30 Städte verbieten Lieferungen mit Verbrennern – Millionen Menschen sollen vom Flugzeug in die Bahn 🆓

Die Deutsche Bahn will mehr Flugreisende transportieren. Bild: DB

Der wöchentliche Blick ins Ausland diese Woche mit 30 niederländischen Städten, die nur noch CO2-freie Lieferungen erlauben wollen, einer neuen Partnerschaft zwischen der Deutschen Bahn und der Lufthansa und einer Studie, die Gefahren für Strassennutzer identifiziert.

von Stefan Ehrbar
17. April 2021

Lieferungen ohne CO2

Die Niederlande sind das erste Land der Welt, das seinen Städten erlaubt, Verbrennerfahrzeuge in bestimmten Zonen zu verbieten. Amsterdam, Rotterdam und Utrecht haben bereits solche Umweltzonen eingerichtet. In Amsterdam dürften dort etwa die umweltschädlichsten Autos, Lastwagen und Firmenwagen nicht mehr verkehren. Bürger können mit einem Kennzeichenprüfer im Internet nachschauen, ob sie mit ihrem Fahrzeug in diese Zonen fahren dürfen.

Bis 2025 sollen nun in 14 niederländischen Städten nur noch emissionsfreie Lieferungen erlaubt werden. Das schreibt das Portal «European Sting». Weitere sollen folgen: Die niederländische Umweltministerin Stientje van Veldhoven erwartet, dass bis im Sommer insgesamt 30 Städte solche Pläne ankündigen. Ein solches Verbot von Verbrennerfahrzeugen muss jeweils mindestens vier Jahre im Voraus angekündigt werden.

Ab 2030 soll auf diese Art und Weise eine Megatonne CO2 pro Jahr eingespart werden. Viele niederländische Städte wie Amsterdam unterstützen ihre Einwohner und Firmen finanziell, wenn sie auf ein emissionsfreies oder -armes Fahrzeug umsteigen. Zudem spricht die niederländische Regierung Unterstützungsgelder in der Höhe von bis zu 5400 Franken, um Firmen beim Umstieg auf Elektrofahrzeuge zu helfen.

Auf der Internetseite der niederländischen Regierung lässt sich der Bürgermeister der Stadt Tilburg damit zitieren, dass er sich einer nachhaltigen und sauberen Stadt verpflichtet fühle. «Um dieses Ziel zu erreichen, prüft der Stadtrat Optionen. Dazu gehören ein stadtweites Ladenetz und die Einführung von emissionsfreien Zonen für Lieferungen auf unseren Ringstrassen bis im Jahr 2025.» Solche Initiativen seien «unerlässlich», um die Luftqualität zu verbessern.

Ähnliche Ziele, wenn auch etwas weniger streng, verfolgen etwa Städte in Deutschland mit den «Umweltzonen» oder italienische Gemeinden mit den «zonas a traffico limitato». In London gibt es zudem die «Ultra Low Emission Zone». Fahrzeuge, die nicht den Abgasstandard Euro 6 erfüllen, müssen bis zu 130 Franken pro Tag bezahlen, um diese Zone im Zentrum der Stadt befahren zu dürfen. Noch im Oktober dieses Jahres wird die Zone erweitert.

Deutsche Bahn und Lufthansa kooperieren

Die Deutsche Bahn (DB) und der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) haben diese Woche einen «Aktionsplan für Zusammenarbeit und mehr Klimaschutz» präsentiert. Mit einer Reihe von Massnahmen sollen die Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern und das Mobilitätsangebot so verbessert werden, dass sich mehr Reisende für die Schiene entscheiden, heisst es in einer Mitteilung. Das gelte insbesondere bei der Anreise zu Drehkreuzflughäfen.

«Die Luftverkehrswirtschaft und die DB sehen das Potenzial, dass sich gut 20 Prozent der innerdeutsch mit dem Flugzeug Reisenden stattdessen für die Schiene entscheiden», heisst es. Das entspricht 4,3 Millionen Passagieren jährlich und würde eine Reduktion der CO2-Emissionen im innerdeutschen Luftverkehr um einen Sechstel bedeuten.

