Streit um Autobahn in Deutschland // Nachtzug zwischen San Francisco und Los Angeles // Wird Deutsche Bahn aufgespalten?

Deutsche Autobahnen sind teils sanierungsbedürftig. Bild: Schwoaze/Pixabay

Der deutsche Verkehrsminister will Autobahnen beschleunigt ausbauen. Damit verärgert er die Bundesländer. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland mit den Links zu spannenden Geschichten: Zwischen San Francisco und Los Angeles könnte bald ein Nachtzug verkehren – und die Deutsche Bahn könnte aufgespalten werden.

von Stefan Ehrbar
21. April 2023

Streit um Autobahnausbau in Deutschland

Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will 145 Ausbauprojekte von Autobahnen beschleunigt umsetzen. Bis in einer Woche sollen die Bundesländer Stellung zu diesen Projekten beziehen, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) diese Woche.

Auf der Liste stehen demnach Projekte in den Bundesländern Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen, Bremen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. In den Ländern regt sich nun Widerstand.

Es sei eine «Unverschämtheit», dass sie so schnell Stellung beziehen müssten, zitiert RND einen Insider. Wissing wolle den Ländern den schwarzen Peter zuschieben. In sechs der sieben betroffenen Bundesländer sind die Grünen an der Regierung beteiligt, die den Autobahnausbau kritisch betrachten.

In Nordrhein-Westfalen etwa, wo 66 der 145 Projekte umgesetzt werden sollen, tritt Verkehrsminister Oliver Krischer von den Grünen laut wdr.de «demonstrativ auf die Bremse». Während Wissing schnell möglichst viele neue Autobahnkilometer neu bauen wolle, vertrete Krischer das Mantra «Erhalt vor Neubau».

Die aktuellen Pläne seien noch nicht einmal auf der Verkehrsministerkonferenz im März vorgestellt worden, sagte Krischer demnach am Dienstag. «Und dann sollen innerhalb von acht Tagen alle deutsche Landesregierungen mal eben einer Liste zustimmen, die sich Herr Wissing mal eben ausgedacht hat.» Auf dieser Basis lasse sich keine seriöse Entscheidung treffen.

Zudem seien die Personal- und Finanzmittel begrenzt. «Ich würde mir wünschen, dass sich Volker Wissing vor allen Dingen darum kümmert, dass die 873 kaputten Autobahnbrücken, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, saniert werden», so Krischer in einem Interview. In Aachen musste etwa eine Autobahn gesperrt werden, weil eine Brücke wegen Baufälligkeit gesperrt ist.

Auch die Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid im gleichen Bundesland ist aus ähnlichen Gründen gesperrt.

Kritik kam auch aus Hessen. Der dortige Landesverkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sagte diese Woche zum RND, es fehle schon heute Personal. Es sei eine offene Frage, wie viele Planer und Ingenieure es bei der zuständigen Autobahn GmbH überhaupt gebe, um eventuelle Beschleunigungen zusätzlich zu dringend benötigten Sanierungen umzusetzen.

Am Donnerstag fand laut Informationen des Mediums ein Treffen von Beamtinnen und Beamten des Verkehrsministerium des Bundes und der Länder statt. Wenn gar nicht genügend Personal für die Vorhaben zur Verfügung steht, drohen laut Oliver Krischer «Planungsfriedhöfe».

Die Projekte sollen beschleunigt werden, indem im Einvernehmen mit den Bundesländern ein überragendes öffentliches Interesse festgeschrieben wird.

Nachtzug in Kalifornien geplant

Die beiden kalifornischen Metropolen San Francisco und Los Angeles könnten bald von einem Nachtzug verbunden werden. Das berichtet das Portal sfgate.com diese Woche.

Hinter dem Projekt steht die private Firma Dreamstar Lines Inc. aus Newport Beach. Sie plant einen «First class»-Nachtzug zwischen den beiden Städten an der US-Westküste. Es wäre der erste Nachtzug auf dieser Strecke seit Jahrzehnten.

Die Firma will sich um Beschaffung des Rollmaterials, die Finanzierung, das Personal und die Verträge kümmern, die erforderlich sind, um den Nachtzug zum Rollen zu bringen.

Die Staus auf den Strassen und die Verspätungen auf der Flugstrecke zwischen San Francisco und Los Angeles bieten laut dem Unternehmen eine Chance für den Zug. Gründer Tom Eastmond sagt, ein Nachtzug könne «die Distanz im Schlaf vernichten». Der Zug würde gegen 22 Uhr abfahren und etwa um 8.30 Uhr ankommen. Er würde grösstenteils die gleiche Strecke wie der tagsüber verkehrende Coast Starlight von Amtrak nutzen, der allerdings San Francisco auf seiner Reise von Los Angeles nach Seattle nicht direkt anfährt.

