
Die Stadt Zürich ist bei der Planung der künftigen Gestaltung des Hauptbahnhofs weiter. Klar ist, dass der Autoverkehr stark reduziert, der Fussverkehr gefördert und der ÖV neu organisiert werden sollen. Doch die kantonale Gesetzgebung verunmöglicht es, das Auto ganz zu verbannen. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse.
von Stefan Ehrbar
13. Dezember 2022
Der Raum um den Zürcher Hauptbahnhof soll neu gestaltet werden. Das ist der politische Wille des Gemeinderats, der dem Stadtrat den Auftrag gegeben hat, eine entsprechende Planung zu erarbeiten. Auf deren Grundlage sollen die Stadtraum- und Verkehrsprojekte «besser auf die zukünftigen Anforderungen abgestimmt werden können».
Nun wird langsam klar, wie die Gegend rund um den grössten Schweizer Bahnhof künftig aussehen soll. Sie wird von 750’000 Fussgänger täglich frequentiert, rund zwei Drittel davon sind Bahnhofbenutzer. Im November wurde ein Schlussbericht zur Testplanung zum Masterplan HB/Central veröffentlicht. Der Masterplan selbst soll nächstes Jahr aufliegen.
Dementsprechend zeigt der Schlussbericht noch nicht im Detail, wie der Raum künftig gestaltet werden. Doch einige Aussagenlassen sich bereits machen, denn auf gewisse Grundsätze konnte sich die Stadt bereits verständigen.
Für den Schlussbericht wurden die Ideen der Teams Studio Vulkan und Van de Wetering analysiert und synthetisiert. Ursprünglich waren vier Teams eingeladen worden, zwei schafften die Hürde der Stufe 2 nicht. Für die Testplanung wurden auch die Anliegen von Anwohnenden berücksichtigt, die via Echogruppe einbezogen wurden. Zudem waren diverse Organisationen involviert, von den VBZ über die Stadtpolizei und die SBB bis hin zu wichtigen Firmen und Läden in der Umgebung.
Diese Veränderungen stehen rund um den Zürcher HB an:

- Die Durchgangsfunktion für den motorisierten Individualverkehr (MIV) soll aufgehoben werden.
- Nicht mehr nur der Bahnhofplatz soll als Platz fürs «Ankommen» dienen. Trittsteine docken an den Bahnhof und die Gleise an und vernetzen diese mit den Quartieren und dem Tram- und Busverkehr – etwa im Raum Europaallee, Zollplatz, Bahnhofsplatz, Landesmuseum und Bahnhofquai.
- Für die unterirdische Einkaufspassage Shopville soll es neue grosszügige, zentral gelegene Zugänge auf der Stadtebene geben – etwa für die mittlere Passage (Gessneralle) mit grosszügigen Zugängen entlang der Sihl nach Norden und Süden (bei Nummer 6 auf der Grafik).
- Die heutige Rückseite des Bahnhofs auf der Seite Landesmuseum/Museumsstrasse soll eine neue Vorderseite werden – etwa mit einem hochwertigen Platz. Auch der Zollplatz (bei Nummer 4) soll attraktiver werden, indem er ein Dach erhält. Im nordseitigen Flügel sollen künftig Nutzungen beherbergt werden, die mehr Öffentlichkeit schaffen (heute sind dort Büros, die Fundsachen-Stelle oder die Polizei untergebracht).
- Die Flussräume sollen besser zugänglich gemacht werden.
- Die Flächen vor dem Hauptbahnhof sollen attraktiv gestaltet werden – mit Wegen für Fussgänger, die «nicht durch die Trennwirkung des motorisierten Verkehrs unterbrochen werden». Dazu gehören auch neue Brücken für den Fussverkehr (etwa Bahnhofquai – Neumühlequai oder Landesmuseum-Stampfenbachplatz).
- Einige Flächen wie Parkplätze sollen entsiegelt werden.
- Rund um den Hauptbahnhof sind sichere, durchgehende und komfortable Velorouten geplant. Auf der Ostseite des Bahnhofs sollen zwei neue unterirdische Velostationen entstehen, die genaue Lage ist noch unklar.
- Das ÖV-Liniennetz und die Haltestellen im Raum HB/Central sollen überprüft werden. Möglich ist etwa eine Verlegung gewisser Haltestellen auf die Bahnhofbrücke und eine Aufhebung des «Kreisels» am Central, was eine behindertengerechte Gestaltung ermöglichen würde. Geprüft werden soll auch, ob Trams über den Neumühlequai und via Löwenstrasse – Gessnerbrücke beziehungsweise Postbrücke – Kasernenstrasse geführt werden könnten (statt wie heute über die Löwenstrasse. Auch die Frage, ob die Bahnhofbrücke vom MIV befreit werden kann und ob die Haltestelle Central ganz aufgehoben werden könnte, ist Gegenstand weiterer Überprüfungen.
- Der MIV soll stark reduziert werden. Allerdings darf wegen der kantonalen Gesetzgebung die Kapazität der Hauptverkehrsachsen nicht reduziert werden. Es muss also für jeden Kapazitäts-Abbau Ersatz geschaffen werden. Gleichzeitig sollen angrenzende Quartiere keinen Mehrverkehr spüren. Auf der Nord-Süd-Achse soll der MIV in eine neue, lange Unterführung Bahnhofquai verlegt werden (bei Nummer 2). Ob und wie die Ost-West-Achse (zwischen Nummer 1 und 3) vom Autoverkehr befreit werden könnte, wird geprüft. Gleichzeitig muss die Anlieferung und die Zugänglichkeit etwa für Taxis und Blaulichtorganisationen weiterhin gewährleistet bleiben.
Der Masterplan, der auf dieser Testplanung aufbaut und die Grundlage für die Verkehrsplanung und konkrete Bauprojekte im Gebiet bildet, soll nächstes Jahr vorliegen. Die Umsetzung soll in Etappen bis ins Jahr 2050 geschehen.
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