Wer nach Manhattan mit dem Auto fahren will, soll künftig 23 Dollar bezahlen. Das sorgt für Streit. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland mit den Links zu spannenden Geschichten: Zwischen Deutschland und Österreich verkehren bald mehr Tages- und Nachtzüge – und chinesische Konzerne wollen den europäischen Automarkt erobern.
von Stefan Ehrbar
8. September 2023
Streit um Staugebühr in New York
Diesen Sommer hat die New Yorker Verkehrsbehörde, die Metropolitan Transport Authority (MTA), sich überlegt, wie die Mautgeführ für Autofahrer, die südlich von der 60th Street in Manhattan in der Stadt einfahren, ausgestaltet werden soll. Im Gespräch ist ein Betrag von 23 US-Dollar pro Tag für das Einfahren in die Stadt.
Wie die «New York Times» diese Woche berichtete, hagelte es in der Folge Einwendungen und Rabattgesuche. Ganze 122 Interessensgruppen hätten Anträge auf gebührenfreie Einfahrt nach Manhattan gestellt.
Darunter sind Künstler, Landwirte, Richter, Musiker, pensionierte Polizeibeamte, Farbige, Bewohner von Brooklyn, Bewohner von Manhattan mit einem Jahreseinkommen von weniger als 147’500 US-Dollar oder Fahrer von Leichenwagen, Lastwagen und Motorräder.
Auch das Gegenteil geschah, dass nämlich Anträge eingereicht wurden für 55 Gruppen, die auf keinen Fall von Ausnahmen profitieren sollen. So wurde gefordert, dass Velofahrende, Taxis, Polizisten oder Einwohner New Jerseys auf jeden Fall Maut bezahlen müssen.
Die Wut über die Maut sei Teil einer grösseren Debatte der Grossstadtpolitik, schreibt die Zeitung, nämlich: Wem gehören die Strassen?
Die Verkehrswege nehmen laut dem Artikel bis zu einem Drittel der Flächen von Grossstädten ein. In New York City, wo der Platz besonders knapp ist, gebe es eine besonders intensive Diskussion über die Art, wie die Strassen genutzt werden können. Denn auch Aussengastronomie, Busspuren oder Strassenverkäufer erheben Anspruch auf die Fläche, die durch Autos vergleichsweise ineffizient genutzt wird.
Diese Neubewertung von Strassen ist laut dem Meinungsbeitrag in den ganzen USA im Gang. Atlanta habe etwa eine knapp vier Meter breite geschützte Velospur quer durch die Innenstadt angelegt. Cincinnati habe mit Geld aus dem Covid-Programm ganze Strassen gesperrt und für die Boulevard-Gastronomie geöffnet. Und Washington D.C. bereite sich darauf vor, die ikonische, achtspurige Pennsylvania Avenue neu zu gestalten – möglicherweise ganz ohne Autoverkehr.
«Während des grössten Teils der Geschichte der amerikanischen Stadt waren Strassen öffentliche Mehrzweckräume», heisst es im Artikel. «Sie dienten natürlich dazu, von A nach B zu gelangen. Aber auch als improvisierte Foren für Märkte, Feste, Müllentsorgung, Lagerung, alltägliches Beisammensein und Kinderspiele.» Mit dem Aufkommen des Automobils sei diese Kultur völlig untergegangen.
Dabei ist das Missverhältnis mittlerweile besonders gross: Nach Angaben der MTA fahren von 1,5 Millionen Menschen, die im Zentrum Manhattans arbeiten, nur 143’000 mit dem Auto zur Arbeit. Trotzdem beherrschten private Autos den grössten Teil des öffentlichen Raums, verunreinigten die Luft und behinderten den ÖV und Blaulichtorganisationen.
Mehr Züge zwischen Deutschland und Österreich
Die Deutsche Bahn (DB) und die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) wollen das Angebot im grenzüberschreitenden Verkehr ausbauen – und zwar tagsüber wie in der Nacht. Das gaben sie diese Woche an einer gemeinsamen Medienveranstaltung bekannt.
Wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet, sollen per Fahrplanwechsel am 10. Dezember neue Nightjet-Verbindungen von Berlin und Wien nach Paris und Brüssel aufgenommen werden. Diese verkehren zunächst dreimal pro Woche. Ab Herbst 2024 soll täglich ein Zug angeboten werden. Auf den zwei bereits bestehenden Nachtzug-Strecken Hamburg-Wien und Hamburg-Innsbruck sollen zudem die neuen Nightjets fahren.
Diese neuen, bis zu 230 Kilometer pro Stunde schnellen Nightjet-Kompositionen haben die ÖBB schon 2018 bei Hersteller Siemens bestellt. Dieser hat Verspätung: Statt wie geplant seit letztem Jahr sind die Kompositionen noch immer nicht unterwegs und dürften Ende Jahr auf diesen beiden Verbindungen ihre Premiere feiern.
