Neue Daten der SBB zeigen, in welchen Orten die meisten Generalabos pro Einwohner verkauft wurden. Der Einfluss von Arbeitgebern wie der SBB selbst ist unübersehbar. Doch in kleinen Dörfern findet sich die noch grössere GA-Dichte – und in zwei Regionen ist das Generalabo besonders unbeliebt. Das könnte sich ändern.
von Stefan Ehrbar
13. Februar 2023
Jedes Jahr veröffentlicht die SBB die Auflistung der Generalabos pro Postleitzahl (PLZ). Kombiniert mit den Bevölkerungsdaten des Bundesamt für Statistik (BFS) lässt sich damit errechnen, in welchen Orten und Ortsteilen die meisten GA pro Einwohner verkauft wurden.
Mobimag hat die jüngsten Daten für das Jahr 2021 analysiert. In jenem Jahr war die Zahl der GA vergleichsweise tief, weil viele Menschen während der Coronakrise mit starken Einschränkungen und einem hohen Homeoffice-Anteil ihr GA kündigten. Fast 100’000 Abos verlor die Bahn in den Jahren 2020 bis 2022. Mittlerweile haben sich die GA-Verkaufszahlen wieder etwas stabilisiert. Zwischen Oktober 2021 und Anfang Dezember 2022 konnte die Branche wieder zusätzliche 40’000 GAs verkaufen.
In der Betrachtung der Postleitzahlen mit den meisten GA pro Einwohner fällt zunächst auf, wie viele kleine Dörfer vertreten sind. Das hat auch statistische Gründe: Wenn laut dem BFS nur eine Handvoll Menschen in einer PLZ lebt, reicht auch eine Handvoll verkaufte GA für einen hohen Wert. Im Fall von Bern Holligen, wo es mehr GA als Einwohner gibt, dürfte das mit grossen Arbeitgebern wie dem Inselspital zusammenhängen.
Um diese statistischen Effekte zu bereinigen, wurde eine Rangliste für Posteitzahlen mit mindestens 100 verkauften Generalabos erstellt. Dabei fällt auf, wie viele Berner Gemeinden und Quartiere der Stadt Bern in den Top 10 vertreten sind.
Von den 10 PLZ mit den meisten GA pro Einwohner handelt es sich in dieser Betrachtung in fünf Fällen um Teile der Stadt Bern. Das ist allerdings nicht erstaunlich. In Bern befindet sich der Hauptsitz sowohl der SBB als auch der BLS und Postauto. Dementsprechend viele ÖV-Angestellte wohnen hier. Diese haben Anrecht auf ein stark rabattiertes Mitarbeiter-GA namens FVP («Fahrvergünstigung Personal»). Und nicht nur sie: Auch Angehörige oder Pensionierte können von einem FVP Gebrauch machen. Wie die Tamedia-Zeitungen im Jahr 2019 berichteten, wurden alleine im Jahr 2018 über 100'000 solche GA-FVP ausgestellt.
Daneben spielt in Bern auch die Bundesverwaltung eine allerdings kleinere Rolle. Wer dort angestellt ist und besonders viele Dienstreisen macht, hat Anspruch auf ein Gratis-GA.
Ebenfalls sehr hoch ist die GA-Dichte in Olten und Aarau. Ersteres ist ebenfalls eine traditionelle Bähnler-Gemeinde, in der die FVP eine gewisse Rolle spielen dürften. Beide gehören zudem zu den mit der Bahn sehr gut erschlossenen Gemeinden im Mittelland, in denen ein hoher Anteil der Bevölkerung pendelt. Thun und Spiez mit einer hohen GA-Dichte haben andererseits viele Pendler in Richtung Bern.
Am anderen Ende der Rangliste fällt auf, dass fast exklusiv Gemeinden im Kanton Tessin wie Balerna, Cadenazzo oder Coldrerio eine sehr tiefe GA-Dichte mit nur gut 0,002 GA pro Einwohner aufweisen. Das erstaunt nicht, war doch das ÖV-Angebot in der Südschweiz lange Zeit deutlich unter dem Niveau der Deutschschweiz. Mit dem deutlichen Ausbau des S-Bahn- und Bus-Angebots Angebots mit der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels Ende 2019 hat sich das geändert. Bis sich diese Verbesserung in den GA-Zahlen niederschlägt, dürften aber mindestens drei Jahre vergehen. Dasselbe gilt für die Westschweiz, in der tendenziell ebenfalls eine tiefe GA-Dichte vorherrscht. Hier wurde mit der Eröffnung des Léman-Express Ende Dezember das Bahn-Angebot deutlich ausgebaut.
Allerdings bedeuten Ausbauten nicht zwingend auch Erhöhungen der GA-Dichte. Besonders in Regionen mit vielen Einwohnern und Arbeitsplätzen am selben Ort entscheiden sich viele Pendlerinnen und Pendler für ein günstigeres Verbund-Abo.
In absoluten Zahlen wurden im Jahr 2019 am meisten GA in der Stadt Zürich abgesetzt, gefolgt von Bern und Winterthur. Aus der zweiten Zürcher Grossstadt pendeln viele nach Zürich.
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