Neue Zahlen des Bundes belegen: Nur in wenigen Regionen der Schweiz setzen Pendlerinnen und Pendler häufiger auf den ÖV als das eigene Auto. In den letzten Jahren hat dieser Anteil noch abgenommen. Bahn, Bus und Tram sind vor allem bei Menschen im oberen Kader beliebt, nicht aber bei jenen, die manuelle Arbeit verrichten.
von Stefan Ehrbar
26. Juni 2023
Im Jahr 2019 nutzten 52,48 Prozent der Arbeitspendlerinnen und -pendler in der Schweiz das Auto als Hauptverkehrsmittel. In der Coronakrise nahm dieser Anteil zu: Im Jahr 2021 lag er bei 54,16 Prozent – 1,68 Prozentpunkte höher als zwei Jahre zuvor. Das zeigen neue Zahlen des Bundesamt für Statistik, die Mobimag ausgewertet hat.
Beim öffentlichen Verkehr zeigte sich dementsprechend genau das umgekehrte Bild: Sein Anteil bei den Pendlern sank von 30,62 Prozent im Jahr 2019 auf 27,25 Prozent. Das sind sogar 3,37 Prozentpunkte weniger. Dass dem so ist, überrascht allerdings nicht. Denn gerade bei Berufsgruppen, in denen häufig Homeoffice möglich ist, hatte der ÖV zuvor einen guten Stand. Dass er hier besonders Federn lassen musste, ist wenig erstaunlich.
Die Unterschiede in den Bevölkerungsgruppen sind gross. Das zeigt sich etwa bei der beruflichen Position. Lernende – oft noch zu jung fürs eigene Auto – nutzen mehrheitlich den ÖV zum Pendeln. Beliebt sind Bahn und Bus auch bei Menschen in akademischen Berufen oder im oberen Kader. In dieser Gruppe setzten 2021 35,6 Prozent auf den ÖV und 43,8 Prozent auf das Auto.
Ebenfalls vergleichsweise oft genutzt wird der ÖV in sogenannten «intermediären Berufen», also im Wesentlichen im mittleren und unteren Kader. Kaum auf den ÖV setzen hingegen Menschen in qualifizierten manuellen Berufen ohne Führungsfunktion – also etwa klassische Handwerker-Jobs – und Selbständige.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der ÖV-Nutzung nach Ausbildungsniveau. Besonders beliebt ist der ÖV mit einem Anteil von 31 Prozent einerseits bei Menschen ohne nachobligatorische Bildung und andererseits bei solchen mit einer Tertiärbildung, also beispielsweise einem Universitäts-Abschluss. In dieser Gruppe ist auch der Anteil des Autos mit 49 Prozent am tiefsten.
Werden die Hauptverkehrsmittel nach Pensum aufgeschlüsselt, zeigt sich, dass der ÖV bei Menschen mit einem Pensum von 70 bis 89 Prozent am beliebtesten ist. Hier ist auch der Auto-Anteil am tiefsten. Erstaunlicherweise am tiefsten war der ÖV-Anteil im Jahr 2021 bei Pendlerinnen und Pendlern in einem Vollzeitpensum.
Dies könnte damit zu tun haben, dass Menschen in akademischen Berufen oder im oberen Kader häufig über ein gutes Einkommen verfügen, das es ihnen erlaubt, in einem tieferen Pensum zu arbeiten. Gleichzeitig handelt es sich dabei häufig um klassische Bürojobs in Städten, die gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen sind und die nicht in Schichtarbeit erledigt werden müssen.
Grosse Unterschiede gab und gibt es in den Regionen. Im Jahr 2021 war der Anteil des ÖV als Hauptverkehrsmittel nur gerade in drei Kantonen höher als jener des Autos: In Zürich, Basel-Stadt und Genf.
Im Jahr 2021 war der Anteil des ÖV als Hauptverkehrsmittel bei allen Pendlerinnen und Pendlern im Kanton Zürich mit 42,6 Prozent am höchsten. Der Rückgang gegenüber 2019 beträgt 4,3 Prozentpunkte. Danach folgt Basel-Stadt. Hier ist zu beachten, dass der Anteil der Pendlerinnen und Pendler, die weder ÖV noch Auto als Hauptverkehrsmittel nutzen, sondern das Velo oder das zu Fuss Gehen, im Stadtkanton wegen seiner kleinen Grösse und hohen Dichte überdurchschnittlich hoch ist.
Am tiefsten war der ÖV-Anteil im Jahr 2021 im Kanton Jura (16,6%) und im Kanton Wallis (13,9%). Keine statistisch verlässlichen Werte konnten für die Kantone Uri, Ob- und Nidwalden, Glarus und Appenzell Innerrhoden ermittelt werden.
Ziemlich genau das umgekehrte Bild zeigt sich bei den Pendlerinnen und Pendlern, die angeben, das Auto als Hauptverkehrsmittel zu nutzen. In der ganzen Schweiz waren es 2021 54,2 Prozent, knapp 1,7 Prozentpunkte mehr als noch im Jahr 2019.
Am höchsten war der Auto-Anteil in den Kantonen Freiburg, Appenzell-Innerrhoden und Wallis, am tiefsten in den Kantonen Zürich, Genf und Basel-Stadt.
Schreiben Sie einen Kommentar