Französische Bahn verpasst Touristen-Boom // Weniger Stau dank 9-Euro-Ticket // Elektroauto zapft Sonne an

Die Bahn hat noch Potenzial: Zug in den französischen Pyrenäen. Bild: Matthieu Gouiffes / Unsplash

Weil sich die französische Bahn SNCF auf Hochgeschwindigkeitsstrecken fokussiert hat, wurden touristische Anliegen vernachlässigt. Das moniert die Branche. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland: Das 9-Euro-Ticket vermindert den Stau und ein neues Elektroauto zapft die Sonne an.

von Stefan Ehrbar
1. Juli 2022

Vergisst die französische Bahn den Tourismus?

Hohe Benzinpreise, Chaos an den Flughäfen, mehr Bewusstsein für den Klimawandel: Diesen Sommer sind die Voraussetzungen für die Bahn ideal, um Kundinnen und Kunden zu gewinnen. Die französische Bahn SNCF hat für den Sommer laut der Zeitung «Le Monde» bereits acht Millionen Tickets für ihre Fernverkehrszüge verkauft, 10 Prozent mehr als 2019.

Mit mehr Doppelstockzügen will die Bahn 500’000 Sitzplätze mehr bieten als 2019. Diese sollen vor allem auf Strecken in die Bretagne, in der Atlantik- und Mittelmeer-Region zum Einsatz kommen. Doch das Angebot sei immer noch unzureichend, schreibt die Zeitung.

Christophe Fanichet, der CEO von SNCF Voyageurs sagt der Zeitung, er rechne in Regionalzügen mit mehr Gelegenheitsnutzern als 2019. Am Wochenende würden die Städter etwa aus der Hauptstadt Paris heutzutage eher den Zug nehmen, um ins Grüne zu fahren. Die Bahn müsse deshalb vermehrt Partner des Tourismus werden und aufzeigen, was man mit dem Zug machen könne.

Doch hier hakt es in Frankreich, heisst es in der Analyse: Die Priorität, die dem TGV auf Kosten der interregionalen Züge eingeräumt worden sei, habe dazu geführt, dass Strecken geopfert wurden, die für den touristischen Verkehr unerlässlich sind.

Die SNCF sei von einem flächigen Netz zu einem Sternnetz übergegangen, das sich auf die Verbindung regionaler Hauptstädte fokussiere. Das Potenzial touristischer und malerischer Strecken, deren Instandhaltung kostspielig ist, werde nicht ausgeschöpft. Und weil es für die letzten Kilometer oft keine Bahnverbindungen gibt, quellen beliebte Orte wie der Mont-Saint-Michel oder die Loire-Schlösser trotz ihrer Nähe zur Bahn über von Bussen und Autos.

Dieses «Problem der letzten zehn Kilometer» und das Fehlen von Querverbindungen erschwerten die Nutzung des Zuges als Transportmittel für die Ferien erheblich, wird Stéphane Durand, Spezialist für Tourismusplanung bei der Firma Voltere zitiert. In der Schweiz hingegen könne man überall hinfahren, weil das Bahnnetz nicht aus rein wirtschaftlicher Perspektive ausgebaut worden sei.

Das französische System hingegen ziele auf eilige Geschäftskunden ab, sagt er. «Man hat den Sinn für die Freude an der Fahrt verloren. Der Zug steht für Geschwindigkeit, für eine zweistündige Blase, in der man an seinem Tablet sitzt, weil der TGV zu schnell fährt, um sich die Landschaft anzusehen.»

Weniger Stau dank 9-Euro-Ticket

Das 9-Euro-Ticket, das in Deutschland die Nutzung aller öffentlichen Verkehrsmittel ausser dem Fernverkehr für den Preis von 9 Euro pro Monat ermöglicht und in den Monaten Juni, Juli und August erhältlich ist, wirkt sich offenbar positiv auf die Staus auf den Strassen aus. Das schreibt die «Süddeutsche Zeitung».

Eine Analyse des Verkehrsdatenspezialist Tomtom zeige, dass im Vergleich zur Zeit vor der Einführung des Tickets in 23 von 26 untersuchten Städten ein Rückgang des Stauniveaus feststellbar sei. Die Daten liessen vermuten, dass dies in Zusammenhang mit dem 9-Euro-Ticket stehe, so Tomtom-Verkehrsexperte Ralf-Peter Schäfer.

Besonders deutlich sei die Verbesserung in Hamburg. Dort sank das Stauniveau um 14 Punkte. Autofahrer verlieren auf einer Strecke, die ohne Verkehr 30 Minuten dauern würden, in Hamburg im Durchschnitt nun 4,2 Minuten weniger Zeit als zuvor. Auch in Wiesbaden ist der Rückgang mit 3,9 Minuten merkbar.

Im Juni wurden laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) 21 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft. Etwa zehn Millionen Abonnentinnen und Abonnenten erhalten zudem ihr Abo für diesen Zeitraum vergünstigt. Auch für den Monat Juli wird mit einer ähnlich hohen Kaufbereitschaft gerechnet.

Die Deutsche Bahn spricht laut der Zeitung von einem Fahrgastzuwachs von 10 bis 15 Prozent im eigenen Regionalverkehr im Juni im Vergleich zum Niveau vor der Corona-Krise. Zum Vergleich: In der Schweiz lag die Auslastung der SBB im Monat Mai noch immer gut 8 Prozent unter dem Niveau von 2019.

Neues Elektroauto zapft die Sonne an

Das Start-Up Lightyear aus den Niederlanden baut ein Elektroauto namens «Lightyear Zero», das sich auch aus Sonnenstrahlen speist. Im besten Fall muss es laut dem «Spiegel» erst nach mehr als tausend Kilometern an die Ladesäule. Noch dieses Jahr soll das gut fünf Meter lange, flache Fahrzeug in Serienproduktion gehen.

Laut dem Artikel versucht auch das deutsche Start-Up Sono mit dem Kleinwagen Sion ein Solarauto an den Start zu bringen. Auch etablierte Hersteller wie Hyundai, Mercedes und Kia experimentierten mit der Technik.

Martin Heinrich vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme lässt sich im Artikel damit zitieren, ein entsprechend ausgestattetes Auto könne im deutschen Freiburg im Durchschnitt mit Solaranergie 2000 Kilometer pro Jahr zurücklegen.

Selbst im Szenario eines Schatten- oder Garagenparker, der das Auto nur zum Fahren ins Licht holt, seien noch 1200 Kilometer jährlich mit Solarenergie möglich. Diese Zahl wurde für süddeutsche Verhältnisse berechnet. Sie entspricht etwa zehn Prozent einer durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung.

Das Modell Lightyear Zero soll selbst unter norddeutschen Bedingungen auf 40 bis 50 Kilometer Solarstrecke pro Einsatztag im Sommer kommen. Das liegt laut dem Artikel an den fünf Quadratmeter Fotovoltaik-Zellen, die auf Fronthaube, Dach und Heckklappe montiert werden. Das Auto sei aber auch effizienter als andere Elektroautos. Billig wird das Fahrzeug indes nicht: Der Preis startet bei 250’000 Euro netto.

Schreiben Sie einen Kommentar

Diesen Artikel kommentieren