Die USA planen deutlich strengere Abgasvorschriften für Autos. Das dürfte der Elektfizierung einen Schub verleihen. Ausserdem im wöchentlichen Blick aufs Ausland mit den Links zu spannenden Geschichten: Amsterdam will ein Tempolimit für E-Bikes – und wer höher gebildet ist, gehört öfter zu den Grossemittenten von Treibhausgasen.
von Stefan Ehrbar
14. April 2023
Strenge Abgasvorschriften in den USA
Die US-Regierung von Präsident Joe Biden wird bald strengere Grenzwerte für Auspuffabgase für Autos einführen. Das berichten verschiedene US-Medien mit Verweis auf einen Vorschlag der Umweltschutzbehörde EPA von dieser Woche. Damit soll sichergestellt werden, dass bis im Jahr 2032 zwei Drittel aller neu verkauften Autos elektrisch betrieben werden.
Laut der «Washington Post» ist der Plan «der härteste, den die EPA ein Bezug auf Emissionen von Autos jemals vorgelegt hat».
Der Verkehrssektor ist der grösste Verursacher von Treibhausgasen in den USA. Die Elektrifizierung des Verkehrs ist deshalb zentral für das Erreichen der Klimaziele. Dennoch ist ein Streit mit Autoherstellern beinahe vorprogrammiert – auch, weil die Vorschriften den Preis für Neuwagen verteuern dürften.
Die Vorschriften, welche die EPA plant, sind laut der Zeitung so streng, dass insbesondere die Autohersteller, die bei der Elektrifizierung noch im Hintertreffen sind, sie als nicht umsetzbar einstufen dürften. Dabei gibt es eine Art Konsens zwischen der Regierung und der US-Autoindustrie, dass die Elektrifizierung des Verkehrs im Kampf gegen den Klimawandel gefördert werden soll.
Geplant ist, dass die maximal erlaubten CO2-Flottenemissionen ab 2027 Jahr für Jahr verschärft werden: Im Jahr 2027 um 18 Prozent, in den darauffolgenden Jahren um 13, 15, 8 und 9 Prozent und 2032 schliesslich noch einmal um 11 Prozent.
Damit soll der Anteil der rein elektrisch betriebenen Autos an den neu verkauften Fahrzeugen bis 2032 auf 67 Prozent steigen. In den USA beträgt dieser Anteil derzeit erst gut 5 Prozent. Die CO2-Emissionen der US-Autoflotte sollen gegenüber dem für 2026 berechneten Wert um 56 Prozent sinken.
Die Vorschriften sollen laut der «Washington Post» die Emissionen der Flotten von einzelnen Herstellern regulieren.
«Die Regeländerungen schreiben den Autoherstellern nicht vor, eine bestimmte Anzahl von Elektrofahrzeugen zu verkaufen. Doch sie würden die Emissionsgrenzwerte so eng setzen, dass die einzige Möglichkeit, sie einzuhalten, darin bestünde, einen hohen Prozentsatz an elektrisch betriebenen Autos zu verkaufen», heisst es im Artikel des Blatts, das bereits vorab über den Vorschlag berichtet hatte.
Dass diese Option auch durchgesetzt wird, ist noch nicht klar. Möglich wären auch mildere Vorschriften. Zunächst sollen verschiedene Interessensgruppen wie die Automobilindustrie, Umweltgruppen, Verbraucherschützer und Energiefirmen zur Stellungnahme eingeladen werden. Das dürfte Monate dauern.
Die EPA teilte diese Woche mit, mit den Plänen wolle sie die Klimaschutzziele der Regierung Biden erfüllen.
Amsterdam bremst E-Bikes aus
Die grösste Stadt der Niederlanden will die Geschwindigkeit von E-Bikes begrenzen. Das berichtet das Portal dutchnews.nl.
Demnach sollen E-Bikes innerhalb der Stadtgrenzen von Amsterdam künftig nur noch mit Geschwindigkeiten von maximal 20 Kilometern pro Stunde unterwegs sein dürfen. Begründet wird der Schritt mit mehr Sicherheit für Kinder und ältere Radfahrer.
Die Massnahme soll nur auf Velowegen gelten. E-Bikes können oft Geschwindigkeiten von über 30 Kilometern pro Stunde erreichen. Das vergrössert allerdings die Spanne von Geschwindigkeiten, mit denen verschiedene Velofahrer auf Velowegen unterwegs sind, was tendenziell zu mehr Unfällen führt.
Wer mit seinem E-Bike schneller fahren will, soll dies nur noch auf den normalen Strassen tun dürfen. Die städtische Verkehrsministerin Melanie van der Horst wird im Artikel damit zitiert, dass schnellere Velofahrer ermutigt werden sollen, auf der Strasse zu fahren oder ihre Geschwindigkeit zu reduzieren, was die Sicherheit auf den Velowegen verbessern dürfte.
