
In Garmisch-Patenkirchen werden für eine Milliarde Euro vier neue Strassentunnels gebaut. In die Bahn wird kein Geld investiert. Ausserdem im Blick aufs Ausland: Virgin Hyperloop will sich auf Güter konzentrieren – und der deutsche Autoclub sieht keine Fortschritte bei der Verkehrswende.
von Stefan Ehrbar
25. Februar 2022
Garmisch-Patenkirchen: Kein Geld für den ÖV
Der deutsche Skiort Garmisch-Patenkirchen leidet unter dem Strassenverkehr. Besonders an schönen Tagen stauen sich die Autos. Der Ausflugsverkehr in die Berge und der Transit nach Österreich und Italien belasten den Ort, berichtet der «Bayrische Rundfunk».
Nun hat der deutsche Staat die Finanzierung zweier Tunnellösungen genehmigt. In Garmisch-Patenkirchen entstehen der Kramertunnel und der Wanktunnel, im Nachbarort Oberau entsteht ein weiterer Umfahrungstunnel und ebenfalls im Loisachtal fand vor kurzem der Spatenstich für den Auerbergtunnel statt.
Die Tunnelprojekte kosten insgesamt rund eine Milliarde Euro – und haben eines gemeinsam: Sie sind für den Strassenverkehr gedacht. Die Bahn geht leer aus.
Dabei kommt es auf der eingleisigen Linie immer wieder zu Verspätungen und die Fahrt nach München dauert laut dem Bericht mit der Bahn doppelt so lange wie mit dem Auto. Ein zweigleisiger Ausbau, für den sich lokale Aktivisten seit Jahren vergeblich einsetzen, hat es nicht einmal in den Bundesverkehrswegeplan geschafft.
Naturschützer befürchten wegen dem Ausbau der Strasse nun noch mehr Verkehr. Für Jahrzehnte werde damit die Verkehrspolitik betoniert. Mit der Milliardeninvestition sei die Chance, die Attraktivität der Bahn zu steigern, auf Jahre hinaus verspielt worden.
Virgin Hyperloop fokussiert sich auf Güterverkehr
Das US-amerikanische Unternehmen Virgin Hyperloop hat 111 Mitarbeitende entlassen – fast die Hälfte der Belegschaft. Das berichtet das Portal «theverge.com». Die Firma, die 2016 auch eine Partnerschaft mit dem Schweizer Projekts Cargo Sous Terrain angekündigt hat, will sich künftig auf den Güterverkehr fokussieren und hat die Ambitionen, dereinst Personentransporte durchzuführen, zurückgestellt.
Virgin Hyperloop gilt als eine der führenden Firmen bei der Entwicklung der Hyperloop-Technologie. Darunter werden Kapseln verstanden, die in einer fast luftleeren Röhre auf Luftkissen gleiten und dabei sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen können. Tesla-Chef Elon Musk hatte die Idee im August 2013 vorgestellt und von Geschwindigkeiten bis zu 1200 Kilometern pro Stunde gesprochen.
Virgin Hyperloop hatte vor zwei Jahren einen erfolgreichen Testlauf mit zwei menschlichen Passagieren durchgeführt und dabei Geschwindigkeiten von 160 Kilometern pro Stunde erreicht. Die Firma kämpfte aber auch mit zum Teil jahrelangen Verzögerungen und Geldmangel.
Ursprünglich hatte Virgin Hyperloop angekündigt, dass es im Jahr 2020 auf der ganzen Welt funktionierende Hyperloops geben soll. Bis heute ist dies allerdings nirgends der Fall.
Ein Sprecher begründet den Wechsel hin zu Gütertransporten damit, dass dies mit den globalen Lieferketten-Problemen und den Veränderungen durch die Covid-Krise zu tun habe. Zudem gebe es weniger regulatorische Hürden beim Gütertransport. Virgin Hyperloop soll bereits in Kontakt mit 15 möglichen Kunden stehen.
ADAC kritisiert deutsche Verkehrswende
Der deutsche Automobilclub ADAC sieht keine Fortschritte hin zu einer nachhaltigen Mobilität. Darüber berichtet der «Spiegel».
Das deutsche Verkehrssystem entwickle sich laut dem Club «viel zu langsam in Richtung Nachhaltigkeit». Leichte Fortschritte seien von Rückschritten in anderen Bereichen kompensiert worden. Es seien mehr Anstrengungen und mehr Tempo nötig.
Denn nachhaltige Mobilität stärke die Lebensqualität und die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen. Verbraucher müssten ihr Mobilitätsverhalten ändern, dazu aber auch in der Lage sein. Laut dem ADAC braucht es dafür einen schnelleren Ausbau des öffentlichen Verkehrs, der Ladeinfrastruktur und von Velowegen.
Der ADAC hat zusammen mit dem Prognos-Institut einen Mobilitätsindex entwickelt, der aufzeigt, dass es in Deutschland in den letzten Jahren unter dem Strich keinen Fortschritt in Richtung Nachhaltigkeit im Verkehr gab. Die Coronakrise wurde ausgeklammert. Berücksichtigt wurden ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte.
Wie der ADAC moniert, sorgten zudem stetig steigende Verkehrsmengen in Kombination mit einem unzureichenden Ausbau und Erhalt der Infrastruktur auf Schiene und Strasse für immer mehr Störungen und Verspätungen.
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