Zwischen Berlin und Paris soll bald jeden Tag ein ICE fahren. Auch ein Nachtzug ist geplant. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland mit den Links zu spannenden Geschichten: Städte und der ÖV ignorieren oft die Bedürfnisse der Frauen – und in Norwegen wird das Schienennetz mit milliardenschweren Investitionen erweitert.
von Stefan Ehrbar
27. Januar 2023
Neue Verbindungen zwischen Berlin und Paris
Die französische Staatsbahn SNCF und die Deutsche Bahn wollen im Dezember 2023 einen neuen täglichen ICE zwischen Berlin und Paris einführen. Das kündigte der SNCF-Vorstandsvorsitzende Jean-Pierre Farandou diese Woche in Strassburg im Rahmen von Feierlichkeiten zur deutsch-französischen Freundschaft an.
Die Bahn stelle fest, dass es Menschen gebe, die immer längere Fahrzeiten in Kauf nähmen, berichtet das Portal 20minutes.fr. Es gebe Menschen, die bereit seien, fünf, sechs oder sieben Stunden in einem Zug zu verbringen. Zwischen Paris und Berlin dürfte die Fahrzeit etwa sieben Stunden betragen.
Vor ein paar Jahren habe das die SNCF noch für zu lange befunden und befürchtet, dass es keine Nachfrage gebe. Aber das habe sich geändert. Zudem sei Zugfahren eine Möglichkeit, Mobilität und Naturschutz zu versöhnen.
Zunächst soll die tägliche Hin- und Rückfahrt von Berlin via Frankfurt nach Paris mit einem ICE geführt werden. Das Angebot könnte später durch einen TGV ergänzt werden, wie Alain Krakovitch sagte, Direktor für die TGV bei SNCF.
Der SNCF-Manager wird damit zitiert, viele Menschen wollten heute lieber Bahn fahren. Die SNCF stelle etwa fest, dass die Züge zwischen Paris und Mailand und Paris und Barcelona «erstaunlich gut» ausgelastet seien.
Zwischen Paris und Mailand fahren die SNCF seit gut einem Jahr in Konkurrenz zur italienischen Bahn Trenitalia. Das Angebot auf der Strecke wurde seither verdoppelt. Die Züge der SNCF seien trotzdem voll, so Krakovitch. Das müsse auch für die neue Verbindung von Berlin nach Paris das Ziel sein. Bereits der bestehende TGV von Frankfurt nach Marseille sei ein Erfolg.
Ausgebaut werden soll das Angebot auch in der Nacht. Ab Ende 2023 wollen die ÖBB einen neuen Nachtzug zwischen den beiden Hauptstädten anbieten. Dieser soll in Zusammenarbeit mit den SNCF und der Deutschen Bahn betrieben werden.
Ausgebaut werden soll laut einer Meldung des Portals travelbook.de auch das Angebot zwischen Frankfurt, Stuttgart und Paris. Zudem seien weitere Schnellverbindungen von Deutschland nach Südfrankreich im Gespräch. Mit einer Aktion wollen die beiden Länder anlässlich des 60. Jubiläums des Élysée-Vertrags ab diesem Sommer auch ein binationales Sonder-Zugticket einühren. 60’000 Jugendliche und junge Erwachsene sollen dieses gar geschenkt bekommen.
So funktionieren Städte für Frauen
Wie würden Städte aussehen, wenn sie für Frauen gebaut würden? Wie könnten sie sicherer und inklusiver gestaltet werden?
Dieser Frage ist das Kollektiv ARUP nachgegangen. In einer Studie, die in Zusammenarbeit mit der University of Liverpool und dem United Nations Development Programme (UNDP) erstellt wurde, werden verschiedene Ansätze und ihre Wirkungen vorgestellt. Denn «ob zufällig oder geplant»: Städte trügen häufig selbst zu geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bei oder verstärkten diese. «Die Art und Weise, wie viele Städte gebaut sind, macht Frauen oft unsicher, sorgt nicht für die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse und schränkt ihre sozialen und wirtschaftlichen Chancen ein». Durch das städtische Umfeld, in dem sie leben und arbeiten, seien weltweit viele Frauen unterversorgt.
Viele Probleme seien schon lange bekannt, heisst es in der Studie. Trotzdem bestünden sie in vielen Städten weltweit nach wie vor. Der Bericht nennt etwa sexuelle Gewalt und Belästigung in städtischen öffentlichen Räumen und unzureichende sanitäre Anlagen. Die Mehrheit der Frauen habe das Gefühl, dass Gebäude, Infrastruktur und öffentliche Räume ihre Bedürfnisse nicht berücksichtigten; auch, weil die zuständigen Positionen auf Regierungs- und Managementstufe meist männlich besetzt seien.