Allerdings gibt es ein Problem: Es existiert in den Niederlanden noch keine Gesetzesgrundlage, die Höchstgeschwindigkeiten nur für Velofahrer vorsehen würde. Dafür will sich van der Horst nun einsetzen.
In der Zwischenzeit könnte eine Technologie eingesetzt werden, die als «intelligente Geschwindigkeitsanpassung» bekannt ist und die Velofahrer via App warnt, sobald sie auf einem Weg fahren, für den eine tiefere Geschwindigkeit vorgesehen ist. Zudem will die Stadt den Einfluss von E-Bikes auf das Unfallgeschehen untersuchen. Diese waren vergangenes Jahr in Amsterdam in 74 Unfälle verwickelt, doppelt so viele wie noch ein Jahr zuvor.
Die Charakteristika der Vielflieger
Bei der Forschung zu den Verursachern des Klimawandels geraten die «Grossemittenten» zunehmend in den Fokus. Es sind Menschen, die für sehr viele Emissionen von Treibhausgasen verantwortlich sind.
Doch wer sind diese Menschen und warum sind ihre Emissionen so hoch? Dieser Frage geht eine aktuelle Studie nach, die in der Zeitschrift «Energy Research & Social Science» veröffentlicht wurde. Hauptautor ist Giulio Mattioli von der TU Dortmund.
Für die Studie wurden Daten über Auto- und Flugreisen der Einwohner Englands analysiert. Dabei konzentrierten sich die Autoren auf Menschen mit dissonanten Profilen, die also niedrige Emissionen für einen Verkehrsträger und hohe für den anderen haben.
«Wir stellen fest, dass Personen mit solchen Mustern bis zu 20 % der Bevölkerung ausmachen und bis zu 30 % der Emissionen aus Auto- und Flugreisen», heisst es in der Studie. «Diejenigen, die niedrige Autoemissionen mit hohen Emissionen aus dem Flugverkehr kombinieren, sind eher Stadtbewohner, Gruppen mit höherem Einkommen, jüngere Erwachsene, Frauen, Migranten und Menschen mit weit verstreuten sozialen Netzwerken. Personen mit dem gegenteiligen Profil hoher Auto- und geringer Flugverkehrsemissionen sind eher männlich, im mittleren Alter und Fernpendler, die in autogerechten Gebieten leben.»
Die Studie weist laut den Autoren auf Faktoren für hohe Verkehrsemissionen hin, die bisher übersehen wurden, «darunter Behinderung, junges Erwachsenenalter, Fernpendeln, Migrationshintergrund und die geografische Streuung sozialer Netzwerke».
Es könnten vier wichtige Erkenntnisse abgeleitet werden. Zum einen gebe es ein hohes Mass an Heterogenität unter den Grossemittenten im Personenverkehr. Zweitens seien die meisten Grossemittenten durch ein hohes Wohlstandsniveau gekennzeichnet, während bestimmte Untergruppen einen «gewissen Zusammenhang mit Faktoren sozialer Benachteiligung zeigen».
Drittens gebe es wenig Hinweise darauf, dass die Einstellung zu umweltpolitischen Themen in irgendeiner Weise mit Grossemittenten verbunden sei – «im Gegenteil zu der Aufmerksamkeit, die bisher diesem Zusammenhang zuteil wurde». Damit gemeint sind relativ häufig geäusserte Vermutungen, wonach z.B. Grünen-Wähler häufiger fliegen, die sich aber in den Daten nicht bestätigen lassen (siehe dazu auch den Mobimag-Artikel vom 21. Juni 2021).
Viertens heisst es in der Studie, dass bisher übersehen Faktoren wie die Streuung der sozialen Netzwerke, der Migrationshintergrund und das Pendeln über weite Strecken eine grosse Rolle spielen.
«Das Hauptergebnis dieser Studie ist, dass es sich bei den Emittenten mit hohen Emissionen im Personenverkehr um eine heterogene Gruppe handelt», heisst es in der Diskussion der Ergebnisse. Nur drei sozioökonomische Prädiktoren zeigen eine konsistente und signifikante Assoziation mit allen Grossemittenten. Es sind die tertiäre Bildung (je höher das Bildungsniveau, desto mehr Emissionen) und die Faktoren Ruhestand und Alter (je häufiger Menschen im Ruhestand sind und je älter sie sind, desto weniger oft gehören sie zu den Grossemittenten).
«Es gibt kein einheitliches Muster des Zusammenhangs mit räumlichen oder einstellungsbezogenen Prädiktoren. Der Anteil der Freunde, die ausserhalb des lokalen Gebiets leben, ist die einzige andere Variable, die die Wahrscheinlichkeit einer Gruppenzugehörigkeit für jede der drei Gruppen hoher Emittenten erhöht», so die Autoren.
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