Vom Beamtenbillett über das Arbeiterabo zum GA: Die Erfolgsgeschichte der Flatrate-Angebote im Schweizer ÖV (Abo)

In der Schweiz besitzen Millionen Menschen ein Abo. Wie kommt das? Bild: SBB

Schon im 19. Jahrhundert schrieben Kantone ÖV-Betrieben vor, dass sie Abonnemente anbieten müssen. Bereits 1950 wurden mehr als eine Million Arbeiter- und Streckenabos abgesetzt. Das Waldsterben und ein Basler Experiment verhalfen den Abos zum dauerhaften Erfolg. Ein Gang durch die Geschichte.

von Ueli Haefeli
4. April 2022

Beim folgenden Text handelt es sich um einen Auszug des neu erschienenen Buchs «Mobilität im Alltag in der Schweiz seit dem 19. Jahrhundert» von Ueli Haefeli. Es kann beim Chronos Verlag bestellt werden. Dieser Vorabdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Der neudeutsche Begriff Flatrate, der einen Pauschalpreis für die Nutzung einer Dienstleistung bezeichnet, wird im Allgemeinen im Zusammenhang mit allen Spielarten der Telefonie und des Internetzugangs gesehen. In mancher Hinsicht liegen die Wurzeln dieses Begriffes aber im öffentlichen Verkehr. In diesem reichen sie weit ins 19. Jahrhundert zurück. Verwendung fand damals aber nicht der Begriff Flatrate, sondern der aus dem Französischen abgeleitete Begriff Abonnement. Abonnemente interessieren aus mobilitätsgeschichtlicher Perspektive zunächst, weil sie Hinweise auf die regelmässige Nutzung des öffentlichen Verkehrs geben und damit Einblicke in individuelle Mobilitätskonzepte bieten. Darüber hinaus beeinflussen Abonnemente das Verhalten ihrer Besitzer*innen, indem sie die Mobilitätsoptionen vermehren, neue Ziele ohne Mehrkosten erreichbar machen und damit neue Wünsche wecken.

Aus Sicht der Anbieter ist der Zweck von Abonnementen selbstverständlich in der Kundenbindung zu sehen. Darüber hinaus erleichtern sie sowohl für den Anbieter als auch für die Kund*innen des öffentlichen Verkehrs den Bezahlvorgang wesentlich. Sie verbilligen die Nutzung desselbigen und sie führen, wie neue Strassen, immer auch zu Mehrverkehr, der je nach Situation mehr oder weniger erwünscht sein mag. Und nicht zuletzt erlauben sie betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich motivierte Steuerungen des Mobilitätsverhaltens im Tages- und Wochenverlauf, aber auch bezüglich Routen und Zielorten. Heute sind Abonnemente im schweizerischen öffentlichen Verkehr allgegenwärtig. Über die Hälfte aller erwachsenen Schweizer*innen verfügt über ein Abonnement für den öffentlichen Verkehr, was im weltweiten Vergleich einem ausserordentlich hohen Anteil entspricht.

Abonnemente gibt es in der Schweiz im Regional- und Fernverkehr seit den Anfängen des Eisenbahnverkehrs. Sie waren in der Regel auch Bestandteil der Konzessionen der Kantone für die neu entstehenden Privatbahnen. So enthielten die Konzessionen der Kantone Bern, Luzern, Solothurn, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Aargau von 1852 für die Schweizerische Centralbahn die Vorschrift eines Rabatts «für Abonnementsbillete zu einer wenigstens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke während drei Monaten.» Solche Bestimmungen waren in der Regel wenig umstritten, denn sie entsprachen im Grundsatz gleichermassen volks- wie betriebswirtschaftlichen Zielsetzungen.

Eine quantitative Erfassung der Bedeutung von Abonnementen im 19. Jahrhundert ist im Wirrwarr der vielen Bahngesellschaften nicht möglich. Aus der Botschaft des Bundesrates betreffend den Rückkauf der schweizerischen Hauptbahnen ist immerhin zu entnehmen, dass der Anteil der mit Ausnahmetarifen beförderten Personen bei den vier Hauptbahnen bei durchschnittlich etwa einem Drittel lag. Der grösste Teil dürfte dabei allerdings auf Ausnahmetarife für Gesellschaften und Schulen, auf Militärtransporte und auf Beamtenbillette entfallen sein. Insgesamt dürften Abonnemente in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Eisenbahnverkehr noch eine geringe Rolle gespielt haben, mit der Entwicklung von Arbeiter- und Schülerabonnementen wurde aber ab 1880 eine wichtige Grundlage für den späteren Massenverkehr gelegt.


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