
Der Kanton Zürich hat untersucht, was eine unterirdische Verlängerung der SZU oder der Forchbahn in Richtung Altstetten, Hönggerberg, Oerlikon und Regensdorf bringen würde. Der Nutzen wäre hoch und die Machbarkeit gegeben. Trotzdem spricht sich der Kanton dagegen aus. Das sind die Gründe.
von Stefan Ehrbar
29. März 2022
Zwei Postulate im Zürcher Kantonsrat fordern den Bau neuer unterirdischer Bahnen in und um die Stadt Zürich. Einmal geht es um eine unterirdische Verlängerung der Forchbahn vom Zollikerberg an den Bahnhof Stadelhofen weiter entweder in Richtung Zürich-Oerlikon oder Zürich-Altstetten, ein anderes Mal um die unterirdische Verlängerung der SZU vom Zürcher Hauptbahnhof via Hochschulgebiet zur ETH Hönggerberg und allenfalls weiter ins Furttal.
Die Zürcher Regierung hat beide Projekte untersuchen lassen. Nun liegen die Studienergebnisse vor. Sie zeigen: Beide Projekte wären technisch machbar – und sie hätten zweifellos Vorteile für den öffentlichen Verkehr der Region. Folgende Resultate wurden zutage gefördert.
1. Verlängerung der Forchbahn
Im Postulat 379/2019 der Kantonsräte Thomas Wirth, Marc Bourgeois und Michael Zeugin wird ein Bericht gefordert, wie die Forchbahn auf dem Gebiet der Stadt Zürich unterirdisch geführt werden könnte. Vorgeschlagen werden drei Varianten der unterirdischen Linienführung: Die Tieferlegung der bisherigen Strecke auf dem Stadtgebiet, die Tieferlegung und eine unterirdische Verlängerung vom Bahnhof Stadelhofen an den Bahnhof Altstetten sowie eine Tieferlegung und eine unterirdische Verlängerung von Stadelhofen nach Oerlikon.
In seinem Bericht kommt der Kanton Zürich zu folgenden Schlüssen:
- Eine Umspurung, welche eine Einbindung in das SBB-Netz erlauben würde, käme vom Aufwand her einem Neubau der bestehenden Strecke sehr nahe. Zudem wäre die Einbindung ins SBB-Netz in Stadelhofen, Oerlikon oder Altstetten wegen der bereits sehr hohen Auslastung der Infrastruktur nicht ohne sehr grossen Aufwand machbar.
- Die vorgeschlagenen Tieferlegung der bisherigen Forchbahn-Strecke ist nicht direkt unter der bestehenden Streckenführung möglich. Die im Postulat vorgeschlagene Streckenführung unter der Forchstrasse mit Bau im Tagbauverfahren ab Hegibachplatz ist nicht machbar.
- Für die Verlängerungsvariante nach Altstetten wurden neue unterirdische Haltstellen beim Paradeplatz, Bahnhof Selnau, Albisriederplatz, Kappeli und Bahnhof Altstetten angenommen. Auch eine Verknüpfung mit der Limmattalbahn wäre denkbar. Der Tunnelbau müsste auf einem grossen Teil bergmännisch erfolgen, entlang der Badenerstrasse wäre der Bau im Tagbau möglich. Diese Variante würde ohne Tieferlegung der Forchbahn auf ihrer bisherigen Strecke bis an den Bahnhof Stadelhofen geschätzt 890 Millionen Franken kosten.
- Eine unterirdische Verlängerung nach Oerlikon wäre mit einer durchgehend bergmännischen Bauweise möglich. Angenommen werden Haltestellen unter dem Hochschulgebiet im Zentrum, unter der Universität Irchel und in Oerlikon. Diese Variante würde ohne Tieferlegung der Forchbahn auf ihrer bisherigen Strecke bis an den Bahnhof Stadelhofen geschätzt 810 Millionen Franken kosten.
