Das sind die Pläne von Flixtrain und Flixbus // So steht es um saubere Busse in Europa // Wie sich die Zugsparte von Siemens retten will

Siemens baut unter anderem ICE-Züge für die Deutsche Bahn. Bild: Pascal Bernardon/Unsplash

Mit Fernbussen und -zügen erobert Flix die Welt. Steht nun ein Börsengang bevor? Ausserdem im Blick aufs Ausland mit Links zu spannenden Geschichten: Die Busflotten in Europa werden in schnellem Tempo sauberer – und die Mobilitäts-Sparte des deutschen Industriekonzerns Siemens will sich mit Digitalisierung vor einer Abspaltung retten.

von Stefan Ehrbar
10. Mai 2024

Das planen Flixtrain und Flixbus

Vor 12 Jahren wurde die heutige Flix SE gegründet. Mittlerweile ist das Unternehmen mit Hauptsitz in München, das Fernbusse und -züge in der ganzen Welt betreibt, dominierend in der Branche. Bekannt ist die Firma hierzulande für die Fernbusse unter dem Namen Flixbus und die Fernzüge unter dem Namen Flixtrain, zu ihr gehören aber etwa auch die US-Fernbusse von Greyhound.

Dieses Jahr ist Flix nun auch in Indien in den Markt eingetreten und schreibt mittlerweile einen Umsatz von etwa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Die NZZ hat diese Woche mit Mitgründer und CEO André Schwämmlein über die Zukunftspläne des Unternehmens gesprochen.

Das Geschäftsmodell des Plattform-Anbieters präge die Firma bis heute, heisst es im Artikel. Flix arbeitet mit externen Partnerfirmen zusammen, die beispielsweise die Busse und die Züge betreiben. Flix kümmert sich um die Buchungsplattform und das Streckennetz, erstellt die Fahrpläne und beschafft die Konzessionen.

Das frühere Startup habe mittlerweile 5500 Mitarbeitende ohne Angestellte der externen Partner und über 1000 Partner, die mit mehr als 5000 Bussen in 43 Ländern über 5600 Destinationen bedienen. Der grösste einzelne Markt seien die USA, Europa als ganzes sei aber wichtiger als Nordamerika.

Allerdings sei Flix durch die Übernahme des Busanbieters Kamil Koc in der Türkei und von Greyhound auch in den Besitz eigener Flotten gekommen. Der weitere Ausbau soll aber auch dort nach dem Partnermodell vonstatten gehen.

«Die Einnahmen aus dem Busverkehr fliessen durchschnittlich zu 70 Prozent an die Partner und zu 30 Prozent an Flix», heisst es im Artikel. «Um Partner zu werden, genügt es jedoch nicht, einen alten Bus grün zu streichen. Vielmehr gibt Flixbus vor, wie ein Bus beschaffen sein und wann er ersetzt werden muss. Laut dem CEO produzieren die grossen Bushersteller inzwischen Busse nach den Flix-Standards.»

Schwämmlein plädiert für eine Öffnung des Marktes auch im Schienenverkehr. Bei den Fernbussen habe sich gezeigt, dass nach einer Liberalisierung die Qualität gestiegen, die Preise gesunken und das Angebot gewachsen sei. Den Staat habe das jeweils nichts gekostet, sondern im Gegenteil Steuereinnahmen generiert.

Das vergangene Jahr war laut Schwämmlein erst das zweite profitable Jahr. Zuvor habe die Firma Verluste in Kauf genommen, um schneller zu wachsen. Zuletzt transportierte Flix 81 Millionen Passagiere pro Jahr und schrieb einen Jahresgewinn von 104 Millionen Euro. Die Firma will weiter wachsen, insbesondere in Lateinamerika und Asien. Laut der NZZ könnte ein Börsengang folgen – eine Spekulation, die Schwämmlein nicht kommentieren will.

So steht es um saubere Busse in Europa

Bussen kommt bei der Verkehrswende und der Erreichung von Netto-Null-Zielen eine zentrale Rolle zu. Noch immer werden aber viele Linienbusse im öffentlichen Verkehr mit Diesel betrieben, womit ihre Klimabilanz zwar besser ist als jene einzelner Autos, aber schlechter als beispielsweise jene von Bahn oder Trams.

Gleichzeitig sind Elektrobusse mittlerweile gut verfügbar und ihre Preise sinken. Die Busflotten in ganz Europa werden denn auch sauberer, berichtet diese Woche der ÖV-Verband UITP (Union Internationale des Transports Publics). Der Verband hat eine Studie zu den Busflotten im vergangenen Jahr vorgestellt. Angesichts der Nachhaltigkeitsziele auf europäischer Ebene sei die Busbranche von entscheidender Bedeutung, heisst es in einem Artikel des Verbands.

