
Das dritte Jahr in Folge wird in Deutschland mehr Benzin verbraucht. Welche Rolle spielen immer schwerere Autos? Ausserdem im Blick aufs Ausland mit Links zu spannenden Geschichten: Xiaomi überzeugt mit seinem Elektroauto an der Börse – und die deutsche Hauptstadt Berlin will von einer Verkehrswende nichts wissen.
von Stefan Ehrbar
5. April 2024
Deutschland verbraucht wieder mehr Benzin
Schon zum dritten Jahr in Folge ist im Jahr 2023 in Deutschland mehr Benzin verbraucht worden. Das berichten verschiedene Medien mit Verweis auf die amtlichen Mineralöldaten des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAF).
Die Inlandsablieferungen von sogenanntem Ottokraftstoff lagen demnach im Jahr 2023 bei 17,3 Millionen Tonnen. Das sind 416’000 Tonnen mehr als im Jahr 2022 und gegenüber dem Jahr 2020, als die Coronakrise einen stark dämpfenden Einfluss auf die Mobilität hatte, fast 1,1 Millionen Tonnen mehr.
Wie das Portal welt.de berichtet, sei der Benzinverbrauch in den Jahren vor der Coronakrise hingegen tendenziell rückläufig gewesen. So seien im Jahr 2010 noch 19,6 Millionen Tonnen abgesetzt worden. In der Zwischenzeit sei die Zahl der Elektroautos auf deutschen Strassen auf 1,4 Millionen gestiegen.
Gleichzeitig würden immer weniger mit Diesel betriebene Fahrzeuge abgesetzt. Diese Entwicklung sei aber vor allem auf die Lastwagen zurückzuführen und sei «weit stärker von der Konjunktur abhängig als die Zahlen fürs Benzin».
Wie es im Artikel weiter heisst, führe das deutsche Umweltbundesamt den ansteigenden Benzinverbrauch auf eine gestiegene Fahrleistung im sogenannten Leichtverkehr – also ohne Lastwagen oder Busse – zurück. Dieser lag allerdings immer noch deutlich unter 2019.
«Beim Münchner Ifo-Institut sieht man mehrere mögliche Faktoren für die Entwicklung: Auch hier wird ein gestiegenes Verkehrsaufkommen angeführt. Zudem könnte sich ein Ausweicheffekt von Diesel auf Benzin infolge von Fahrverboten und dem gesunkenen finanziellen Vorteil von Dieselfahrzeugen bemerkbar machen», schreibt das Portal.
Eine Rolle spielen könnte auch die Entwicklung beim Gewicht. Neue Autos werden tendenziell grösser und schwerer, was ihren Verbrauch nach oben treibt. Das gilt auch für mit Benzin betriebene Fahrzeuge.
Die Zahlen des BAFA entsprechen nicht den tatsächlichen Verkäufen von Benzin, sondern den an die Tankstellen gelieferten Mengen. Das Gewicht von Diesel und Benzin variiert je nach Zusammensetzung und Temperatur. Trotzdem lassen die Zahlen einigermassen verlässliche Rückschlüsse auf den tatsächlichen Verbrauch zu, besonders über einen längeren Zeitraum.
Xiaomi hängt mit Elektroauto Konkurrenz ab
Die chinesische Firma Xiaomi ist vor allem für ihre Elektronikprodukte bekannt. Das erst 2010 gegründete Unternehmen vertreibt etwa Smartphones, aber auch Geräte wie Staubsauger, Föne oder Smart-Home-Produkte. In der Schweiz betreibt das Unternehmen einen eigenen Laden im Einkaufszentrum Glatt in Wallisellen ZH.
Vor kurzem allerdings expandierte Xiaomi auch in den Automarkt. Im November 2023 stellte die Firma ihre erste elektrisch betriebene Limousine namens Xiaomi SU7 vor. Dieses Jahr wurde das Auto in Barcelona vorgestellt, Ende März begann der Verkaufsstart in China. Zumindest die Börse glaubt an das Modell. Wie das Portal spiegel.de berichtet, schnellte der Aktienkurs von Xiaomi um bis zu 16 Prozent in die Höhe. Der Börsenwert sei am ersten Handelstag nach dem Verkaufsstart um etwa 7,6 Milliarden US-Dollar auf 55 Milliarden Dollar gestiegen.
Damit ist Xiaomi an der Börse wertvoller als traditionelle Autobauer wie General Motors oder Ford. Allerdings erzielt Xiaomi laut dem Artikel 37,5 Milliarden US-Dollar mit dem Verkauf von Smartphones – und das Elektroauto dürfte ein Zuschussgeschäft sein.