Erreicht werden sollen die Ziele mit drei Massnahmen:

  • Das Angebot an Zubringerzügen zu internationalen Flügen wird aufgestockt. Neue schnelle Bahnverbindungen sollen vor allem Zubringerflüge zu grossen Drehkreuzen wie Frankfurt und den Individualverkehr mit dem Auto zum Flughafen auf die Schiene verlagern. Dazu wird das Angebot von Lufthansa Rail Express ausgebaut.
  • Leichteres Umsteigen: Eine «optimierte Wegeführung und Beschilderung» soll den Umstieg zwischen Flugzeug und Bahn einfacher machen. Auch die Gepäckhandhabung soll vereinfacht werden. Den Start macht der Flughafen Frankfurt.
  • Schnellere Zugverbindungen: Im Rahmen des Deutschlandtakt sollen die Reisezeiten der Bahn zwischen Metropolen reduziert und Anschlusszüge aufeinander abgestimmt werden.

Der Vorstand von DB Personenverkehr, Berthold Huber, wird wie folgt zitiert: «Bereits zum Fahrplanwechsel ab Dezember bieten wir mit neuen superschnellen Sprinter-Verbindungen mehr Alternativen zu Kurzstreckenflügen an. Zusätzlich binden wir die Flughäfen noch enger an die Schiene an. Dabei wollen wir eng mit der Luftfahrt zusammenarbeiten.»

Das macht Strassen gefährlich

Jedes Jahr sterben weltweit 1,3 Millionen Menschen bei Strassenunfällen. Forscher der ISI Foundation in Turin und der Universität Kopenhagen haben nun untersucht, welche ergriffenen Massnahmen in europäischen Städten besonders geeignet sind, die Zahl der Unfälle zu reduzieren. Diese Woche wurde ein Preprint der Studie veröffentlicht.

Dazu wurden Unfalldaten aus 24 Städten in 5 Ländern ausgewertet, darunter Paris, Rom, Madrid und London. Es zeigte sich: Die Städte mit dem höchsten Anteil von Fussgängern und Velofahrern sind gleichzeitig die sichersten für diese Gruppen. Mehr Strassen mit geringerem Tempolimit hingegen würden nur die Zahl der Verletzten bei Autounfällen signifikant reduzieren, nicht aber jene der verletzten Fussgänger oder Velofahrer. «Massnahmen, die eine Erhöhung des Anteil des Velos und der Fussgänger zum Ziel haben, sind der Schlüssel für mehr Sicherheit für alle Strassenbenutzer», heisst es im Papier.

Autos sind in den untersuchten Städten für die meisten tödlichen Unfälle verantwortlich, während Fussgänger und Velofahrer «praktisch kein Risiko für andere darstellen».

Eine Kollision eines Verkehrsmittels links mit einem aus der Kategorie unten sorgte 2018 für eine bestimmte Anzahl Todesfälle in den aufgeführten Städten. Der Pfeil steht für Unfälle mit nur einem Beteiligten (Selbstunfälle). Beispiel: Bei Kollisionen zwischen Motorradfahrern und Autofahrern verstarben 2018 London 371 Menschen.

Am wenigsten Unfälle mit Todesopfern oder Schwerverletzten pro Einwohner wurden in Oslo, Barcelona und Lille verzeichnet, am meisten in Sheffield, Marseille und Rom. Auch London, Birmingham und Leeds sind weit oben in der Rangliste – und damit auffallend viele Städte in Grossbritannien.

Unfälle mit Todesopfern oder Schwerverletzten pro Million Einwohner im Jahr 2018.

Ein hoher Anteil von Fussgängern in einer Stadt reduziert nicht nur das Risiko für diese, in einen schweren Unfall verwickelt zu werden, sondern senkt auch das Unfallrisiko für Autofahrer, schreiben die Autoren. «Obwohl in vielen Städten signifikante Anstrengungen unternommen wurden, um die Strassensicherheit in die Verkehrsplanung einfliessen zu lassen, bleibt der Anreiz, zu Fuss zu gehen, die vielversprechendste Methode.» Die Autoren weisen auch auf Limitationen der Studie hin. So wurden etwa Daten zu Strassen mit tiefen Tempolimit von OpenStreetMap bezogen. Historische Daten konnten so nicht in die Studie einfliessen.



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