Berlin plant Mindesttarife für Uber & Co. // Verlieren Elektroautos an Attraktivität? // Werden die Aviatik-Emissionen unterschätzt?

Ist die Aviatik klimaschädlicher als gedacht? Bild: Kevin Woblick/Unsplash

Berlin will Mindesttarife für Uber und Co. einführen, um Taxis zu schützen. Die Fahrdienste wollen sich mit allen Mitteln wehren. Ausserdem im Blick aufs Ausland mit Links zu spannenden Geschichten: In Deutschland verlieren Elektroautos wegen der Politik an Boden – und die Emissionen der Aviatik wurden jahrelang unterschätzt.

von Stefan Ehrbar
12. April 2024

Berlin plant Mindesttarife für Uber und Co.

Die deutsche Hauptstadt Berlin will ihre Taxifahrer schützen. Geschehen soll dies mithilfe eines «Taxischutzgesetzes». Darüber berichtet diese Woche die «Berliner Zeitung».

Demnach hat die Senatsverkehrsverwaltung bekräftigt, Mindestfahrpreise für den sogenannten Mietwagenverkehr einzuführen. Dazu gehören auch Fahrdienste wie Uber, Bolt und Freenow, die oft zu tieferen Preisen genutzt werden können als konventionelle Taxis.

Die Möglichkeit, tarifliche Untergrenzen einzuführen, existiert laut dem Artikel bereits seit fast drei Jahren. Im August 2021 trat demnach das Personenbeförderungsgesetz in Kraft, das Städten und Landkreisen diese Möglichkeit einräumt. Doch die neue Befugnis sei in Berlin bisher nicht genutzt worden.

Das soll sich ändern. Eine Sprecherin der Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) teilt mit, die Vorbereitung für die Einführung von Mindestpreisen im Mietwagenverkehr laufe. Wann die neue Regel kommt, ist aber noch unklar.

Die Einführung von Mindestpreisen für den Mietwagenverkehr sei «voraussichtlich zum Jahresende realistisch», heisst es in der Stellungnahme der Sprecherin.

«Zuletzt war davon die Rede, dass die Preis-Untergrenze früher kommen sollte. Doch die Juristen wollen das Vorhaben rechtssicher vorbereiten. Denn sie wissen, dass es Gegenwind geben wird, und rechnen mit Gerichtsverfahren», schreibt die Zeitung. Einer der App-Betreiber, das estnische Unternehmen Bolt, habe das angekündigt. «Wir gehen von der Rechtswidrigkeit eines Mietwagenmindestpreises aus und halten uns alle Rechtsmittel offen», wird ein Bolt-Sprecher zitiert.

Einem neuen Mindestpreis seien national und europäisch enge rechtliche Grenzen gesetzt. Im Juni 2023 habe der Europäische Gerichtshof in einem Fall in Barcelona beschlossen, dass die Einführung von Mindestpreisen nicht mit dem Ziel gerechtfertigt werden könne, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von konventionellen Taxidiensten zu gewährleisten.

Auch Uber hält wenig von den Ideen. «Rein wirtschaftliche Motive der Taxiunternehmer stellen keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses dar», sagt ein Sprecher. Das US-Unternehmen habe dies von einer Anwaltskanzlei prüfen lassen. Die Branche argumentiert zudem, dass sich mit der neuen Regel weniger zahlungskräftige Menschen keine Fahrten mit Uber und Co. mehr leisten könnten.

Elektroautos in Deutschland weniger attraktiv

Ende März sind die grossen Rabattaktionen bei VW für die Elektroauto-Modelle ID3, ID4 und ID5 in Deutschland zu Ende gegangen. Zudem hat Audi die Rabatte für die Modelle Q4 e-tron und Q8 e-tron «praktisch auf null» gesetzt. Das heisst es in einer neuen Analyse von Auto-Analyst Ferdinand Dudenhöffer.

Gleichzeitig seien auch bei Opel im April die Rabatte für Elektroautos nochmals gekürzt worden. Das seien «schlechte Perspektiven für die Elektromobilität in Deutschland». Das Elektroauto gehe dort schweren Zeiten entgegen, schreibt Dudenhöffer. «Die Rabatt-Kürzungen passen ins Bild der konservativen Parteien in Deutschland. Die EVP fordert das Ende des Verbrennerverbots im Europawahlkampf allen voran mit Parteivorsitzenden Manfred Weber, am Wochenende hat sich Sarah Wagenknecht mit ihrer BSW mit dem Aufruf zurück zum Verbrennungsmotor in Szene gesetzt, die AFD steht schon lange für den Verbrenner und Christian Lindner hat mit seinem Veto in Brüssel den Weg in das Ende des Verbrennerverbots geebnet.»

Die Autobauer würden sich dieser Stimmung beugen und ihre Verkaufsunterstützungen für Elektroautos deutlich zurückfahren, schreibt Dudenhöffer.