Die Probleme haben laut der Studie auch Einfluss auf die Mobilität. So bewegen sich Frauen wegen Sicherheitsbedenken weniger häufig fort als Männer. Eine Studie in 28 «global cities» habe gezeigt, dass Frauen 10 Prozent häufiger das Gefühl hätten, in U-Bahnen unsicher zu sein. Sexuelle Belästigung im ÖV sei eine der häufigsten Sorgen.
Gewalterfahrungen im ÖV verringerten die wirtschaftlichen Chancen von Frauen. Wenn sie sich für sichere Verkehrsmittel entschieden – etwa für Taxis oder Mitfahrgelegenheiten – sei dies mit höheren Kosten verbunden. Dadurch würden viele Frauen gezwungen, Jobangebote, die zu weit weg sind, abzulehnen, oder billigere, aber unsichere Arbeitswege zu nutzen. Laut einer Umfrage haben etwa in Jordanien 47 Prozent der Frauen bereits ein Jobangebot wegen des zu unsicheren Arbeitswegs im ÖV abgelehnt.
Die Vorschläge, die in der Studie gemacht werden, reichen von besserer Beleuchtung und besserer Sichtbarkeit an Haltestellen des ÖV (etwa durch den Einsatz von Glaswänden) über eine bessere Veloinfrastruktur, da das Velo eine günstige und sichere Art der Fortbewegung darstellt, bis hin zu Routenplanern, die sichere Wege aufzeigen.
Der grosse Bahnausbau in Norwegen
Die norwegische Hauptstadt Oslo will drei ihrer Intercity-Linien teilweise neu bauen. Damit sollen die Kapazität erhöht und die Fahrzeiten zu den wichtigsten übrigen norwegischen Städten um bis zu eine Stunde verkürzt werden. Über das Vorhaben berichtet der Blog «Mediarail».
Das Schienennetz in Norwegen sei heute durch viele Kurven und eingleisige Strecken geprägt und müsse umfassend überarbeitet werden. So sollen neue Abschnitte mit Geschwindigkeiten von bis zu 250 Kilometer pro Stunde gebaut werden.
Die Erweiterung des Netzes rund um Oslo werde damit begründet, dass die Städte in den Bezirken Vestfold und Østfold sowie das Ostufer des Mjøsa-Sees bedient werden könnten. Die Metropolregion Oslo werde erweitert und es könne ein homogenes städtisches Gebiet mit zwei Millionen Einwohnern geschaffen werden.
Die Region um Oslo dürfte bis 2040 um etwa 450’000 Menschen wachsen. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind deshalb nötig. Ein Ausbau des Strassennetzes ist laut Mediarail aus Platzgründen nicht mehr möglich. Der ÖV soll deshalb die Herausforderungen des Bevölkerungswachstums lösen.
Diese sowieso nötigen Ausbauten sollen mit dem Bau neuer Hochgeschwindigkeitsstrecken kombiniert werden. Eine Studie lieferte die Auswahl von drei Strecken: Oslo-Halden, Oslo-Lillehammer und Oslo-Drammen-Skien.
Dafür sollen die Bahnstrecken auf 230 Kilometern Länge neu verlegt oder verstärkt werden. Die Fahrzeit nach Lillehammer soll dank den Ausbauten um 51 Minuten sinken. Das Projekt soll mit einem Budget von 130 Milliarden Norwegischen Kronen ausgestattet werden (umgerechnet 12 Milliarden Franken).
Die Bauzeit dürfte realistischerweise etwa 13 Jahre betragen. Es dürften viele Kunstbauwerke und Tunnels nötig sein.
Zwei Baustellen stechen laut dem Artikel besonders hervor. Im ersten Fall sollen in der Region Tangen knapp 30 Kilometer neue Strecken gebaut werden, inklusive eines 3,1 Kilometer langen Tunnels und einer ein Kilometer langen Brücke. Im zweiten Fall geht es um eine Entflechtung der Strecke von Oslo zum Flughafen. Hier soll etwa eine 836 Meter lange Brücke gebaut werden, die von 268 Pfählen gestützt wird.
Im Blog finden sich Bilder und detaillierte Beschreibungen zu den einzelnen Baustellen.
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