Zunächst hatten die ÖBB mitgeteilt, dass die neuen Nightjet-Züge auf den Verbindungen nach Italien zuerst eingesetzt werden sollen. Daraus wird nun offenbar nichts, was auch mit der noch fehlenden Zulassung in Italien zu tun haben könnte.
Auf den Nightjet-Strecken in die Schweiz, die von der SBB ebenfalls in Kooperation mit der ÖBB betrieben werden, dürften fürs Erste weiterhin die älteren Nightjet-Kompositionen verkehren. Ein Einsatzdatum der neuen Züge ist noch nicht bekannt. Immerhin dürfte sich der Reservebestand erhöhen, was sich auch positiv auf die Zuverlässigkeit der Nachtzüge ab der Schweiz auswirken dürfte. Um diese ist es derzeit schlecht bestellt (Mobimag berichtete).
Zwischen Österreich und Deutschland soll es ab Fahrplanwechsel Ende Jahr auch eine neue ICE-Verbindung Hamburg-Berlin-Nürnberg-Wien geben. Zudem sollen die Züge zwischen Frankfurt, Stuttgart und Innsbruck täglich fahren und nicht mehr nur am Wochenende. Auf der Strecke München-Salzburg ist der Stundentakt tagsüber geplant, zwischen München und Innsbruck wird alle zwei Stunden ein Fernverkehrszug verkehren.
Dominiert China bald den E-Automarkt?
Derzeit findet die renommierte Automobilmesse IAA in München statt. Der bayrische Rundfunk (BR) hat sich dort umgeschaut – und hat bei einem Rundgang den Eindruck von «China überall» erhalten.
«Der IAA-Stand des chinesischen Marktführers für Elektroautos, BYD, ist nach Augenmass mindestens so gross wie der von Volkswagen», heisst es im Artikel. «Auch andere Firmen aus der Volksrepublik China, wie etwa der Batteriehersteller CATL, demonstrieren Selbstbewusstsein.»
Eine Studie der französischen Beraterfirma Innovev belege, dass schon acht Prozent aller in Europa verkauften Elektroautos aus China kommen. Die Tendenz sei steigend. BYD etwa wolle in Deutschland bald sportliche Limousinen zum Preis von 45’000 Euro (43’000 Franken) anbieten und greife damit direkt den Marktführer in diesem Segment an, den US-Autobauer Tesla.
Mit ein Grund für die forsche Expansion von chinesischen Automobilkonzernen nach Europa sei, dass sie hier viel höhere Preise und Margen erzielten. E-Autos, die in China für 32’000 Euro verkauft werden, wechseln laut dem Auto-Experten Jochen Siebert in Europa für 56’000 Euro den Besitzer.
Der Autobauer BYD ist in China mit fünf Millionen gebauten Autos bereits der Autokonzern Nummer eins. Dazu gehören allerdings nicht nur reine Elektroautos, sondern auch Plug-In-Hybride. Reine Elektroautos hat das Unternehmen, das 1995 als Batterieproduzent gegründet wurde, bereits vier Millionen Stück.
Laut Aussagen eines Firmensprechers wird BYD mehr Modelle in Europa auf den Markt bringen, wie der BR berichtet. Mit Firmen wie Xpeng stehen zudem weitere Elektroauto-Anbieter aus China in den Startlöchern, die den europäischen Markt erobern wollen.
Allerdings glaubten viele chinesische Automobilhersteller daran, dass sie in Zukunft mit deutschen Autobauern zusammenarbeiten und nicht unbedingt gegen sie, heisst es im Artikel.
«Deutschland hat eigene Vorteile. Erfahrung lernt man nicht so schnell», wird Hua Ai zitiert, ein chinesischer Automobiljournalist. «Viele chinesische Firmen haben Business in Deutschland. Und Marken wie Daimler oder VW haben chinesische Marken gekauft. Ich glaube, in der Zukunft gibt es mehr Zusammenarbeit. Nicht individuelle Konkurrenz.»
Volkswagen baut bereits seit Juli Elektroautos mit der Technologie von Xpeng. Voraus sind die chinesischen Konzerne den deutschen Autobauern auch bei den Batterien. BYD hat laut BR eine neue, flache Batterietechnik am Start. Der Premiumhersteller Nio, der in München ein globales Designzentrum unterhält, ist zudem eine strategische Zusammenarbeit mit dem deutschen Energiekonzern EnBW eingegangen.
Stark ist Nio vor allem bei sogenannten Swap Stations, also Stationen, an denen Batterien gewechselt werden können. Nio hat eine Lösung bereit, bei der dieser Vorgang in einer Art Carport innert vier Minuten durchgeführt werden kann.
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