So arbeitet eine ukrainische Airline trotz Krieg // Polestar mit Mega-Deal und Börsenplänen // Fracht: Niemand will mehr durch Russland

Güterzüge via Russland sind nicht mehr gefragt. Bild: Anton Ivanov / Unsplash

Die Airline Ukraine International führt trotz Krieg weiterhin Flüge durch. Wie das gelingt, erklärt ihr Finanzchef in einem Fernsehinterview. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland: Polestar erzielt einen Grosserfolg mit dem Autovermieter Hertz – und die Zugfracht durch Russland bricht ein.

von Stefan Ehrbar
8. April 2022

So arbeitet eine Airline trotz Krieg

Die Airline Ukraine International ist eigentlich krisenerprobt: Im Jahr 2014 schloss Russland mit der Annexion der Krim auch seinen Luftraum für ukrainische Flugzeuge. Sieben tägliche Verbindungen nach Moskau musste die Airline einstellen und verlor mit Simferopol und Donetsk starke Ziele. Im Januar 2020 wurde dann eine Boeing 737 der Airline in Teheran abgeschossen – wegen eines Irrtums der iranischen Revolutionsgarden. 167 Passagiere und neun Besatzungsmitglieder verstarben.

Doch ein Krieg wie der aktuelle, den Russland gegen das Land führt, ist auch für die Airline etwas Neues. In einem Gespräch mit Aviation TV hat Finanzchef Piotr Ikanowicz nun Einblicke in sein Leben seit dem Kriegsausbruch gegeben – und erklärt, warum die Airline trotzdem weiterhin Flüge anbietet. Über das Gespräch hat das Portal «Aerotelegraph» berichtet.

«Am Abend packte ich meinen Koffer, am nächsten Tag fielen bereits Bomben in der Nähe meiner Wohnung», sagte Ikanowicz im Gespräch zu seiner Reaktion nach dem Kriegsausbruch. Er sei nach Polen geflüchtet. Einige Mitarbeitende seien zur Armee gegangen. «Wir haben keinen Kontakt zu ihnen», so der Manager. Andere wiederum seien zu Hause geblieben. Das Management treffe sich täglich zur Videokonferenz.

Die Airline führe vor allem für Flüchtende weiterhin Flüge aus, die oft in Polen starteten. Einige Piloten seien im Ausland und könnten eingesetzt werden. Glücklicherweise seien bei Kriegsausbruch auch viele Flugzeuge im Ausland gewesen und jene, die in Kiew stationiert waren, wurden nicht von Bomben getroffen.

Deshalb will die Airline sich nun auch um Wet-Lease-Aufträge bemühen, um Einnahmen zu generieren. Das ist laut Ikanowicz auch eine Motivation für das Personal.

Die finanziellen Möglichkeiten der Airline gingen zu Ende. Dankbar sei er, dass viele Partner rücksichtsvoll seien und die Airline etwa Leasingraten oft aktuell nicht bezahlen müsse.

Wird Polestar zum neuen Tesla?

Der Elektroautohersteller Polestar, ein Joint Venture von Volvo und dem chinesischen Automobilkonzern Geely, will im ersten Halbjahr an die US-Börse Nasdaq.

Laut dem Börsenportal «Wallstreet Online» wird ein Börsenwert von bis zu 20 Milliarden US-Dollar angestrebt. Zum Vergleich: Volvo alleine hat eine Marktkapitalisierung von etwa 37 Milliarden Dollar.

Diese Woche nun konnte Polestar einen grossen Deal verkünden, der den Plänen in die Karten spielen dürfte. Der US-Autovermieter Hertz will in den nächsten fünf Jahren 65’000 Fahrzeuge von Polestar kaufen. Erste Autos sollen in Europa schon im Frühling und in Nordamerika und Australien Ende Jahr ausgeliefert werden.

Bisher hat Polestar die Modelle Polestar 1 und Polestar 2 lanciert. Drei weitere sollen bis 2025 folgen. Letztes Jahr hat Polestar 29’000 Fahrzeuge verkauft, 2025 sollen es knapp 300’000 werden.

«Polestar ist von seiner Wachstums-Dynamik her zwar kein Tesla, aber aufgrund seiner Einbettung in die Geely-Volvo-Produktions- und -Engineering-Welt von seiner Kostenseite und Effizienz gut aufgestellt. Mit Polestar kann man im Automarkt als wichtige Premiummarke rechnen», wird Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research im Artikel zitiert.

Die Strategie stimme. Auch die Aktienkurse von Volvo und Geely zeigten zuletzt stark nach oben.

Zugfracht durch Russland bricht ein

Die Containertransporte auf der Schiene zwischen Deutschland und Asien sind seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine zusammengebrochen. Das berichtet die «Wirtschaftswoche». Firmenkunden sorgten sich um die Sicherheit und wollten einen Transit durch Russland vermeiden.

Vor dem Krieg kamen etwa im deutschen Duisburg rund 60 Güterzüge pro Woche aus China an. Die Laufzeit von 12 bis 16 Tagen für die Strecke ist deutlich schneller als das Schiff. Gleichzeitig sind die Frachtraten tiefer als beim Flugzeug.

Die Züge auf dieser «neuen Seidenstrasse» fahren in der Regel durch Russland, Weissrussland und Polen. Sie würden weitestgehend planmässig verkehren, lässt sich der Hafenbetreiber Duisport zitieren, der auch im Geschäft mit den Güterzügen aktiv ist. Einige Kunden hätten aber Buchungen reduziert oder versuchten, Transporte auf den Seeverkehr umzustellen.

Das liege an der Sorge vor fehlendem Versicherungsschutz und Einschränkungen durch Sanktionen, die den Transport mancher Güter untersagen. «Immer mehr Businesskunden meiden die Transportwege auf der Schiene durch Russland. Andere Schienenrouten sind nur teilweise möglich», schreibt die Zeitung und fragt: «Wird Russland damit als Transitland dauerhaft zu einer No-Go-Zone?»

Verboten sind Schienentransporte via Russland nicht. Auch die Zusammenarbeit mit der Russischen Staatsbahn ist weiterhin erlaubt. Trotzdem sinkt die Nachfrage nun.

Die Deutsche Bahn etwa spricht von einer «deutlichen Zurückhaltung» bei den Unternehmenskunden, Container via DB Cargo oder DB Schenker auf Chinazüge zu buchen. Beim Hamburger Hafen berichtet man ebenfalls von einem Nachfrageeinbruch: «Wir hören von einem starken Rückgang an Buchungen auf Kundenseite, die Waren nicht über Russland und Weissrussland transportieren wollen», teilt das Unternehmen mit. Die alternative Zugsroute, der sogenannte Mittlere Korridor, der südlich von Russland über die Türkei führt, könne nur begrenzt aushelfen, weil die Kapazität stark begrenzt sei.

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