weit entfernt.

Zwar hätten die 2022 vorherrschenden Lieferschwierigkeiten, bedingt durch Mikrochip- und Teilemangel, im vergangenen Jahr weitgehend überwunden werden können, schreibt der Verband Auto Schweiz. Doch habe die gedämpfte Nachfrage für ein unterdurchschnittliches Auto-Jahr 2023 gesorgt. Die Nachfrage sei rund 16 Prozent unter den vor der Covid-Pandemie meist üblichen 300’000 neuen Personenwagen gelegen. 

«Besonders Privatkundinnen und -kunden haben sich in den letzten zwölf Monaten beim Autokauf stark zurückgehalten», wird Auto-Schweiz-Sprecher Christoph Wolnik zitiert. «Getrübte Konjunkturaussichten und gestiegene Lebenshaltungskosten haben hier wohl eine grosse Rolle gespielt – schliesslich stellt die Anschaffung eines Fahrzeugs für Privathaushalte die zweitgrösste Investition dar, nach der Wohnung.»

Das Jahr 2023 war zwar erneut ein Schweizer Rekordjahr für alternative Antriebe – also rein elektrisch betriebene Fahrzeuge, Plug-In-Hybride und Mild-Hybride. Elektroautos und Plug-In-Hybride kamen erstmals auf einen Anteil von zusammen über 30 Prozent. Doch das Wachstum hat sich zuletzt abgeschwächt.

Das meistverkaufte Modell mit gut 6173 neu zugelassenen Fahrzeugen war letztes Jahr erneut das Tesla Model Y, gefolgt von zwei Modellen der VW-Tochter Škoda, wie die Rangliste der 15 meistverkauften Modelle zeigt.

In Sachen alternative Antriebe legten Elektroautos von 17,8 Prozent der Neuzulassungen im Jahr 2022 auf 20,9 Prozent zu. Der Anteil der Plug-In-Hybride stieg von 8,1 auf 9,2 Prozent, jener der Mild-Hybride von 24,6 auf 27,4 Prozent. Keine Rolle mehr spielen mit Erdgas betriebene Fahrzeuge.

Der in Prozentpunkten gemessene Zuwachs von Elektroautos an den Neuzulassungen war letztes Jahr mit 3,1 Prozentpunkten so tief wie seit 2018 nicht mehr. Der Markt der Plug-In-Hybride scheint zudem nicht mehr stark zu wachsen, mit 9,2 Prozent ist ihr Anteil beinahe gleich gross wie bereits 2021 mit 9,1 Prozent.

Dass es schwierig wird, die Elektrifizierung weiterzutreiben, sieht auch der Importeurverband Auto-Schweiz so. 2024 werde ein «äusserst herausforderndes Jahr für die Elektromobilität in der Schweiz», schreibt er. Die Politik habe die Rahmenbedingungen massiv verschlechtert.

Präsident Peter Grünenfelder wird damit zitiert, dass zum 1. Januar nicht nur die Befreiung der Elektroautos von der vierprozentigen Automobilsteuer weggefallen sei, die beim Import fällig wird, sondern auch die Strompreise im «staatlich dominierten Energiemarkt» um durchschnittlich 18 Prozent gestiegen seien.

Erste neun Monate: Elektro 19,8; Plug-In 8,9, Mild-Hybrid 27,2, Erdgas

«Anschaffung und Betrieb von E-Fahrzeugen werden so im neuen Jahr für die Konsumentinnen und Konsumenten deutlich teurer. Alle sind gefordert, den Ausbau der Ladeinfrastruktur weiter voranzutreiben und die Rahmenbedingungen für Elektromobilität zu verbessern, statt diese ständig einzuschränken. Dazu zählt die vollständige Liberalisierung des Strommarktes, um durch die Schaffung einer Konkurrenzsituation unter den Energieversorgern eine Dämpfung der Strompreise zu erreichen», wird Grünenfelder zitiert.

Eine Rolle spielen dürfte auch, dass hierzulande viele Menschen zur Miete wohnen und deswegen zum Teil keinen Zugriff auf Ladeinfrastruktur zuhause haben. Ein «Recht auf Laden» gibt es hierzulande nicht, der Bundesrat hat sich zuletzt dagegen ausgesprochen.

Im Vergleich mit europäischen Ländern verliert die Schweiz in Sachen Elektrifizierung an Boden. Bei den rein elektrisch betriebenen Fahrzeugen liegt sie mittlerweile deutlich hinter Norwegen, Schweden und den Niederlanden. Sie liegt zwar weiterhin vor Deutschland, Österreich und Frankreich, aber nicht mehr viel. Das zeigen Daten der ersten drei Quartale des Jahres. Schlusslichter bei der Elektrifizierung in Europa sind weiterhin Spanien, Italien und Polen, wo die Zuwächse zuletzt auch nur marginal waren.

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