Er hat zwischen März und Juli 2023 öffentliche und private Verkehrsunternehmen in ganz Europa befragt. Teilgenommen haben 40 öffentliche Verkehrsunternehmen und 14 private, die zusammen knapp 41’000 Busse betreiben.

Derzeit ist etwa ein Viertel aller in der Umfrage erfassten Busse emissionsfrei unterwegs. Gemäss den Plänen der befragten Unternehmen wird sich dieser Anteil bis ins Jahr 2027 verdoppeln, bis 2030 soll er gar auf 70 Prozent ansteigen.

Der Anteil von Dieselbussen werde zwar drastisch zurückgehen, eine komplette Abschaffung in den nächsten Jahren zeichne sich aber in keiner Region ab.

Im Jahr 2030 sollen noch etwa 22 Prozent der Busflotten aus dieselbetriebenen Fahrzeugen bestehen. Die Zahl der Erdgasbusse hingegen wird wohl stabil bleiben bei etwa 11 Prozent der Flotten. «In Mittel- und Osteuropa wird eine Zunahme der Erdgasbusse die derzeitige Flotte der umweltschädlicheren Dieselbusse reduzieren. In Südeuropa hingegen wird der Anteil der Erdgasbusse an der Busflotte von derzeit fast der Hälfte zurückgehen, da sich der Anteil der batterieelektrischen Busse fast verzehnfacht», heisst es im Artikel.

So soll die Siemens-Zugsparte gerettet werden

Die Sparte Mobility des deutschen Industriekonzerns Mobility baut ICE-Züge für Deutschland, U-Bahnen für London oder Regionalzüge für ganz Europa. Doch innerhalb des Konzerns hat die Sparte zusehends einen schweren Stand.

Im Geschäftsjahr 2022/2023 erzielte sie einen Umsatz von 10,5 Milliarden Euro und eine operative Rendite von 8,4 Prozent. Zum Vergleich: Der Gesamtkonzern setzte knapp 78 Milliarden Euro um. Die operativen Renditen in den Geschäftsbereichen Digitale Industrien (22,6%), Healthineers (11,7%) oder Smart Infrastructure (15,4%) waren deutlich höher.

Wie das «Handelsblatt» berichtet, drängten kritische Investoren deshalb auf eine Abspaltung aus dem Konzern. Die Sparte selbst sehe ihre Zukunft hingegen in der Digitalisierung.

So würden rund 150 Millionen Euro in den Ausbau eines Servicedepots in Dortmund investiert. Der Standort soll mit einer Fokussierung auf Künstliche Intelligenz, Software und digitale Servicelösungen zu einem «weltweiten Leuchtturmprojekt» werden.

Damit wolle die Sparte auch Forderungen nach einer Abtrennung von Siemens begegnen, heisst es im Artikel. Die Züge sollen künftig permanent Daten ans Depot senden. So könne etwa erkannt werden, wann eine Türe bald ausfalle und diese vorausschauend gewartet werden.

«Im Servicedepot seien bereits alle Daten verfügbar und die Werkzeuge bereitgestellt, wenn das Fahrzeug einrolle», wird Mobility-Chef Michael Peter zitiert. «Mithilfe der Digitalisierung könne man eine Verfügbarkeit der Züge von bis zu 100 Prozent, eine höhere Taktung auf bestehender Strecke und Technologien wie das automatisierte Fahren ohne Lokführer ermöglichen.»

Peters sagt, die Strategie von Siemens sei es, Geschäfte zu machen, die von Megatrends gestützt seien und gesellschaftlich relevant seien. Deshalb passe das Mobilitäts-Geschäft sehr gut zum Konzern, und es profitiere vom frühen Zugang zu Siemens-Technologien.

Fondsmanager sind hingegen deutlich kritischer. So forderte Fondsmanagerin Sabrina Reeh von der DWS laut dem Artikel auf der Siemens-Hauptversammlung eine Abspaltung. Das Zuggeschäft passe nicht zu einem Technologiekonzern. Ähnlich argumentiert auch Vera Diehl von Union Investment: «Natürlich wäre ich für eine Abspaltung der Bahntechnik. Es ist die Sparte mit der niedrigsten Profitabilität.»

Siemens Mobility konnte laut dem Artikel die Profitabilität in den letzten Jahren zwar verbessern, das Problem der niedrigen Margen im Vergleich zu anderen Geschäftsfeldern von Siemens bleibe aber. «Doch profitiert Mobility wie die anderen Siemens-Bereiche von einem Megatrend. Der Bahntechnikmarkt, da sind sich Experten weitgehend einig, wird mittel- und langfristig weiter wachsen. Viele Länder wie Indien müssen ihr Schienennetz weiter ausbauen und elektrifizieren, auch in den etablierten Märkten gibt es grosen Modernisierungsbedarf.»

Schreiben Sie einen Kommentar

Diesen Artikel kommentieren