Während im Februar und März der Rabattvorteil bei Elektroautos nur leicht schlechter gewesen sei als bei Verbrennern, sei das im April gekippt. «Nur noch 12,6% Nachlass auf den Listenpreis wurden via Internetvermittler für Privatkunden beim Kauf eines Elektroautos eingeräumt. Beim Verbrenner sind die Incentives sogar leicht gestiegen auf 16,9% in unserem Referenzmodell», heisst es in der Analyse.

Bei Kleinwagen und Kompaktwagen seien die vollelektrischen Autos in Deutschland derzeit zwischen 11’000 und 14’000 Euro teurer als Verbrenner. Der Markt für die Elektroautos gehe in den nächsten Monaten «weiter in die Knie».

«Mit den derzeitigen politischen Kampagnen gegen das Elektroauto aus Brüssel, der EVP oder jetzt BSW im Verbund mit der Lustlosigkeit zu teurer Verkaufsförderung sowie hohen Preisen beim Klein- und Kompaktfahrzeugen sind Marktanteile unter 10 Prozent im deutschen Automarkt für E-Autos nicht unrealistisch. Das E-Auto wird in Deutschland zum Nischenauto», schreibt Dudenhöffer.

Werden die Emissionen der Aviatik unterschätzt?

Die Aviatik ist energieintensiv und für einen grossen Anteil der Emissionen von Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Anteil der Luftfahrt an den weltweiten CO2-Emissionen beispielsweise beträgt je nach Quelle zwischen 2 und 4 Prozent. Etwa eine Gigatonne CO2 geht jedes Jahr aufs Konto der Flugzeuge. Doch selbst diese Zahlen könnten deutlich zu tief sein.

In den letzten Jahren sind die Daten zu den Emissionen – inklusive den vor- und nachgelagerten – immer detaillierter geworden. Nun stellt sich deshalb eine neue Frage: Wurden die Emissionen der Aviatik bisher unterschätzt?

Dieser Frage geht eine neue Studie von Autoren um Stefan Gössling vom Western Norway Research Institute nach. Die Studie namens «Are emissions from global air transport significantly underestimated?» wurde vor kurzem im Journal «Current Issues in Tourism» veröffentlicht.

Die Autoren haben dafür die Jahresberichte der nach Marktkapitalisierung 26 grössten Fluggesellschaften der Welt analysiert. Dabei haben sie einerseits festgestellt, dass die Berichterstattung zu den Emissionen noch immer sehr lückenhaft ist.

Andererseits zeigte sich aber auch, dass die Emissionen bisher unterschätzt worden sein dürften. «Die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die Emissionen des Bereichs 3 erheblich sind (etwa 30 % der Emissionen des Bereichs 1)», heisst es. Damit gemeint sind nachgelagerte Emissionen. In der Aviatik gehören zu diesen sogenannten Scope-3-Emissionen etwa jene, die durch den Betrieb von Fahrzeugen am Boden, während der Rollzeit am Boden oder durch den Einsatz von Hilfstriebwerken am Flughafen entstehen. Diese werden von den Airlines nur sehr lückenhaft dokumentiert – was dazu führt, dass ihr Anteil am Klimawandel unterschätzt wird.

Es gibt sogar Gesellschaften, die gar keine Daten zu Scope-3-Emissionen zur Verfügung stellen. Für das Jahr 2019 stehen laut der Studie nur Daten von 15 Fluggesellschaften zur Verfügung. Die Scope-3-Emissionen von diesen beliefen sich demnach auf 79,7 Mio. t CO2. Zum Vergleich: Dieselben Gesellschaften kommen auf 314 Millionen Tonnen CO2 bei Scope-1-Emissionen (also direkt mit dem Geschäft zusammenhängende wie etwa Treibstoffverbrauch in der Luft) und 1,4 Millionen Tonnen CO2 bei den Scope-2-Emissionen, also den vorgelagerten wie etwa bei der Herstellung von Treibstoff.

Dieser wesentliche Anteil von Scope-3-Emissionen dürfte bisher massiv unterschätzt worden sein, auch weil er zum Teil gar nicht ausgewiesen wurde. Gleichzeitig zeigt die Analyse, dass es sich um durchaus eindrückliche Mengen handelt.

«Die vorläufige Schlussfolgerung lautet, dass die Emissionen aus dem Luftverkehr in den Bereichen 1-3 um ein Drittel höher sind als die Bewertungen in Bereich 1 vermuten lassen», schreiben die Studienautoren. «Diese Forschungsergebnisse müssen für den gesamten Sektor bestätigt werden, was derzeit aufgrund des Mangels an Daten und der uneinheitlichen Berichterstattung unmöglich ist.»

Wesentlich sei etwa, dass die Qualität der Berichterstattung verbessert werde. «Angesichts dieser Ungereimtheiten lassen die in diesem Papier ausgewerteten Daten darauf schliessen, dass die Energieintensität des Luftverkehrs sowie der Gesamtbeitrag des Sektors zum Klimawandel nicht vollständig berücksichtigt werden. Betrachtet man die Scope-3-Emissionen, so zeigt sich, dass das Luftverkehrssystem deutlich mehr Energie benötigt, als die derzeitigen Bewertungen mit Schwerpunkt auf Scope 1 vermuten lassen», heisst es in der Studie.

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