Der Flughafen Zürich hat analysiert, in welche Städte wie viele Menschen ab Zürich fliegen, ohne dass ein Direktflug existiert. Mobimag hat die Liste analysiert. Auf ihr sind auffallend viele Städte in Asien vertreten, aber auch solche in Mittelamerika und den USA. Kommen jetzt neue Direktflüge – und wer bedient sie?
von Stefan Ehrbar
15. Mai 2023
In 187 Städte können Flugpassagiere diesen Sommer ab dem Flughafen Zürich fliegen. Das sind fast so viele wie vor der Coronakrise im Sommer 2019. Damals wurden 195 Destinationen direkt bedient. Nur die Frequenzen sind auch diesen Sommer oft noch nicht auf dem Stand von vor der Krise, wie der damalige Flughafen-Chef Stephan Widrig Mitte März an einer Medienkonferenz sagte.
Nicht nur in europäische Städte, auch auf Langstrecken-Destinationen ist das Netz dicht. Besonders in Nordamerika können vom grössten Schweizer Flughafen aus sehr viele Städte direkt erreicht werden, aber auch in Richtung Asien werden die wichtigsten Metropolen bedient. Dünner ist das Angebot hingegen in Richtung Südamerika und Afrika.
Der Flughafen Zürich analysiert regelmässig, welche grösseren Städte noch nicht direkt vom Flughafen Zürich aus bedient werden, obwohl sie ein hohes Verkehrsaufkommen generieren. Dafür wird angeschaut, wie viele Menschen vom Flughafen Zürich mit Umstieg zu den jeweiligen Destinationen fliegen.
Die entsprechende Route unterteilt der Flughafen in drei Kategorien: In jener der «nicht bedienten Routen» finden sich Städte, die gar nicht ab Zürich angeflogen werden. In jener der «ungenügend bedienten Routen» sind Destinationen aufgeführt, zu denen es zwar Direktflüge gibt, aber noch immer sehr viele Menschen, die via Umstieg dorthin fliegen – ein Indiz für weiteres Potenzial für Direktflüge. In der Kategorie «saisonal bediente Routen» wiederum führt der Flughafen Zürich Destinationen mit hohem Potenzial auf, die derzeit nicht ganzjährig bedient werden.
Die Liste mit den Zahlen von 2019 und 2022 liegt Mobimag vor – und sie überrascht.
In der Kategorie der «nicht bedienten Routen» schwingt die indonesische Stadt Denpasar Bali obenauf. Im Jahr 2019 flogen fast 50’000 Menschen mit einem Umstieg vom Flughafen Zürich dorthin. Die Zahlen für das Jahr 2022 sind wegen der Reiseeinschränkungen wegen der Coronapandemie besonders im asiatischen Raum und der allgemein noch tieferen Reisetätigkeit deutlich tiefer und entsprechen deshalb nicht dem Volumen eines «normalen» Reisejahres.
Destination | Indirekte Passagiere 2019 | Indirekt 2022 |
---|---|---|
Denpasar Bali | 48’152 | 17’393 |
Taipei | 34’643 | 4’750 |
Kuala Lumpur | 32’631 | 24’779 |
Sydney | 31’660 | 20’310 |
Manila | 29’585 | 18’375 |
Melbourne | 20’809 | 13’535 |
Auckland | 19’435 | 6’664 |
Jakarta | 19’276 | 15’329 |
Koh Samui | 17’344 | 6’078 |
Brisbane | 17’210 | 8’046 |
Mexico City | 17’075 | 18’726 |
Ho Chi Minh City | 16’304 | 10’212 |
Mit Ausnahme von Mexico City besteht die Liste ausschliesslich aus Städten in Asien und Australien. Oft handelt es sich allerdings um sehr weit entfernte Destinationen, die wohl kaum wirtschaftlich angeboten werden können. Flüge etwa nach Sydney könnten zwar technisch möglich sein. So plant etwa Qantas einen Direktflug von London nach Sydney. Weil auf einer so langen Strecke aber sehr viel Treibstoff getankt werden müsste, könnte wohl nur wenig Fracht mitgenommen werden, was allerdings beispielsweise bei der Swiss eine sehr wichtige Rolle für die Rentabilität von Routen spielt.
