
Weil die Elektromobilität boomt, wird der Rohstoff Lithium knapper und teurer. Jetzt wird die Förderung in Europa ausgebaut. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland mit den Links zu spannenden Geschichten: Der mächtigste deutsche Lokführer wünscht sich eine Abkehr vom aktuellen Schichten-System – und England fördert Inlandsflüge.
von Stefan Ehrbar
17. März 2023
Lithium-Förderung lohnt sich auch in Europa
Elektroautos machen einen immer grösseren Teil der Neuzulassungen aus – nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa (Mobimag berichtete). Doch nun gibt es ein Problem: Der Rohstoff Lithium, der für die Batterien der elektrisch betriebenen Fahrzeuge benötigt wird, ist sehr gefragt und entsprechend knapp und teuer. Das berichtet die «Deutsche Welle» (DW). Deshalb wird die Förderung ausgeweitet.
In einer 300 Kilogramm schweren Batterie eines Mittelklasse-Elektroautos sind laut dem Bericht etwa acht Kilo Lithium verbaut. Das sei eigentlich nicht viel, aber weil die Nachfrage nach Elektroautos zuletzt stärker gestiegen sei als erwartet, steige auch die Nachfrage. Problematisch sei das, weil Projekte zur Lithiumgewinnung oft einige Jahre Vorlaufzeit brauchten und häufig auch Proteste auslösten.
Der Markt werde derzeit «von einer Dynamik überrollt, die ich in 12 Jahren Rohstoffwirtschaft so noch nicht erlebt habe», sagt der Lithiumexperte Michael Schmidt von der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) im Artikel.
Die Förderung sei von 43’000 Tonnen weltweit im Jahr 2016 auf 130’000 Tonnen im Jahr 2022 gestiegen. Bis im Jahr 2030 könnte sich die Abbaumenge noch einmal vervierfachen.
Lithium sei eigentlich in ausreichender Zahl vorhanden, aber sehr fein verteilt. So schätzen Forscher etwa, dass es in den Meeren rund 200 Milliarden Tonnen Lithium gibt und in Gesteinen und Salzseen an Land etwa 98 Millionen Tonnen. Davon seien aber nur etwa 26 Millionen Tonnen ökonomisch abbaubar.
Derzeit wird der globale Lithiumbedarf fast zur Hälfte mit der Förderung aus australischen Tagbauminen gedeckt. Weitere 35 Prozent kommen laut DW aus Salzseen in Südamerika und 15 Prozent aus China. Kleinere Anteile haben Simbabwe, Portugal und Nordamerika.
Die Gewinnung von Lithium aus Salzseen ist nicht unproblematisch, weil sie den Grundwasserspiegel senkt und der Umgebung Wasser entzieht, was oft einschneidende Folgen für die Lebensgrundlagen der einheimischen Bevölkerung und der Landwirte hat (Mobimag berichtete).
Die Gewinnung von Lithium über den Abbau von Festgestein, wie sie in Australien betrieben wird, ist im Vergleich dazu sechsmal energieaufwendiger – und braucht noch einmal mehr Wasser. Weil die Preise für Lithium angesichts der hohen Nachfrage derzeit sehr hoch sind, werden nun auch in Europa Projekte zur Gewinnung von Lithium aus Thermalwasser vorangetrieben, etwa in Frankreich, Deutschland und Grossbritannien. Dabei wird bis zu 200 Grad warmes Wasser aus bis zu 5000 Meter Tiefe nach oben gepumpt, aus dem Lithium abgeschieden werden kann.
Zum anderen wird Lithium aber vermehrt auch mit Bergbauprojekten in Europa gewonnen. Die DW nennt mehrere Projekte in Finnland, Irland, Deutschland oder Österreich. Die Projekte gälten alle als rentabel.
Künftig komme zudem dem Recycling von alten Batterien mehr Bedeutung zu. Auch müsse Lithium möglichst effizient genutzt werden, fordern Experten. Der Bau von schweren Elektroautos mit grossen Batterien sei nicht nachhaltig. Stattdessen sollten vor allem leichtere Fahrzeuge verkauft werden.
GDL-Chef lästert über Deutsche Bahn
Claus Weselsky ist Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Für viele Pendlerinnen und Pendler und Vertreter der Bahn ist er ein rotes Tuch, hat doch seine Gewerkschaft in den letzten Jahren viele Streiks verantwortet.
In einem Interview mit der «Wirtschaftswoche» teilte Weselsky diese Woche aus. So sagt er, selber nehme er oft die Bahn, «aber nicht mehr besonders gerne»: «Ich fahre mittlerweile mindestens eine Stunde früher los, um pünktlich zu Terminen zu kommen. Vor allem, wenn man umsteigen muss, ist das Risiko gross, irgendwo zu stranden.»
