Eine deutsche Industrie- und Handelskammer fordert einen raschen Ausbau der Bahninfrastruktur zwischen Stuttgart und Zürich. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland: Weniger Kunden als gedacht kommen mit dem Auto – und im Klimavergleich ziehen Elektroautos den Wasserstoffautos davon.
von Stefan Ehrbar
23. Juli 2021
Ausbau zwischen Stuttgart und Zürich gefordert
Obwohl eine parteiübergreifende Einigkeit darüber besteht, die Bahnstrecke zwischen Stuttgart und Zürich auszubauen, würden seit Jahren kaum Fortschritte erzielt. Das kritisiert die Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg diese Woche in einer Mitteilung.
Die Strecke müsse «zu einem leistungsfähigen Korridor für den Personen- und Güterverkehr mit internationaler Bedeutung ausgebaut werden», wird die Handelskammer in der «Neuen Rottweiler Zeitung» zitiert. Die Wirtschaft zwischen Stuttgart und Zürich sei sich darin einig. Das Bundesverkehrsministerium und die Deutsche Bahn müssten nun schnellstmöglich den Fahrplan und die Infrastruktur aufeinander abstimmen.
Viele auch unangenehme Fragen bedürften einer Klärung, etwa zu einzelnen Halten in Böblingen oder Singen. «Der Gesamtausbau darf nicht verschleppt werden», heisst es in der Mitteilung. Es brauche nun ein regelmässiges und verbindliches Format mit Vertretern der Wirtschaft, der Bahn und der Politik, auch aus der Schweiz. Viele der ursprünglichen Planungen seien noch nicht einmal begonnen worden.
Kurt Lanz, Mitglied der Geschäftsleitung bei Economiesuisse, wird ebenfalls zitiert. Die Schweiz habe in der Vergangenheit viel in die Schieneninfrastruktur investiert. Dementsprechend gross sei das Interesse am Ausbau der Schienenachse Stuttgart-Zürich als funktionierende Zulaufstrecke zum Gotthard-Tunnel.
Die Strecke soll im Rahmen des Ausbauprojektes Gäubahn ausgebaut werden. Dazu gehören neue Gleise und eine Anbindung zum Flughafen Stuttgart mit dem Gäubahntunnel. Auf dem deutschen Abschnitt soll damit eine Beschleunigung um rund 20 Minuten erreicht werden. Die Kosten für den Ausbau werden auf 2,1 Milliarden Euro geschätzt. Mit der Planung soll nun begonnen werden, wie das Bundesverkehrsministerium im Frühling dieses Jahres bekannt gab. Konkrete Termine wurden allerdings für die Umsetzung nicht genannt.
Händler überschätzen die Rolle des Autos
Viele Detailhändler befürchten sinkende Umsätze, wenn Parkplätze abgebaut werden oder Strassen vor ihren Läden autofrei werden. Eine neue Studie am Beispiel von zwei Einkaufsstrassen in Berlin zeigt nun, dass Händler damit das Mobilitätsverhalten ihrer Kunden falsch einschätzen.
Forscher des Institute for Advanced Sustanability Studies (IASS) in Potsdam haben rund 2000 Kundinnen und Kunden und 145 Einzeländler am Kottbusser Damm und der Hermannstrasse befragt. Dabei zeigte sich: 93 Prozent der Einkaufenden waren nicht mit dem Auto gekommen. 91 Prozent des Geldes, das die Kundinnen und Kunden ausgaben, kamen von Kunden, die mit dem Velo, dem ÖV oder zu Fuss angereist waren. Autofahrer waren also nur für 9 Prozent der Umsätze verantwortlich.
«Dieser Befund kommt keineswegs überraschend. Er deckt sich mit Studien, die 2019 über die Innenstädte von Offenbach, Gera, Erfurt, Weimar und Leipzig erschienen sind. Auch die Forschung über Mobilität und lokale Wirtschaft aus anderen europäischen Ländern, aus Nordamerika und Australien spiegeln die gleichen Erkenntnisse wider», wird IASS-Wissenschaftler Dirk von Schneidemesser zitiert.
Händlerinnen und Händler in den untersuchten Städten überschätzten den Anteil der Kunden, die mit dem Auto kommen – wo sie ihn bei 22 Prozent vermuten, liegt er nur bei 7 Prozent. Diese Fehleinschätzung könnte laut den Forschern damit zusammenhangen, dass Händler von sich auf andere schliessen. Händler, die selber mit dem Auto zum Geschäft fahren, schätzen die Autonutzung ihrer Kunden höher ein, als sie tatsächlich ist.
Auch überschätzen Händler die Distanzen, die Kunden zu ihrem Geschäft zurücklegen. Mit 51 Prozent wohnte über die Hälfte der befragten Kundinnen und Kunden weniger als einen Kilometer von den untersuchten Einkaufsstrassen entfernt.
Elektroautos bauen Klimavorteil aus
Der Anteil von Elektroautos an den Neuzulassungen steigt stetig – auch in der Schweiz, wo er zuletzt bei 10 Prozent lag (Mobimag berichtete). Immer wieder gibt es aber Diskussionen darüber, für wie viele Emissionen die Elektroautos tatsächlich verantwortlich sind. Denn in vielen Ländern müssen sie etwa mit Strom aus nicht erneuerbaren Quellen geladen werden.
Eine Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) kommt nun zum Schluss: Elektroautos schneiden nicht nur deutlich besser ab als Autos mit Verbrennungsmotor, sie sind zuletzt auch noch einmal deutlich besser geworden. Das berichtet der «Spiegel».
Ein Elektroauto der Kompaktklasse setzt laut der Studie 66 bis 69 Prozent weniger Treibhausgase frei als ein Benzin-Auto. Dabei wurde die gesamte Lebensdauer der Autos betrachtet, von der Herstellung und der Fertigung der Batterien bis zum Betrieb. Berücksichtigt wurde auch, dass Batterien teilweise auf anderen Kontinenten mit anderem Strommix gefertigt werden, etwa in China.
Für die Studie wurde der Strommix für die Jahre 2021 bis 2038 zugrunde gelegt. Da zumindest in Europa erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden, dürfte sich der Emissionsvorteil von Elektroautos weiter verbessern – laut den Studienautoren im Jahr 2030 auf etwa 74 bis 77 Prozent.
Die Klimabilanz von Elektroautos wurde zuletzt deutlich besser, weil mittlerweile weniger Energie im Fertigungsprozess benötigt wird. Zudem verbessert sich der Strommix. Wie die Studienautoren schreiben, weisen auch Wasserstoffautos grundsätzlich eine gute Bilanz auf. Doch deren Herstellung ist energieintensiver, womit dem Strommix grössere Bedeutung beikommt.
Dass die Herstellung von Batterieautos klimaschädlicher ist als jene von Wasserstoffautos, trifft demnach nicht zu. Denn bei der Fertigung von Wasserstofftanks aus Carbonfasern entstehen etwa gleich viele Treibhausgase wie bei der Fertigung von einem mittelgrossen Akku für Elektroautos.
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