Das Angebot der Zürcher Trams soll bis 2027 um 10 Prozent ausgebaut werden: Diese Änderungen und neuen Angebote stehen an 🆓

Bald nicht mehr hier? Der 8er soll anders fahren. Bild: zhamot/Unsplash

Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) planen einen bisher unbekannten grösseren Ausbau in den nächsten Jahren. Das liegt nicht an neuen Strecken, von denen mit dem Tram Affoltern die erste frühestens 2029 in Betrieb geht, sondern an Linien-Rochaden und dem Um- und Neubau von Kantonsschulen auf dem Stadtgebiet.

von Stefan Ehrbar
4. Dezember 2023

In sechs Jahren soll das Tram Affoltern den Betrieb aufnehmen. Auf vier Kilometern neuen Gleisen wird dann die Tramlinie 11 den Trolleybus der Linie 32 zwischen Radiostudio und Zehntenhausplatz ersetzen. Bis dahin sind keine Erweiterungen des Tramnetzes der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) geplant. Und trotzdem soll das Angebot markant ausgebaut werden.


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Im Jahr 2022 legten die Trams in der Stadt Zürich noch 13 Millionen Kilometer zurück, im laufenden Jahr sollen es 13,1 Millionen sein. Diese Zahl soll im Jahr 2026 auf 13,9 Millionen steigen und im Jahr 2027 auf 14,5 Millionen, wie aus dem neuesten Finanzplan des Kantons Zürich hervorgeht. Das entspricht einer Steigerung um mehr als 10 Prozent innert sieben Jahren. Doch wie kommt diese zustande, wenn nicht durch neue Linien?

Im Finanzplan wird die Zunahme mit einem Angebotsausbau begründet. Dieser habe drei Ursachen: Die Erschliessung des Hochschulgebiets Zürich Zentrum, des Entwicklungsgebiets Lengg sowie des Provisoriums für die Kantonsschule in Zürich-Aussersihl. Dieses soll nach jetziger Planung ab dem Schuljahr 2024/2025 auf dem Areal neben dem Polizei- und Justizzentrum (PJZ) den Betrieb aufnehmen und als Ableger der Kantonsschule Wiedikon Platz bieten für 650 Schülerinnen und Schüler.


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Weil diese zu einem grossen Teil einen gleichzeitigen Schulbeginn haben und so die Nachfrage sehr punktuell anfällt, könnte es beispielsweise einzelne Verstärkungen der Tram- und Buslinien in der Region benötigen. Beim Tram wäre die Linie 8 betroffen. 

Ebenfalls einen Einfluss aufs Tramnetz haben werden die Sanierungen von voraussichtlich drei Kantonsschulen. Die Schülerschaft wird laut Thomas Kellenberger, Sprecher des Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV), während der Arbeiten jeweils temporär auf dem Gebiet der Universität Irchel unterrichtet. Deshalb seien zusätzliche Kapazitäten ins Gebiet Irchel notwendig. Ein Beispiel ist der Umbau der Kantonsschule Zürich Nord, der mit über 2200 Schülerinnen und Schülern grössten Kantonsschule im Kanton. Sie wird ab Mitte 2024 saniert. Die Schule zieht dann ins Irchel-Provisorium. Laut VBZ-Sprecher Leo Herrmann sind deshalb ab August 2024 zwei zusätzliche Kurse auf der Tramlinie 10 am Morgen geplant. 

Damit allerdings lässt sich die Steigerung des Angebots um 10 Prozent bei weitem nicht erklären. Herrmann sagt, bezüglich der Massnahmen im Hochschulgebiet Zentrum und im Gebiet Lengg werde die VBZ in den nächsten Monaten aktiv kommunizieren.

Das Gebiet Lengg ist der grösste Spitalcluster der Schweiz. Im Gebiet sind mehrere Spitäler und Kliniken angesiedelt. Im November 2024 zieht zudem das Kinderspital Zürich in seinen Neubau im Gebiet und bringt weitere knapp 3000 Mitarbeitende sowie 8500 stationäre und 90’000 ambulante Patientinnen und Patienten ins Gebiet. Dann dürften alleine die Spitäler gegen 10’000 Mitarbeitende im Gebiet beschäftigen und wohl über 50’000 stationäre Aufenthalte jedes Jahr verbuchen. Es ist deshalb schon länger klar, dass das bisherige schienengebundene Angebot, das aus der Linie 11 und der S18 der Forchbahn besteht, um eine weitere Linie ergänzt werden muss – zumindest in Stosszeiten.

Bisher ging man davon aus, dass die Tramlinie 15 in den Hauptverkehrszeiten vom Bahnhof Stadelhofen nach Rehalp verlängert wird. Doch die VBZ haben im Sommer den Quartiervereinen eine neue Lösung vorgestellt, die weitreichende Auswirkungen auf das übrige Tramnetz hätte. Noch ist offiziell nichts entschieden, doch die Zeichen deuten darauf hin, dass die neue Variante umgesetzt wird.

