Das Klimaticket als Vorbild? // Aviatik: Es braucht den CO2-Preis // Nur wenig Alternativen zu Kurzstreckenflügen

Das Klimaticket vereinfacht die ÖV-Nutzung in Österreich. Bild: Willian Justen de Vasconcellos / Unsplash

Seit dieser Woche ist in Österreich das «Klimaticket» im Verkauf. Selbst CNN bezeichnet es als internationales Vorbild – und sieht einen grossen Vorteil gegenüber dem GA. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland: So kann der Aviatik-Sektor seine Emissionen senken, und diese Alternativen zu Kurzstreckenflügen gibt es.

von Stefan Ehrbar
29. Oktober 2021


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Das Klimaticket schlägt das GA

Seit Dienstag wird in Österreich das «Klimaticket» verkauft, das für alle ÖV-Betriebe des Landes gültig ist – in Railjet-Zügen der ÖBB genauso wie auf Verbindungen der Westbahn oder in Wiener U-Bahnen. Noch bis am Sonntag ist das Ticket zum Vorverkaufspreis von 949 Euro (umgerechnet 1011 Franken) pro Jahr erhältlich, danach kostet es 1095 Euro (umgerechnet 1167 Franken).

In einem längeren Artikel berichtet auch CNN über das neue Angebot. Der öffentliche Verkehr sei in Österreich bereits vergleichsweise beliebt, heisst es im Artikel. Nur noch in der Schweiz würden pro Einwohner mehr Kilometer mit der Bahn zurückgelegt als in Österreich. Trotzdem wurden 2018 in Österreich nur 16 Prozent der Reisen mit dem ÖV unternommen.


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Das Klimaticket soll nun die Nachfrage ankurbeln. Es sei nicht das erste seiner Art, schreibt CNN – und verweist auf das Schweizer GA. Das Klimaticket aber unterscheide sich durch seinen «bemerkenswert tiefen Preis». Tatsächlich ist das GA mit 3860 Franken pro Jahr fast viermal so teuer.

Das Klimaticket sei «potentiell revolutionär», wird der Bahnexperte Andy Brabin zitiert. Es könne gerade spontane Ausflüge vereinfachen, weil Tickets für längere Strecken, die kurzfristig gebucht werden, häufig teuer seien.

Der österreichische Staat unterstützt das Klimaticket mit 240 Millionen Euro (umgerechnet 256 Millionen Franken). Die jährlichen Kosten werden auf 150 Millionen Euro (160 Millionen Franken) geschätzt. Das Klimaticket soll das Ziel Österreichs, bis 2040 klimaneutral zu werden, unterstützen.


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Der österreichische Klimaplan sieht vor, die Nutzung privater Autos von 70 Prozent der total gefahrenen Kilometer bis 2040 auf 54 Prozent zu senken. Der Anteil des ÖV soll von 27 auf 40 Prozent steigen.

Keith Barrow vom Magazin Today’s Railway Europe hebt im Artikel hervor, dass es aussergewöhnlich sei, dass sich alle Betreiber und Verkehrsverbünde auf das Klimaticket hätten einigen können.

Wie wird die Aviatik klimaneutral?

Wie kann der Flugverkehr seine klimaschädlichen Emissionen senken? Dieser Frage geht die deutsche Tagesschau nach.

Sie analysiert dafür eine neue Studie des Internationalen Verkehrsforum, einer Partnerorganisation der OECD. Das Forum schlägt beispielsweise vor, dass Staaten ihre Hilfen für Airlines daran koppeln könnten, dass diese CO2 einsparen. Dabei sollten international klare Reduktionsziele formuliert werden.

Zudem müssten klimaschädliche Subventionen abgebaut werden, etwa die Regelung, dass auf Kerosin keine Energiesteuer erhoben wird. Zudem müsse ein CO2-Preis eingeführt werden. Das könne etwa mit einem Instrument wie dem Zertifikatehandel umgesetzt werden. Erst wenn Emissionen etwas kosteten, gebe es Anreize zum Sparen, heisst es im Papier.