Die Firma führt laut eigenen Angaben Gespräche mit den Firmen Union Pacific Railroad und der Firma Metrolink, die je einen Teil der 470 Kilometer langen Strecke besitzen oder kontrollieren. Zudem müsste Dreamstar sich mit der Gesellschaft Caltrain einigen, um nach San Francisco fahren zu können. Diese Gespräche sollen später aufgenommen werden.

Der ehemalige Caltrain-Chef Mike Scanlon ist ebenfalls ins Projekt involviert. Er spricht gegenüber der Zeitung von einem «fahrenden Hotelzimmer für ein Nischenpublikum». Das Projekt könne wirtschaftlich sein und auch in der Praxis funktionieren. Die Firma wünscht sich ein modernes Erscheinungsbild. Die Züge würden aus fünf bis sechs Schlafwagen bestehen, einer davon mit Lounge und Getränke- und Essensservice.

Wird die Deutsche Bahn aufgespalten?

Die Union aus CDU und CSU hat diese Woche mit dem Plan von sich reden gemacht, die Deutsche Bahn aufzuspalten.

Konkret sollen die Bereiche Netz, Bahnhöfe und Energie aus dem Konzern in eine «Infrastruktur GmbH» überführt werden, wie zdf.de berichtet. Der Vorschlag komme aus der Unionsfraktion im Bundestag und sei in einem Positionspapier festgehalten.

Als Vorbild soll demnach die Autobahngesellschaft des Bundes dienen. Die Bundesregierung soll damit unabhängig vom Bahn-Konzern entscheiden können, welche Strecken saniert oder neu gebaut werden, zudem würde die Finanzierung der Infrastruktur mehrheitlich aus dem Bundeshaushalt übernommen. So könnte die Finanzierung sichergestellt werden.

Im Bahn-Konzern sollen demnach die Abteilungen Nahverkehr, Fernverkehr und Gütertransport verbleiben. Die Holding der DB soll aufgelöst und die Struktur mit 740 Beteiligungen und Tochtergesellschaften entflochten werden.

Mit der jetzigen Strategie könne die DB weder das laufende Geschäft noch die Wachstumsziele erfüllen, sagte CSU-Verkehrsexperte Ulrich Lange der «Augsburger Allgemeine». Zudem soll die Reform den privaten Betreibern bessere Chancen einräumen und den Wettbewerb stärken.

«Wir haben in den letzten Jahren des unionsgeführten Verkehrsministeriums die Mittel für die Schiene mehr als verdoppelt, und trotzdem wird vieles nicht besser. Aber hieran können und müssen wir etwas ändern. Ich kann nicht erkennen, wie wir die Schiene mit der heutigen Struktur zum Verkehrsträger der Zukunft aufstellen können», so Lange. Damit meine er auch das aktuelle Management, das schuld am «miserablen Zustand auf der Schiene» habe.

Auch die Ampel-Regierung plant eine Reform. Der Unterschied zu seinem Vorschlag sei, dass die Ampel die bisherige Struktur erhalten und nur DB Netz und DB Station innerhalb des Konzerns zu einer gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammenfassen wolle. Das sei eine «Reform light», so Lange.

Kritik an der jetzigen Struktur der DB gab es auch vom Bundesrechnungshof, der die Trennung von Infrastruktur und Betrieb gefordert hatte. Der Eigentümer Bund brauche die Kontrolle über das Schienennetz und müsse den Konzern schnell umstrukturieren.

Der Direktor des Schweizer Bundesamt für Verkehr (BAV), Peter Füglistaler, hat den Vorschlag auf LinkedIn ebenfalls kommentiert. «In Deutschland wird wieder einmal die Trennung der DB gefordert. Es ist die ewige Hoffnung, dass Reorganisationen materielle Probleme lösen», schrieb er diese Woche. «Wo liegen die materiellen Probleme? In erster Linie wollte die Deutsche Bahn keine Bahn mehr sein, sondern ein börsenkotierter, gewinnorientierter, weltweiter Logistik-Konzern, der auch noch etwas Bahn in Deutschland macht.»

Im Zentrum müsse wieder die «Lust am Bahnfahren in Deutschland sein»: «Als staatseigener Konzern eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Das heisst Konzentration auf das Kerngeschäft (und damit Absage an die Verzettelung), langfristigen Investitionen ins Bahngeschäft (mit einer gemeinwohlorientierten Bahninfrastruktur als Grundlage für einen funktionierenden Bahnbetrieb) und dem anspruchsvollen Geschäftsmodell eines diskriminierungsfreien Angebots im Personen- und Güterverkehr mit konzerneigenen Anbietern und Wettbewerbern (wo die konzerneigenen Anbieter das Gebot der Nicht-Diskriminierung besonders hoch achten)», so Füglistaler. «Ein Bahnbetrieb verlangt ein hohes Mass an Koordination. Ein Bahnbetrieb in der Krise braucht noch viel mehr Koordination und Wille zur Zusammenarbeit. Eine Trennungsdiskussion hilft da nicht.»

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