Anstelle der Linie 15 soll die Linie 5 in den Stosszeiten nach Rehalp fahren. Diese verkehrt bisher vom Bellevue bis nach Laubegg. Stattdessen soll sie neu ab Bellevue zum Bahnhof Stadelhofen fahren und in den Stosszeiten bis Rehalp. Am anderen Linienende soll sie neu in den Stosszeiten schon im Albisgüetli starten statt erst in der Laubegg.

Ausserhalb der Stosszeiten würde die Linie damit nur die relativ kurze Strecke Laubegg – Bahnhof Stadelhofen bedienen. Möglich ist, dass die Linie 5 ausserhalb der Stosszeiten ganz eingestellt wird. Laut Unterlagen der VBZ ist geplant, dass die Linie 5 in den Stosszeiten auf der ganzen Strecke und auf der kleinen Strecke während der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums Sihlcity betrieben werden soll (derzeit von Montag bis Samstag von 9 bis 20 Uhr). 

Gleichzeitig sind zwei weitere Rochaden geplant. Die Linie 15 soll ebenfalls verlängert werden, und zwar vom Bahnhof Stadelhofen an den Kreuzplatz und den Klusplatz.

Die Linie 8 soll zudem eine neue Linienführung erhalten. Sie soll neu vom Bahnhof Selnau via Bahnhof Enge und Bellevue zur Kirche Fluntern fahren und würde auf dem letzten Abschnitt die Linie 5 ersetzen. Am Sonntag soll die Linie zum Zoo verlängert werden.

Von der neuen Planung verspricht sich die VBZ eine Verbesserung auf diversen Abschnitten. So können mit der neuen Führung der Linie 5 in den Stosszeiten grosse Arbeitsplatzgebiete – der Uetlihof auf der einen Seite der Linie und die Spitäler im Gebiet Lengg auf der anderen Seite – ideal an die S-Bahnhöfe Enge und Stadelhofen angeschlossen werden. 

Ausserhalb der Betriebszeiten der Linie 5 stünde damit auf den ersten Blick keine Verbindung zwischen Bahnhof Enge und Bellevue mehr zur Verfügung. Um das zu verhindern, soll die Linie 8 neu nicht mehr via Paradeplatz, sondern via Bahnhof Enge verkehren. Das hat einen weiteren Vorteil: Die Kreise 4 und 5 würden mit der neuen Tramlinie besser an die S-Bahnen am Bahnhof Enge angebunden. Nachteilig wäre hingegen, dass Teile des Kreis 4 ihre Anbindung an den Paradeplatz mit der Linie 8 verlieren. Zudem würde die Direktverbindung vom Klusplatz an den Paradeplatz wegfallen.

Das neue Konzept soll Stand heute per Ende 2025 umgesetzt werden. Es bedeutet einen Mehrbedarf von vier Trams pro Tag und verursacht Kosten in der Höhe zwischen 3 und 6 Millionen Franken jährlich. Diese wären allerdings sowieso angefallen, denn auch eine Verlängerung des Trams 15 nach Rehalp hätte einen Mehrbedarf ausgelöst.

Die Vor- und Nachteile des neuen Konzepts sowie Grafiken zur geplanten Linienführung sind im PDF-Dokument der Regionalen Verkehrskonferenz Zürich ab Seite 32 aufgeführt (externer Link).

ZVV-Sprecher Thomas Kellenberger sagt, die konkreten Planungen zum Ausbau im Gebiet Lengg liefen noch. Sie seien verantwortlich für einen Grossteil der zusätzlichen Leistungen. «Zusätzlich ist während der Hauptverkehrszeiten eine verstärkende Linie in das Hochschulgebiet Zürich Zentrum geplant», so Kellenberger.

Weitere Ideen, die zu mehr Tramkilometern führen würden, sind etwa ein Ausbau am Morgen. Die VBZ wollen, dass auf allen Tramlinien der erste Intercity nach Bern mit Abfahrt um 5.19 Uhr am Hauptbahnhof erreicht werden kann (Mobimag berichtete). Dies ist in den Planungen allerdings noch nicht abgebildet.

Keinen Einfluss auf die Tramkilometer hat die Limmattalbahn. Der Chef der Aargau Verkehr AG, Severin Rangosch, sagte zwar Anfang November, die Nachfrage sei höher als geplant und die Verdichtung vom 15- auf den 7,5-Minuten-Takt könne früher kommen. Für das aktuelle Fahrplanverfahren für die Fahrplanjahre 2025 und 2026 ist das allerdings kein Thema, wie ZVV-Sprecher Kellenberger sagt. «Für das dritte und vierte Betriebsjahr der Limmattalbahn ist aktuell kein Ausbau des Angebots vorgesehen», so Kellenberger. «Ein solcher erfordert auch zusätzliche Fahrzeuge, die erst bestellt und dann auch produziert werden müssten.»



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