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Technische Lösungen wiederum seien schon einige im Gespräch, aber eine wirklich tragfähige Idee fehle noch. Nachhaltig erzeugter Kraftstoff sei teuer und knapp. Biokraftstoffe verbrauchten Landfläche und träten in Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung. Elektrisches Fliegen sei heute noch schwer umsetzbar.

Mehr Potenzial attestieren die Autoren den Power-to-Liquids-Kraftstoffen (PtL), bei denen elektrisch erzeugter Wasserstoff mit CO2 zu einem flüssigen Gemisch wird. Nur seien auch PtL für einen flächendeckenden Einsatz noch zu teuer.

Eine weitere Möglichkeit sieht das Forum im Einsatz modernerer Flugzeugtypen mit besserer Effizienz. Zudem könnten Kondensstreifen mit neuen Flugrouten reduziert werden, auch wenn deren Klimawirkung umstritten ist.


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Das Fazit der Studie: Ohne äusseren Druck wird die Industrie nicht viel unternehmen, um besser zu werden, weil alle Optionen teuer sind. Regierungen und internationale Organisationen seien deshalb gefragt.

Nur wenige Alternativen für Kurzstreckenflüge

Die Umweltorganisation Greenpeace hat in einer Studie untersucht, auf welchen der 150 meistgenutzten Flugverbindungen innerhalb Europas mit einer Distanz von unter 1500 Kilometern valable Alternativen mit der Bahn zur Verfügung stehen.


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Das Fazit ist einigermassen ernüchternd. Nur 21 der 150 wichtigsten Flugstrecken können mit dem Zug innerhalb von vier Stunden zurückgelegt werden. Mit Ausnahme der Strecken Amsterdam–Paris, Amsterdam–Frankfurt, Brüssel–Frankfurt und Paris–Frankfurt handelt es sich dabei um Inlandsstrecken. Auf gerade mal 41 der 150 Verbindungen stehen zudem direkte Nachtzüge zur Verfügung.

Für 29 Prozent der 250 wichtigsten europäischen Flugstrecken benötigen Reisende laut Greenpeace weniger als sechs Stunden mit dem Zug – ein ähnlicher Prozentsatz wie bei den Zugalternativen zu den 150 wichtigsten Kurzstreckenflügen innerhalb der EU. Zu diesen Strecken gehören 11 der 30 meistgenutzten europäischen Strecken. Bei fünf dieser Strecken beträgt die Fahrzeit mit dem Zug sogar weniger als oder rund zwei Stunden (wie z. B. Brüssel–London und London–Manchester) oder weniger als vier Stunden (wie z. B. Zürich–Genf). Bei London–Amsterdam, der meistgeflogenen Strecke Europas, beträgt die Fahrtzeit mit dem Zug weniger als sechs Stunden. Über zwei Millionen Fluggäste nutzen jedes Jahr die beiden innernorwegischen Flugstrecken Oslo–Bergen und Oslo–Trondheim, obwohl diese Strecken auch mit einem Direktnachtzug bedient werden.


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Die Organisation fordert unter anderem ein Verbot von Kurzstreckenflügen auf Strecken, die von einem Direktzzug innerhalb von sechs Stunden bedient werden, eine Wiederbelebung von Nachtzügen, mehr finanzielle Mittel für den Bahnausbau und günstigere Tickets. Das könne etwa geschehen, in dem internationale Zugreisen von der Mehrwertsteuer befreit werden.


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1 Kommentar

  1. Einzig der günstige Preis hervorzuheben, macht meiner Meinung nach keinen Sinn. In der Schweiz haben wir einen nahezu perfekt aufeinander abgestimmten öV, oft mit Stunden- oder Halbstundentakt auch in abgelegene Orte und Bergtäler.
    In Österreich ist das öV-Angebot ausserhalb der Hauptstrecken dürftig, Nebenbahnen und Busse fahren abends und am Wochenende lückenhaft oder gar nicht. Zudem sind auch öfters Anschlüsse schlecht koordiniert.
    Alles in allem eine gute Idee, aber nicht mehr.

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