Die SBB plant für die S-Bahn Zürich drei neue Service- und Abstellanlagen. Die lokale Bevölkerung läuft Sturm und überhäuft den Kanton mit Einwendungen. Sogar Grünen-Präsident Balthasar Glättli kritisiert die Bahn, die in den Städten ihre Areale vergolde und auf dem Land Natur vernichte. Ist nun der Bahnausbau in Gefahr?
Die S-Bahn Zürich platzt aus allen Nähten. Die Coronakrise sorgt bestenfalls für einen Marschhalt, aber nicht für eine Umkehr des Trends. Immer mehr Pendler steigen in die doppelstöckigen Züge. Um fast 22 Prozent nahmen die S-Bahn-Frequenzen an der Stadtgrenze Zürich zwischen 2010 und 2018 zu, zuletzt wurden dort jeden Werktag 526’000 Menschen gezählt.
Mit der heutigen Infrastruktur ist ein Ausbau kaum mehr möglich. Damit die S-Bahn nicht kollabiert, plant der zuständige Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) deshalb den grossen Wurf: Die S-Bahn der zweiten Generation, kurz S-Bahn 2G. Ab 2035 sollen erste Teile davon umgesetzt werden.
Mit dem Ausbauschritt benötigt die Betreiberin der S-Bahn, die SBB, aber auch neue Service- und Abstellanlagen. Dafür hat sie drei Standorte sondiert. Eine erste, grosse Serviceanlage soll in Bubikon entstehen, zwei weitere zu einem späteren Zeitpunkt in Hombrechtikon und Eglisau/Glattfelden. Mitte Dezember 2020 wurden die Pläne publik: Der Kanton Zürich will die Flächen in einer entsprechenden Teilrevision seines Richtplans für den öffentlichen Verkehr sichern.
Die Abstellanlage in Feldbach bei Hombrechtikon soll eine Gesamtfläche von 25’000 Quadratmetern aufweisen, jene zwischen Eglisau und dem Bahnhof Glattfelden 42’500 Quadratmeter.
Diese beiden Anlagen werden aber erst zu einem späteren Zeitpunkt benötigt. Die Anlage in Eglisau soll laut dem «Zürcher Unterländer» erst in den Jahren 2040 bis 2045 gebaut werden.
Die grösste der drei Anlagen soll in Bubikon im Zürcher Oberland zu liegen kommen. Es handelt sich laut dem Richtplan-Eintrag um eine kombinierte Abstell- und Serviceanlage.
Die Abstellanlage umfasst laut aktueller Planung zehn beidseitig eingebundene Abstellgleise mit insgesamt 4’400 Metern Länge sowie eine Instandhaltungshalle mit fünf Standplätzen à 150 Meter. Hinzu kommen Vorlaufgleise vor der Halle sowie je ein Gleis mit Durchlaufreinigungs- und Entsorgungsanlage. Etwa 80’000 Quadratmeter Land wird die Anlage benötigen.
Gegen sie formierte sich der grösste und lauteste Protest. Anwohner haben eine Interessensgemeinschaft gegründet und eine grosse Medienpräsenz erreicht, die Gemeinde stellt sich hinter den Protest. In Hombrechtikon das gleiche Bild. Der dortige Gemeinderat hat klar gemacht, was er vom Projekt hält, nämlich nichts. «Auf keinen Fall», titelte er seine Pressemitteilung zu den Plänen der SBB. «Für den Gemeinderat Hombrechtikon ist dieser Vorschlag nicht zu tolerieren», heisst es dort. Der Bedarf für zusätzliche Abstellanlagen sei zwar nachvollziehbar, der Standort aber untauglich. Es handle sich um ein Landschaftsschutzgebiet, aber auch um einen wichtigen Erholungsort für die Bevölkerung. Eine langwierige Auseinandersetzung vor Gerichten steht bevor: «Der Gemeinderat wird sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diese Anlage wehren», tönt es aus Hombrechtikon.
Bis Ende März lag die Richtplan-Revision öffentlich auf. Nun zeigt sich: Der Widerstand gegen die neuen Anlagen aus der Bevölkerung ist riesig. «Es sind deutlich über 1’000 Einwendungen eingegangen», sagt Markus Pfanner von der Baudirektion des Kanton Zürich. Und weil der Poststempel gelte, könnten weitere Einwendungen erst noch eintreffen.
Ist der S-Bahn-Ausbau damit gefährdet?
Lesen Sie gleich weiter
Jetzt eine Woche lang kostenlos testen!
Danach lesen Sie für 7.90 Fr. / Monat weiter.
Bei Kündigung während der Probewoche findet keine Belastung statt!
Kreditkarte oder Paypal erforderlich
Sie möchten gleich einen Zugang kaufen?
- Monatsabo: Monatlich — CHF7,90
- Jahresabo — CHF40,00
Schreiben Sie einen Kommentar