Michael Hermann: «Wenn etwas die Stadtentwicklung vorantreibt, ist es das Tram» (+)

Das Tram sorgt für städtisches Ambiente. Bild: Melina Kiefer / Unsplash

Agglomerationsgemeinden wandern politisch nach links. Doch städtisch werden sie deswegen nicht. «Sie sind eher Aussenquartiere», sagt der Politgeograph Michael Hermann. Das könne sich aber ändern – vor allem, wenn eine Tramverbindung gebaut werde. Denn dieses Verkehrsmittel ändere auch viele Strukturen.

In den sechs Schweizer Grossstädten Zürich, Genf, Basel, Lausanne, Bern und Winterthur wohnt ein immer kleinerer Anteil der Schweizer Bevölkerung. Von 14,5 Prozent im Jahr 2000 sank er auf zuletzt 14,2 Prozent. Dafür wächst die Agglomeration überdurchschnittlich stark. Dabei spielt der Verkehr eine wichtige Rolle: Nicht nur erschliessen Busse, Trams und S-Bahnen die Gemeinden ausserhalb der Städte und sorgen so erst für ihre Attraktivität. Sie verändern auch das Lebensgefühl und gar die politischen Haltungen.

Das zeigte sich zuletzt bei der Konzernverantwortungsinitative, über die im November 2019 abgestimmt wurde. Sie fand eine Mehrheit im Volk – und zwar nicht alleine wegen den Grossstädten, sondern, weil ihr urbane Kleinstädte wie Uster oder Pfäffikon genauso zustimmten wie kleinere Gemeinden wie Hausen am Albis, Seegräben oder Mönchaltorf. Selbst im ländlichen Knonauer Amt stimmten viele Gemeinden mit Ja. Die geringe Pendeldistanz zur Stadt Zürich hat zu einem starken Zuzug von dort geführt. Ähnliches zeigt sich in der Region Basel, wo Nachbargemeinden wie Münchenstein oder Allschwil mit der linken Seite abstimmten oder in Bern, wo sich eine Art «linker Gürtel» mit Gemeinden wie Köniz oder Wohlen um die Stadt gebildet hat.

Der Politgeograph Michael Hermann hat dafür eine Erklärung. «Das Städtische wächst über die Grenzen hinaus», sagt er. «Die innere Agglomeration wird linker.» Das sehe man auch in Bern, wo die «freisinnige Oberschichts-Gemeinde» Muri nach links gerutscht sei. Das habe verschiedene Gründe. Einerseits seien die Städte schon dicht bebaut. Das Wachstum finde deshalb ausserhalb der Stadtgrenzen statt. «Die grossen Städte in ihren engen politischen Grenzen verlieren an Bedeutung, weil grosse neue Wohnbauprojekte dort häufig keinen Platz finden. Sie werden stattdessen in der Agglomeration umgesetzt.» Doch welche Folgen hat das?


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