Beide Verlängerungsvarianten wären technisch möglich. Doch was wäre der Nutzen davon? Massgebende Resiezeitverkürzungen auf der Forchbahn liessen sich damit laut der Studie nicht erreichen, dafür aber auf den Verlängerungsvarianten. Vor allem innerstädtische Verbindungen würden profitieren – etwa zwischen Stadelhofen und Albisriederplatz oder in der anderen Variante zwischen Stadelhofen und Universität Irchel.
Das Nachfragepotenzial wäre gleichzeitig hoch. Für 2040 wären es bei der Variante der Verlängerung von Stadelhofen nach Altstetten 34’000 Reisende pro Tag, bei der Variante 2 mit der Verlängerung nach Oerlikon wären es 25’000 Reisende pro Tag. Zum Vergleich: An der Quaibrücke wurden an Werktagen im Jahr 2019 rund 60’000 Reisende gezählt.
Massgebende Veränderungen beim Modal Split würde der Kanton aber nicht erwarten, weil der ÖV-Anteil auf den betroffenen Strecken schon heute hoch ist und sich die Nachfrage vor allem von bestehenden auf die neuen Verbindungen verlagern würde. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht seien nur geringe zusätzliche Erträge möglich, schreibt der Kanton – auch, weil das oberirdische Tramangebot beibehalten werden müsste.
Der Kanton hat eine volkswirtschaftliche Gegenüberstellung der Folgekosten und des monetarisierten Nutzens erstellen lassen. Letztere bestehen vor allem aus Reisezeitgewinnen.
Die reine Tieferlegung der Forchbahn zwischen Zollikerberg und Stadelhofen würde jedes Jahr Folgekosten in der Höhe von 21 Millionen Franken für Infrastruktur-, Unterhalts und Betriebskosten verursachen, aber nur 0,6 Millionen Franken Nutzen bringen.
Die Verlängerungsvarianten schneiden deutlich besser ab. Für die unterirdischen Strecken vom Bahnhof Stadelhofen nach Altstetten oder Oerlikon rechnet der Kanton mit einem jährlichen volkswirtschaftlichen Nutzen von 20 Millionen Franken. Die jährlichen Folgekosten wären aber mit 50 Millionen Franken ungleich höher.
Darum will der Kanton die Projekte auch nicht weiterverfolgen. «Die sehr hohen Kosten von neuen unterirdischen Neubaustrecken in der Stadt Zürich rechtfertigen sich nur, wenn die neue Infrastruktur bestmöglich in das bestehende ÖV-Angebot integriert und möglichst vielfältig genutzt werden kann. So müsste eine neue unterirdische Verbindung von mehreren Tramlinien mitgenutzt werden können und so auf vielen Strecken Reisezeitgewinne ermöglichen», schreibt er.
2. Verlängerung der SZU
Eine weitere Idee für einen neue unterirdische ÖV-Verbindung ist jene der Weiterführung der SZU vom Hauptbahnhof Zürich via Hochschulgebiet zur Universität Irchel, zur ETH Hönggerberg und weiter ins Furttal. Ein entsprechendes Postulat wurde im Kantonsrat eingereicht. Der Verkehrsplaner Paul Stopper hat zudem eine Einzelinitiative für die Bewilligung eines Projektierungs-Kredits eingereicht. Auch diese Idee hat der Kanton Zürich untersuchen lassen.
Untersucht wurden zwei Varianten: Als Variante 1 die Verlängerung vom bestehenden SZU-Bahnhof unter das Hochschulgebiet, die Universität Irchel und die ETH Hönggerberg mit einer allfälligen Verlängerung nach Regensdorf. Als Variante 2 wurde eine Linienführung untersucht, bei welcher der Hauptbahnhof quer zu den bestehenden Gleisachsen unterquert werden soll. Die Linie soll dann via Universität Irchel und Bucheggplatz zur ETH Hönggerberg verlaufen. Diese Variante hat der Kanton verworfen, denn die Querung des HB müsste unterhalb der bestehenden Bahnhöfe bis 40 Meter unterhalb des Geländes stattfinden, was schwierig und aufwendig wäre. Zudem würde das Hochschulgebiet im Zentrum damit nicht abgedeckt.
