Platzangebot in Zügen ist wichtig, Sauberkeit der WCs weniger: So misst die SBB die Zufriedenheit – welche Züge floppen

Erhalten ein schlechtes Zeugnis: Die DPZ-Züge der Zürcher S-Bahn. Bild: Claudio Schwarz/Unsplash

Um die Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden zu messen, führt die SBB über 10’000 Befragungen pro Monat durch und errechnet einen Gesamtwert. Doch was ist der Bahn wichtig und was nicht? Ein neues Dokument zeigt, wie sich der relevante Index zusammensetzt – und wo die Bahn zuletzt schlecht abschnitt.

von Stefan Ehrbar
19. März 2024

Dass die Kundinnen und Kunden der SBB zufrieden sind mit den Zügen und den Bahnhöfen, ist eines von neun Konzernzielen – und damit gleich wichtig wie etwa die Sicherheit, die Pünktlichkeit oder die Motivation des Personals. Doch was meint die SBB, wenn sie von Kundenzufriedenheit spricht, wie ermittelt sie diese und wo schneidet sie gut oder schlecht ab?

Die Kundenzufriedenheit setzt sich aus einem Wert für die Cargo-Kunden und einem Wert für die Privatkunden zusammen. Der Wert der Cargo-Kunden hat einen Anteil von 15 Prozent am Konzernziel der Kundenzufriedenheit, jener der Privatkunden einen von 85 Prozent.

Um die Kundenzufriedenheit der Privatkunden zu ermitteln, werden fortlaufend zwei Umfragen durchgeführt: Eine unter den Reisenden und eine unter den Nutzenden. Reisende sind Personen, die im Zug unterwegs sind, Nutzende hingegen sind breiter gefasst und umfassen etwa auch Menschen, die in den Bahnhöfen unterwegs sind oder anderweitig mit der Bahn zu tun haben.

Um den Wert der Reisenden zu ermitteln, werden Ticketshop-Kunden und Abo-Kunden der SBB online befragt. Jeden Monat werden 120’000 Einladungen verschickt und 9000 Interviews beendet. Um die Nutzenden zu befragen, greift die Bahn hingegen auf das Panel des Marktforschungsunternehmens Link zurück, in dem 115’000 Menschen eingetragen sind. Pro Monat werden 1500 Interviews durchgeführt.

Die Verantwortlichen der SBB können auf ein Reporting zugreifen, das ihnen einen ersten Eindruck zu den Entwicklungen verschafft. Doch wie wird der Gesamtindex ermittelt?

Einen Einblick gibt ein Vortrag, den Robert Schlich, der Co-Leiter Customer Insights and Analytics bei der SBB, kürzlich an der ETH Zürich gehalten hat. 

Er zeigt, wie unterschiedlich die verschiedenen Themen im Gesamtindex gewichtet werden:

  • Das Bahnangebot und der Betrieb haben den grössten Stellenwert und machen 16 Prozent des Gesamtindexes aus.
  • Danach folgt die Kundeninformation im Regelfall (14%).
  • Je 11% zum Index tragen das Preis-Leistungs-Verhältnis, die Sauberkeit und der Bahnzugang bei.
  • Mit je 8 Prozent fliessen die Mitarbeitenden und das Rollmaterial in den Index ein.
  • Mit 6 Prozent weniger wichtig ist das kommerzielle Angebot etwa in den Bahnhöfen.
  • Je 5 Prozent Anteil am Gesamtindex haben die Leistung der SBB bei abweichendem Bahnbetrieb, die Security und die Zufriedenheit mit dem Vertrieb und Services.

Diese Themen wiederum bestehen aus verschiedenen Items. Eine Folie des Vortrags zeigt, wie die SBB beispielsweise in den ersten zehn Monaten des Jahres 2023 abschnitten. Besonders zufrieden waren die Kunden mit der Information während der Reise, der Sicherheit im Zug und der digitalen Fahrplaninformation. Im Mittelfeld werden hingegen etwa die Sauberkeit der Bahnhöfe und der Züge oder die Verfügbarkeit von WCs beurteilt.

Schlechter schneidet die Bahn beim Preis der Billette und Abos, bei der Störungsbehebung, der Sauberkeit der WCs im Zug oder der Information im Störungsfall ab. Diese Punkte haben allerdings kein besonders hohes Gewicht im Index.

Dank den tausenden von Umfragen und Testkunden kann die SBB auch sehen, wie die einzelnen Linien beurteilt werden. So schnitten etwa zuletzt die Intercity-Züge zwischen Brig, Zürich und Romanshorn besonders schlecht ab bei der Sauberkeit, wärend die Interregio-Züge Zürich-St. Gallen-Chur als sauberer wahrgenommen werden. 

Interessant ist auch, wie zufrieden die Kundinnen und Kunden mit der Sauberkeit von WCs und den Zügen allgemein sind aufgeteilt je nach Rollmaterial. Dabei zeigen sich grosse Unterschiede.

Besonders gut schneiden die Flirt-Züge der Tessiner S-Bahn ab, gefolgt von den Giruno-Zügen und den Traverso-Zügen der SOB. Ebenfalls gut bewertet werden etwa die Domino-Züge der RegionAlps, die Mika-Züge der BLS, die Züge der Rhätischen Bahn oder die FV-Dosto der SBB.

Besonders schlecht schneiden hingegen die Flirt 521 ab, die vor allem auf der S-Bahn Basel zum Einsatz kommen oder die DPZ-Züge der S-Bahn Zürich.

Insgesamt sind die Kundinnen und Kunden mit der Sauberkeit in den Zügen und deren WCs deutlich unzufriedener als mit der Bahn insgesamt.

Der gesamte Vortrag kann als PDF von der Site der ETH Zürich heruntergeladen werden:

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