Je mehr PS, je teurer der Parkplatz – Das Problem der Flugtaxis – Neues Verkehrsrecht in Deutschland 🆓

Braucht Deutschland ein neues Mobilitätgesetz? Bild: Fionn Große / Unsplash

Je stärker motorisiert ein Auto ist, desto teurer soll sein Parkplatz sein: Dieses Modell verfolgt die Stadt Freiburg. Ein Schweizer Kanton will nachziehen. Ausserdem im Blick aufs Ausland: Ein Experte zerpflückt die Idee von Flugtaxis und in Deutschland wird ein neues Verkehrsrecht gefordert.

von Stefan Ehrbar
29. Mai 2021

Je mehr PS, je teurer der Parkplatz?


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Autos werden im Durschnitt grösser – und benötigen damit mehr Parkfläche. Die deutsche Stadt Freiburg will deshalb die Anwohnerparkkarten je nach Fahrzeuggrösse verteuern. Das berichtet das Portal «Infosperber».

Grössere Fahrzeuge wie SUVs würden demnach mit bis zu 360 Euro pro Jahr (umgerechnet 394 Franken) zur Kasse gebeten – 12 mal mehr als der heutige Einheitspreis von 30 Euro jährlich. Noch sei die genaue Ausgestaltung nicht klar, aber die Parkgebühren sollen auf jeden Fall steigen. So erhoffe sich die Stadtregierung auch einen verkehrslenkenden Effekt, schreibt das Portal. Demnach sollen auch soziale Kriterien berücksichtigt werden, so dass etwa Menschen mit Behinderungen oder tiefem Einkommen weniger bezahlen müssen.

Möglich wird das neue Modell, weil Gemeinden in Deutschland seit 2020 Parkgebühren selber festlegen dürfen. Die Umstellung ist eine Idee der lokalen Grünen, die von mehreren Initiativen unterstützt wird. Die neuen Preise sollen nach einer Formel festgelegt werden, welche die Länge, Breite, Höhe und das Leergewicht der Autos berücksichtigt. Die Parkgebühr für einen Audi Q7 oder einen VW-Bus mit Hochdach wäre damit etwa 20mal so hoch wie jene für einen Renault Twizy.

Die Gebührenerhöhung wurde laut Infosperber im Stadrat mit einer knappen Mehrheit angenommen. Ein praktikabler Vorschlag zur Umsetzung wurde aber noch nicht erarbeitet.

Ähnliche Pläne gebe es auch in der Schweiz: So wolle der Kanton Basel-Stadt die Gebühren für Anwohnerparkkarten nach benutzter Parkfläche staffeln, so das Portal. Ein entsprechender Antrag sei beim Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) eingegangen und werde von diesem geprüft.

Was bringen Flugtaxis?

Der deutsche Flugtaxipionier Volocopter hat vor einer Woche ein viersitziges Flugtaxi namens Voloconnect vorgestellt. Das Senkrechtstarter-Modell soll Vororte mit Städten verbinden und bis zu vier Passagiere elektrisch auf Strecken von bis zu 100 Kilometern mit maximalen Geschwindigkeiten von 180 Kilometern pro Stunde bewegen.

In einem Interview mit dem «Spiegel» dämpft der Luft- und Raumfahrtingenieur Kay Plötner die Hoffnungen. Er leitet die Abteilung Ökonomie und Verkehr bei Bauhaus Luftfahrt, einer Forschungseinrichtung zur Zukunft der Fliegerei, die unter anderem von Airbus und dem Land Bayern gefördert wird.

Die Einführung von Flugtaxis in fünf Jahren sei durchaus realistisch geworden, so Plötner. In den letzten Jahren sei bei den notwendigen Technologien vieles gegangen: So gebe es mittlerweile leistungsfähige Batterien, intelligente Sensoren, schnelle Rechner und 5G für die Kommunikation zum Boden. «Die Technik muss jetzt liefern – und sie könnte das durchaus», so Plötner.

Es gebe aber ein Dilemma, denn die Maschinen machen auch Lärm. «Wenn nur ein geringer Teil der Bevölkerung einen Nutzen davon hat, wie soll diese Technologie dann je breite Akzeptanz finden?», so Plötner. «Flugtaxis können in demokratischen Ländern nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, sie lärmverträglich in die Stadt zu integrieren und die Privatsphären derer zu schützen, über die sie hinwegfliegen. Ausserdem dürfen sie nicht wesentlich teurer sein als eine entsprechende Taxifahrt.»

Flugtaxis seien keine Lösung für jede Transportaufgabe. Für drei Kilometer in der Innenstadt würden sie nichts bringen. Im ländlichen Raum sei das anders. In Norwegen gebe es etwa Dörfer, die über Berge hinweg mit Städten verbunden werden sollen. Da mache ein Flugtaxi mehr Sinn als der Bau von Brücken und Tunnels.

In Städten blieben sie aber ein Nischenprodukt. Studien für die Metropolregion München zeigten, dass sie dort höchstens Transportanteile im Bereich von einem halben bis einem Prozent erreichen könnten. «Das Angebot kann gar nicht so gross werden, dass sich unten die Staus in den Strassen auflösen. Das liegt auch daran, dass die Start- und Landeplätze in der Stadt sehr zahlreich sein müssten, aber ihr Flächenbedarf ist gross und folglich kosten sie viel Geld», so Plötner.

Hinzu komme, dass es sehr ineffizient sei, senkrecht zu starten und zu landen. Zumindest in Europa sehe er den innerstädtischen Anwendungsfall darum «sehr kritisch».

Kriegt Deutschland ein neues Mobilitätsgesetz?

Die Klimabilanz des Verkehrs in Deutschland hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten nicht signifikant verbessert. Das soll sich aber nach jüngsten Plänen der Bundesregierung radikal ändern, berichtet die «Süddeutsche Zeitung». So sollen die Emissionen im Verkehr nun bereits bis 2030 um mindestens 42 Prozent sinken. Doch wie soll das geschehen?

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat einen Lösungsansatz entwickelt. Er hat in monatelanger Arbeit ein «Bundesmobilitätsgesetz» entworfen. Das Problem sei, dass es zwar in der heutigen Verkehrspolitik viele Ziele gebe, die aber selten in Gesetzen verankert seien. Das neue Regelwerk soll diese nun formulieren.

Mit dem Gesetz soll das Verkehrsministerium selbst Klimaziele und den Energiemix für verschiedene Sektoren vorschreiben können. Zudem soll die radikale Reduktion von Verkehrstoten ein gesetzliches Ziel werden, ebenso wie eine «ausreichende, alltagstaugliche Mobilität» für alle.

Der Gesetzentwurf sieht laut der Zeitung vor, die künftige Planung von Verkehrswegen stärker an gesellschaftlichen Zielen zu orientieren. Neue Strassen würde es nur noch geben, wenn das dem Klimaschutz dient. Wo in Städten keine Velowege vorhanden seien, solle grundsätzlich Tempo 30 gelten. 

Andere Fragen hingegen blieben offen. Ziel des VCD sei es denn auch eher, aufzuzeigen, dass sich der Rechstrahmen ändern müsse. Axel Friedrich, langjähriger Abteilungsleiter im Umweltbundesamt, sagt der Zeitung: «Der klimafreundliche Umbau des Verkehrs wird nur möglich sein, wenn die Politik auch klar formuliert, welches Ziel sie eigentlich hat.»



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