Der Anteil der Dinge bei der Bahn, die nicht funktionieren, sei «einfach zu gross». Weselsky macht dafür den «dramatischen Personalmangel» verantwortlich, aber auch «jahrelanges Managementversagen».
Die Deutsche Bahn habe bei der Ausbildung über Jahrzehnte viel zu wenig getan. Das lasse sich jetzt auch nicht mit einer Einstellungsoffensive rasch verändern, denn schliesslich gebe es ja altersbedingt auch sehr viele Abgänge.
«Es reicht nicht aus, den Leuten mehr Geld zu zahlen, wir müssen auch die Arbeitsbedingungen verbessern – vor allem, was das derzeitige Schichtsystem betrifft», so der Gewerkschaftschef. Dieses sehe Dienstbeginne und -enden zu jeder Tages- und Nachtzeit und teils Einsätze von sechs oder mehr Tagen am Stück vor. Hinzu komme die regelmässige Arbeit an Wochenenden und Feiertagen. Das schrecke viele junge Leute ab.
«Die Beschäftigten brauchen mehr Planungssicherheit, damit ein Familienleben möglich ist. Bei DB Cargo, wo fast nur nachts gefahren wird, gibt es acht bis zehn Tage zusätzlichen Urlaub für die Beschäftigten. Solche Regelungen sollte die Bahn ausbauen», so Weselsky. Er kritisiert auch das kommende 49-Euro-Ticket, das zu billig sei. «Die Leute bekommen einen Anreiz, mehr Bahn fahren, obwohl das System schon heute völlig überlastet und pannenanfällig ist.»
Deutlich mehr Billigflüge in Grossbritannien
Der britische Premier Rishi Sunak hat eine Kürzung von Gebühren für Inlandflüge durchgeboxt, die ab April in Kraft tritt und die Zahl der billigen Inlandflüge deutlich steigern könnte.
Wie der «Guardian» schreibt, wird die Gebühr pro Passagier und Inlandflug auf 6.50 Pfund (ca. 7.20 Franken) halbiert. Die Eisenbahnbranche warnte im Vorfeld, dass dies zu einem Mehrausstoss von 27’000 Tonnen CO2 pro Jahr führen könnte und 220’000 weniger Eisenbahnfahrten pro Jahr zur Folge hat.
Dass sie damit nicht völlig falsch liegen könnte, zeigen Dokumente, welche der Zeitung vorliegen und die zeigen, wie Airlines für die Reduktion der Gebühren lobbyiert hatten.
Der Ultra-Billigflieger Ryanair etwa schrieb in seiner Antwort auf eine Konsultation im März vor zwei Jahren, dass er dank der tieferen Gebühr mehr Inlandflüge zu tiefen Preisen anbieten könne. Als positives Beispiel nannte Ryanair Spanien, wo es Flüge ab 5 Euro gebe. Eine vorgeschlagene Steuer für Vielflieger lehnte die Airline ab, weil damit «Fluggäste bestraft werden, die häufig fliegen müssen».
Seit der Ankündigung der Reduktion der Gebühr hat Ryanair laut dem Artikel mehrere neue Strecken angekündigt. Ähnlich sieht es bei der Billigfluggesellschaft Easyjet aus.
Easyjet hatte in der Konsultation argumentiert, dass eine Halbierung der Gebühren zu einer Zunahme des Inlandflugverkehrs um 31% auf 10,6 Millionen Passagiere pro Jahr führen würde. Ähnlich argumentierte die Eigentümerin von British Airways, die International Airlines Group. Sie versprach neue Strecken, höhere Frequenzen, grössere Flugzeuge auf bestehenden Strecken und tiefere Tarife.
Die Airlines argumentierten, die Tarifsenkung werde Strecken fördern, die nicht von der Bahn bedient würden. Das helfe der regionalen Wirtschaft.
Easyjet etwa argumentierte, dass die Airline nur Inlandflüge anbiete, bei denen es keine direkte Zugverbindung von weniger als drei Stunden Dauer gebe. Der Verband Airlines UK teilte zudem mit, er stehe weiterhin hinter dem Ziel, dass der Sektor bis 2050 auf netto Null CO2-Emissionen komme.
Eine Sprecherin der Regierung wird zitiert, dass das Vereinigte Königreich «fest entschlossen sei», die Netto-Null-Verpflichtungen zu erfüllen. Deshalb würden neben der Halbierung der Gebühren für Inlandsflüge jene für Langstreckenflüge angehoben. Sie betragen für Flüge mit einer Distanz von 3200 bis 8900 Kilometer ab April 87 statt 84 Pfund und für Flüge über 8900 Kilometer neu 91 Pfund pro Passagier.
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