In Phoenix fahren autonome Taxis // Stadtplaner ignorieren Fussgänger // Staat soll Wasserstoff-Autos fördern

Barcelona ist in Sachen Raum für Fussgänger vorbildlich. Bild: Anastasiia Tarasova / Unsplash

Die US-amerikanische Stadt Phoenix will ein Labor für das Autofahren der Zukunft sein und erlaubt autonome Taxis. Wie gut funktioniert das? Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland: Fussgänger werden von Stadtplanern häufig ignoriert und Deutsche wollen eher Wasserstoff- als Elektroautos fördern.


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von Stefan Ehrbar
3. September 2021

Autonome Taxis: So funktioniert es in Phoenix

In der Stadt Phoenix im US-Bundesstaat Arizona ist die Zukunft des fahrerlosen Autofahrens Realität. Darüber berichtet die NZZ in einer Reportage. In einem Gebiet mit der Fläche von 130 Quadratkilometern fahren Robotertaxis ohne Fahrer.


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Dominant ist in Phoenix vor allem Waymo, eine Tochter des Alphabet-Konzerns, zu dem auch Google gehört. Die Firma wurde vor zehn Jahren gegründet, laut der Zeitung wurden Milliarden Dollar in sie investiert. Im vergangenen Jahr haben externe Investoren 5 Milliarden US-Dollar in die Firma gesteckt.

Den autonomen Taxiservice in Phoenix bietet Waymo seit 2017, zunächst nur für ausgewählte Passagiere und bis Mitte 2019 auch mit einem Mitarbeiter an Bord, der im Notfall hätte eingreifen können. Seit Oktober 2020 sind die Taxis laut der NZZ für die breite Öffentlichkeit nutzbar. Wegen der grossen Erfahrung mit Millionen zurückgelegten Kilometern ist auch kein Mitarbeiter mehr dabei.

Eine viertelstündige Fahrt kostet demnach 15 Dollar. Dass ausgerechnet das in der Wüste gelegene Phoenix zum Testlabor für die selbstfahrenden Taxis wurde, liegt nicht nur an der Hitze, welche das Fortbewegen zu Fuss oder mit dem Velo erschwert, sondern auch an der kaum vorhandenen Regulierung. Jeder Fahrzeughalter, der eine Haftpflichtversicherung hat und einen Führerschein, kann selbstfahrende Fahrzeuge testen.


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Neben Waymo sind in Phoenix auch autonome Fahrzeuge von Tesla, dem zu General Motors gehörenden Cruise, der Intel-Tochter Mobileye oder der Amazon-Tochter Zoox unterwegs. Die NZZ schreibt, das fahrerlose Autofahren fühle sich «verblüffend schnell normal» an. Herausforderungen wie das Linksabbiegen an einer Kreuzung ohne Vorfahrtsampel meistere das fahrerlose Auto «erstaunlich gut».

Stadtplaner ignorieren Fussgänger

Der öffentliche Raum in den meisten internationalen Städten, die in einer im Magazin «communications physics» erschienenen Studie untersucht wurden, ist nur sehr selten Fussgängern zugewiesen und meistens den Autos. Der Verkehrswissenschaftler Giulio Mattioli von der TU Dortmund sieht darin ein generelles Problem der Verkehrsplanung, wie er im Gespräch mit dem «Deutschlandfunk» erzählt.


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Die Verkehrsplanung sei entstanden, um die Probleme der Verbreitung der ersten Autos zu bewältigen. Erst in den letzten Jahrzehnten habe man erkannt, dass es sinnvoll sei, auch Fussgänger und Velofahrer zu berücksichtigen. Selbst in Berlin sei aber der Strassenraum noch immer grösstenteils dem Auto vorbehalten. Das liege auch an der rechtlichen Situation. Das deutsche Strassenverkehrsrecht lege fest, dass der Zweck der Strasse der Verkehr sei, wozu auch parkierte Autos gehören. «Das führt dann zu einer Priorisierung von Parkraum gegenüber anderen Nutzern, die denselben Raum beanspruchen könnten», sagt Mattioli.

«Vor allem das zu Fuss Gehen wird nach wie vor übersehen. Es wird nicht als Verkehrsmittel betrachtet, das es wert ist, untersucht zu werden, das so viel wert ist, wie die anderen», lässt er sich zitieren. Die Studie bestätige aber auch, dass europäische Städte besser abschneiden als nordamerikanische, obwohl die untersuchten Städte Paris und Barcelona ziemlich aussergewöhnlich seien, weil sie eine ziemlich alte Stadtstruktur hätten aus der Zeit, bevor es Autos gab. «Es wäre also interessant zu sehen, welche Ergebnisse wir für Städte erhalten würden, die mehr auf das Auto ausgerichtet sind, wie z. B. einige Städte in Deutschland. Ich denke, sie würden schlechter abschneiden als Paris und Barcelona.»

Der Verkehrsforscher schlägt vor, Pop-Up-Zonen für Fussgänger zu schaffen. Diese Strassenabschnitte würden zunächst nur vorübergehend den Fussgängern zugeteilt und dann dauerhafter. Sie seien eine gute Möglichkeit, mehr Akzeptanz für einen Umbau zu bekommen: «Weil die Menschen sehen, dass es eigentlich ganz gut ist, diesen Platz anders zu nutzen, nicht nur für Verkehr.»


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Deutsche wollen Wasserstoff-Autos fördern

In Deutschland war zuletzt jeder neunte Neuwagen batterieelektrisch betrieben. Wasserstoffautos gibt es hingegen kaum: Im Oktober 2020 waren es laut Informationen des «Spiegel» nur 507 zugelassene Fahrzeuge.

Trotzdem hat die Wasserstoff-Technologie bei den Deutschen grossen Rückhalt. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den «Spiegel» haben 39 Prozent der Befragten angegeben, Brennstoffzellenautos müssten dringend staatlich gefördert werden, um die Verkehrswende voranzutreiben. Hingegen sind nur 14 Prozent der Befragten der Meinung, dass dies auch für batteriebetriebene Elektroautos gelten soll.

Am meisten Zuspruch für staatliche Förderung hat der Öffentliche Personennahverkehr erhalten. 61 Prozent der Befragten sind der Meinung, dieser müsse dringend staatlich gefördert werden. Der Fernverkehr der Bahn kommt auf 41 Prozent. Deutlich tiefere Werte erzielen E-Bikes, Velos und Lastenräder (15 Prozent) und Carsharing (9 Prozent).


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Nahezu «auf ganzer Linie durchgefallen» seien E-Scooter. Nur ein Prozent der Befragten möchten dieses Verkehrsmittel fördern.

Laut dem Verkehrsexperten Andreas Knie widerspiegle das Resultat die Wünsche der Mehrheit der Autofahrerinnen und Autofahrer, wie er dem Magazin sagt. «Sie wünschen sich den Ausbau des Nahverkehrs, damit dann mehr Platz auf der Strasse ist. Selbst fahren sie damit aber nicht.» Wie das Magazin weiter schreibt, halten zudem viele Menschen batteriebetriebene Elektroautos nach wie vor für zu teuer. Laut einer Umfrage des Verbands der Automobilindustrie sprächen für 63 Prozent der Befragten zu hohe Anschaffungskosten gegen einen Kauf, 64 Prozent sehen zudem die geringe Zahl der Ladestation als Problem und 53 Prozent die Dauer des Ladens.


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