Laut Analysten muss Xiaomi im hart umkämpften chinesischen Elektroauto-Markt mit einem Verlust von knapp 10’000 Euro pro Auto rechnen. Das Fahrzeug gibt es zu einem Einstiegspreis von unter 30’000 US-Dollar. In den ersten 24 Stunden des Verkaufs gingen nach Firmenangaben bereits fast 89’000 Bestellungen ein, die Lieferzeit betrage bis zu sieben Monate.
«Die Ambitionen des chinesischen Unternehmers sind dabei keineswegs bescheiden: Xiaomi soll in den nächsten 15 bis 20 Jahren zu einem der fünf grössten Autohersteller der Welt werden», heisst es im Artikel. Auf X, vormals Twitter, habe Firmenchef Lei Jun erklärt, wie er das Ziel erreichen wolle: vor allem mit «intelligenter Technik». Hier sieht sich Xiaomi angesichts seiner Smartphone-Erfahrung gut gerüstet.
Das Modell SU7 soll laut dem Firmenchef «das schönste, am besten zu fahrende und smarteste Auto sein». Er bezeichnete den Einstieg in die Autoproduktion laut dem Artikel als «letztes grosses unternehmerisches Projekt» seines Lebens. Auch andere chinesische Elektroauto-Hersteller dürften reagieren und ihre Preise senken.
Wie Berlin das Auto in den Fokus rückt
Viele Städte auf der Welt wollen ihr Strassennetz umbauen und Velofahrern, Fussgängern und dem ÖV mehr Platz geben. Das Auto soll dafür zurückgedrängt werden. Als positives Beispiel immer wieder genannt wird etwa Paris (Mobimag berichtete).
Es gibt allerdings auch eine Stadt, die den umgekehrten Weg geht – zumindest, wenn man der «Süddeutschen Zeitung» glaubt: Die deutsche Hauptstadt Berlin.
«Radwege werden überklebt, Tempo-30-Zonen abgeschafft. Dafür sollen in Zukunft Flugtaxis und eine Magnetschwebebahn den Verkehr entlasten», schreibt die Zeitung in einer neuen Reportage. Betitelt hat sie diese mit dem Titel «Verkehrswende rückwärts».
Im vergangenen Februar habe Kai Wegner von der CDU die Wahl zum Bürgermeister auch deshalb geschafft, weil er sich als Anwalt der Autofahrer präsentiert habe. «Seitdem gilt auf Berlins Strassen: mehr Rechte für den Stärkeren, also für den Kraftfahrer.»
So sei etwa ein Test beim berühmten Checkpoint Charlie wieder aufgehoben worden. Dort waren Ampeln so geschaltet, dass Fussgänger mehr Zeit hatten und Autofahrer länger warten mussten. Das sei nun wieder Geschichte. Gleichzeitig sei im vergangenen Jahr in Berlin nicht eine Busspur neu geschaffen worden und in der Friedrichsstrasse, die von der vorherigen Regierung beruhigt wurde, gelte wieder freie Fahrt für den motorisierten Individualverkehr.
«Die Verkehrswende in Berlin wurde abgewürgt», wird Ragnhild Sørensen vom Velolobbyverein Changing Cities zitiert. «Der Stillstand wirkt umso jäher, da Berlin jahrelang als Vorbild beim klimagerechten Umbau der Strassen galt», heisst es im Artikel.
Mit dem sogenannten Mobilitätsgesetz hätten die Vorgängerregierungen aus SPD, Grünen und der Linken einen ehrgeizigen Plan für die Verkehrswende verabschiedet. «Darin ist festgelegt, dass der Autoverkehr zugunsten von Fussgängern, Radfahrern, Bussen oder Strassenbahnen zurückgedrängt werden soll. Bis 2030 sollen 2700 Kilometer Radwege neu gebaut oder umgestaltet werden.»
Im Jahr 2023 seien aber nur gerade 24,5 Kilometer neue Velowege geschaffen worden – und seit dem Beschluss des Mobilitätsgesetzes insgesamt 150 Kilometer. Christine Ahrend, Professorin für Verkehrsplanung an der Technischen Universität Berlin sagt, sie habe keine grosse Hoffnung, dass Berlin bald zu vorbildlichen Metropolen wie Berlin aufschliesse.
Ein Problem ortet der Autor in der Politik der Berliner Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU), die keine Verkehrswende wolle, sondern nur «minimalinvasive Eingriffe». «Wir machen nicht Politik gegen das Auto, sondern mit dem Auto», wird sie zitiert. Allerdings gibt es auch Kritik an den Vorgängerregierungen: So hätten etwa die Grünen mit ihrem «schablonenhaften Vorgehen» geradezu eingeladen, einen Autofahrer-Wahlkampf zu betreiben.
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