Bei Denpasar Bali wiederum dürfte der Anteil von Freizeitreisenden sehr hoch sein, die allerdings weniger oft Business oder First Class buchen. Für Airlines wie die Swiss, die den Hub am Flughafen Zürich betreibt, sind die Erlöse aus diesen hochpreisigen Klassen allerdings ebenfalls wichtig, um Routen wirtschaftlich betreiben zu können. Viel Geschäftsverkehr dürfte es hingegen in Richtung Mexico City geben – eine möglicherweise vielversprechende Destination für interessierte Airlines.
Bei der Liste der «ungenügend bedienten Routen» schwingt Bangkok obenauf. Trotz Direktflügen reisten 2019 fast 70’000 Menschen mit Umstieg in die thailändische Hauptstadt.
Destination | Indirekte Passagiere 2019 | Indirekt 2022 |
---|---|---|
Bangkok | 64’093 | 29’363 |
Seoul | 36’619 | 27’118 |
New York | 35’857 | 22’223 |
Tokyo | 35’596 | 8’978 |
Delhi | 33’721 | 19’077 |
Mumbai | 30’112 | 15’245 |
Colombo | 29’449 | 23’929 |
Shanghai | 27’170 | 0 |
Phuket | 25’628 | 13’579 |
Hong Kong | 25’117 | 4’494 |
Singapur | 22’433 | 16’373 |
Sao Paulo | 21’679 | 20’161 |
Danach folgen Seoul, New York, Tokyo und Delhi. Bei den indirekten Passagieren zu diesen Destinationen dürfte es sich auch um eine preissensitivere Kundschaft handeln, die lieber länger unterwegs ist, als die oft teureren Direktflüge zu bezahlen.
Laut Flughafen-Zürich-Sprecherin Bettina Kunz werden die Daten zum einen von einem sogenannten Anbieter für Market Intelligence bezogen, andererseits auch vom Flughafen selbst erhoben. Die Daten beinhalten Passagiere, die von Zürich indirekt über einen Umsteigeflughafen an die jeweilige Destination fliegen.
Werden Direktflüge auf bisher nicht bedienten Strecken angeboten, so wird auch Nachfrage geschaffen. Die Nachfrage, die mit einem Direktflug generiert werden könne, liege je nach Destination zwischen 30 und 100 Prozent über dem bisherigen, indirekt gereistem Aufkommen.
Im Sommer werde Seoul durch Korean Airlines wieder direkt angebunden, eine der grossen wirtschaftlich, politisch und kulturell wichtigen Metropolen in Asien, die noch gefehlt habe. Ausserdem würden die Kapazitäten nach Hong Kong und Shanghai ausgebaut, so Kunz.
Potenzial gibt es für die Airlines darüber hinaus in der Kategorie der «saisonal bedienten Routen».
Destination | Indirekte Passagiere 2019 |
---|---|
Colombo | 31’644 |
Phuket | 28’151 |
Male | 17’346 |
Atlanta | 15’605 |
Denver | 15’219 |
Cape Town | 14’045 |
Vancouver | 13’864 |
Orlando | 10’343 |
«Nach der Pandemie war und ist oberstes Ziel, die Destinationsvielfalt und das Sitzangebot wiederherzustellen. Im Sommer 2023 werden wir wieder 95% der Destinationen und 90% der Airlines zurückhaben», sagt Kunz. «Darunter befinden sich auch neue Strecken wie Ethiopian Airlines nach Addis Abeba und damit einfachen Zugang zum afrikanischen Kontinent oder Saudia nach Riad, im sich öffnenden Saudi-Arabien. Diese gute interkontinentale Anbindung mit vielen Direktverbindungen aus der Schweiz ist sehr wertvoll für den Wirtschaftsstandort Zürich und die Schweiz als Ganzes und ist, insbesondere auch im Quervergleich mit vergleichbaren Metropolregionen, keineswegs eine Selbstverständlichkeit.»
Das Aviation Development Team des Flughafen kümmere sich um den bedarfsgetriebenen Ausbau des Verkehrsnetzes und des Kapazitätsangebots mit neuen Airlines und neuen Strecken in Zürich. «Sie pflegen deshalb die Kontakte mit diversen Airlines und besuchen auch entsprechende Fachkonferenzen, um neue Airlines für Zürich zu begeistern», so Kunz.
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