Bei der untersuchten ersten Variante kommt der Kanton zu folgenden Schlüssen:
- Angenommen wurde eine Verlängerung der S10, da diese aufgrund ihres Rollmaterials besser für die hohen Steigungen und die Ausrichtung auf den städtischen Perimeter geeignet wäre.
- Die Strecke müsste die Limmat und den Tunnel der S-Bahn unterqueren. Bei einer direkten Führung ab dem SZU-Bahnhof im HB bis zum Hochschulgebiet würde das bedeuten, dass die Haltestelle dort rund 60 Meter unter dem Gelände zu liegen käme, was zu unattraktiven Zugangswegen führen würde.
- Bei einer geschwungenen Linienführung hingegen würde die Station etwa 30 Meter unter Gelände zu liegen kommen. Der Kanton hat in der Studie diese Variante untersucht.
- Zwischen Affoltern und Regensdorf könnte die bestehende SBB-Verbindung im vorgesehenen 7,5-Minuten-Takt nicht benutzt werden, weshalb dieser Abschnitt neu erstellt werden müsste.
- Eine Verlängerung vom HB bis zur ETH Hönggerberg würde geschätzt 1,5 Milliarden Franken kosten, eine Verlängerung bis nach Regensdorf 2,5 Milliarden Franken.
Das Nachfragepotenzial wäre hoch und die Reisezeitgewinne auf Abschnitten wie Binz – Hochschulgebiet ebenfalls. Auch aus dem Sihltal könnten dank kurzen Umsteigevorgängen im HB Reisezeitgewinne realisiert werden. Für 2040 schätzt der Kanton das Potenzial auf bis zu 25’000 Reisende pro Tag auf einer solchen Verlängerung vom HB bis zur ETH Hönggerberg. Zum Vergleich: Zwischen Selnau und Zürich HB SZU wurden an Werktagen 2019 rund 35’000 Reisende gezählt. Weniger Potenzial birgt hingegen der Abschnitt Affoltern – ETH Hönggerberg mit bis zu 15’000 Fahrgästen pro Tag, noch weniger jener zwischen Regensdorf und Affoltern (1000 bis 3000 Fahrgäste pro Tag).
Massgebende Veränderungen am Modal Split würden laut Kanton zwischen HB und ETH Hönggerberg nicht erreicht, weil vor allem das bestehende Angebot konkurrenziert würde. Gleichzeitig müsste dieses beibehalten werden. Anders sieht es zwischen Affoltern und ETH Hönggerberg aus: Dort ist der ÖV heute unterdurchschnittlich belegt. Hier wären Gewinne beim Modal Split möglich.
Die volkswirtschaftliche Gegenüberstellung der Folgekosten und des monetarisierten Nutzens (vor allem Reisezeitgewinne) kommt zum Schluss, dass eine Verlängerung der SZU vom HB bis unter die ETH Hönggerberg jährlich einen volkswirtschaftlichen Nutzen von 11 Millionen Franken bringen würde, eine Verlängerung bis Regensdorf einen von 16 Millionen Franken. Dem stehen aber jährliche Folgekosten von 60 respektive 100 Millionen Franken gegenüber.
«Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass eine Verlängerung der SZU gemäss den Vorschlägen des Postulats und der Einzelinitiative aus wirtschaftlicher Sicht nicht zweckmässig ist. Für die Erschliessung der Hochschulstandorte mit ihren ausgeprägten Nachfragespitzen sind punktuelle Verdichtungen des Angebots zielführender als teure und aufwendige Infrastrukturausbauten», schreibt der Regierungsrat.
Der Kantonsrat muss über beide Berichte des Regierungsrats noch entscheiden.
Soweit ich es verstehe, sind die Gleise 31 bis 44 eigentlich zwei Stockwerke unter der Erde, weil die Sihl ja noch durch den HB verläuft. Dazu kommt, dass wir ja noch den Stadttunnel haben. Der war für die Autobahn vorgesehen, welche nicht kommt. Der Tunnel ist 25 Meter breit, das heisst 2×3 Meter Zug, 10 Meter Perron und wir haben immer noch 9 Meter für die Velos. Fehlt die Höhe? Würden einstöckige S-Bahnen (Uetlibergbahn) nicht passen?