Deutsche planen Direktzug Brüssel – Basel – Bern – Mailand 🆓

Bahnfahren in Europa soll bequemer werden. Bild: Deutsche Bahn

Das deutsche Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und europäische Staaten wollen das Konzept «TEE 2.0» vorantreiben. Es sieht neue Direktzüge durch die Schweiz schon in naher Zukunft vor – etwa von Brüssel über Bern nach Mailand oder von Zürich nach Madrid.

von Stefan Ehrbar
21. Mai 2021

Mit dem «Trans-Europ Express 2.0» will der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer dafür sorgen, dass innerhalb Europas mehr Bahn gefahren und weniger geflogen wird. Am «Schienengipfel» seines Ministeriums vom 17. Mai wurde ein «Letter of Intent» vorgestellt, der von Ministern verschiedener Länder unterzeichnet wurde, darunter auch von Simonetta Sommuraga für die Schweiz.


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In diesem Dokument sind konkrete Direktverbindungen enthalten, die realisiert werden sollen. Schon in «naher Zukunft» – also vor Mitte des Jahrzehnts – sollen damit einige TEE-Linien umgesetzt werden. Einige neu zu schaffende Direktverbindungen, etwa von Amsterdam über Basel, Aarau, Arth Goldau und Mailand nach Rom, waren bereits bekannt aus der Vorstellung des Konzepts TEE 2.0 von Ende 2020. An der damaligen virtuellen Pressekonferenz hatte unter anderem der BAV-Direktor Peter Füglistaler teilgenommen (Mobimag berichtete).

Nun sind weitere Linien dazugekommen, welche durch die Schweiz führen. Die Fahrpläne wurden für das BMVI vom Zürcher Planungsbüro SMA + Partner AG entworfen. Konkret sollen in den nächsten Jahren folgende Direktverbindungen umgesetzt werden, die jeweils einmal täglich pro Richtung verkehren sollen (aufgeführt ist der Fahrplan in eine Richtung ohne Angabe aller Zwischenhalte):

  • TEE-Linie 17/18 von München nach Mailand: Diese Linie verknüpft im Wesentlichen die bestehenden Eurocity-Züge München-Zürich und Zürich-Mailand. Der Fahrplan sieht wie folgt aus:
    – München ab 9.00 Uhr
    – St. Gallen ab 11.30 Uhr
    – Zürich ab 12.30 Uhr
    – Arth Goldau ab 13.15 Uhr
    – Bellinzona ab 14.15 Uhr
    – Lugano ab 14.30 Uhr
    – Mailand an 15.30 Uhr
  • TEE-Linie 37/38a von Brüssel nach Mailand. Der Fahrplan dieser Verbindung sieht wie folgt aus:
    – Brüssel ab 10.30 Uhr
    – Luxemburg ab 13.30 Uhr
    – Basel ab 16.30 Uhr
    – Aarau ab 17.00 Uhr
    – Arth Goldau ab 17.45 Uhr
    – Bellinzona ab 18.45 Uhr
    – Lugano ab 19.00 Uhr
    – Mailand an 20.00 Uhr
  • TEE-Linie 37/38b von Brüssel nach Mailand mit anderer Routenführung und anderem Fahrplan:
    – Brüssel ab 6.45 Uhr
    – Luxemburg ab 9.20 Uhr
    – Strassburg ab 11.00 Uhr
    – Basel ab 12.30 Uhr
    – Olten ab 13.00 Uhr
    – Bern ab 13.30 Uhr
    – Visp ab 14.30 Uhr
    – Domodossola ab 15.15 Uhr
    – Mailand an 16.40 Uhr

Etwas später, nämlich gegen Mitte des Jahrzehnts, soll zudem der TEE 47/48 von Hamburg über Basel nach Mailand folgen. Diese Verbindung wurde allerdings unabhängig vom TEE 2.0-Konzept bereits angekündigt.

Das Konzept sieht zudem vor, dass der ab Ende 2024 angekündigte Nachtzug Zürich – Bern – Barcelona nach Madrid verlängert werden soll.

Doch wie realistisch sind die Pläne?

Was den TEE17/18 und die durchgehende Verbindung von München über Zürich nach Mailand betrifft, lautet die Antwort: Vor Ende 2024 dürfte dies kaum umgesetzt werden. Denn das ganze Jahr 2024 ist die Wipkinger-Linie in Zürich gesperrt, was zu einer Fahrzeitverlängerung des Eurocity Zürich-München führt und eine solche Verbindung verunmöglicht. Ausserdem fehlt in Zürich noch eine Weichenverbindung, die es überhaupt ermöglichen würde, aus dem Tiefbahnhof Löwenstrasse auf die Linie Richtung Zimmerberg-Tunnel zu kommen. Diese wäre aber schnell gebaut, wenn die beteiligten Bahnen nur wollten.

Doch wollen sie auch?

Die SBB hält sich bedeckt. Einen ausführlicher Fragenkatalog zum Thema TEE 2.0 beantwortet eine Sprecherin damit, dass die Bahn «zum aktuellen Zeitpunkt keine Aussagen zum angedachten Rollmaterial-Einsatz, zur Umsetzbarkeit und zum Umsetzungszeitpunkt der genannten Vorschläge machen kann».

Das Bundesamt für Verkehr (BAV) verweist an die SBB, da es sich um deren operatives Geschäft und den Fernverkehr handle.

Und die Initiatoren selbst?

«Bei dem Konzept handelt es sich um einen durch die Zürcher Fachplanexperten SMA + Partner AG erstellten Gutachterentwurf», schreibt ein Sprecher des BMVI. «Er setzt die von den Staaten für den Letter of Intent zum TEE 2.0 vorgeschlagenen Strecken in Fahrplankonzepte um.» Diese dienten als Diskussionsgrundlage für die nun nach Abschluss dieser Vereinbarung beginnenden multilateralen Gespräche zu den einzelnen Linien zwischen den beteiligten Staaten und Infrastrukturbetreibern sowie interessierten Eisenbahnverkehrsunternehmen.

Noch sind die Pläne also nichts mehr als das – und die bereits bei der Lancierung des Konzepts genannten Zweifel bleiben bestehen. So sagte etwa BAV-Direktor Peter Füglistaler damals, ein dichtes Netz durch ganz Europa mache mehr Sinn als eine Fokussierung auf einige wenige «Paradestrecken».

Doch der politische Wind weht derzeit in Deutschland auch angesichts der Kanzlerkandidatur der Grünen-Politikerin Annalena Baerbock günstig für die Bahn. Auch die Union will auf der grünen Welle surfen. Das könnte ein gutes Zeichen sein für alle, die sich auf den direkten Zug von Bern nach Brüssel freuen – von einem politischen Zentrum zum anderen.



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