Der Blick ins Ausland (8): Ein neuer ICE, viel Geld für die Strasse – und das Comeback der Bahn 🆓

Die Deutsche Bahn will ihr Angebot ausbauen. Bild: Yannes Kiefer / Unsplash

Jeden Samstag wirft Mobimag einen Blick auf aktuelle Ereignisse im Ausland. Diese Woche macht unter anderem der Chef der Deutschen Bahn mit einem Interview von sich reden. Die «Süddeutsche Zeitung» rechnet vor, wie viel mehr Geld Deutschland in die Strasse investiert als in den Öffentlichen Verkehr. Und der «Freitag» freut sich über die Renaissance des Bahnverkehrs.

Richard Lutz im Interview

In einem vielzitierten Interview mit dem «Handelsblatt» hat Richard Lutz, Chef der Deutschen Bahn, diese Woche eine Neuigkeit zum grenzüberschreitenden Verkehr präsentiert. Die Bahn überlege sich, die ICE-Sprinterverbindung Berlin-Frankfurt ab dem Fahrplanwechsel 2024 in Richtung Paris durchzubinden. Gerade die Strecke Paris-Frankfurt werde stark nachgefragt, und gegen eine Verlängerung nach Berlin sei grundsätzlich nichts einzuwenden.


Wenig Neues konnte Lutz hingegen zu den Nachtzügen sagen. Es bleibt dabei, dass die Deutsche Bahn selbst nicht mehr im Geschäft tätig sein will und stattdessen auf die Kooperation mit der ÖBB setzt. Auch neue Verbindungen konnte Lutz nicht nennen.

Noch nicht klar ist, wann die fünf Milliarden Euro Hilfe kommen, die der Bund der DB zugesagt hat. Diese Staatshilfe ist laut der Zeitung noch nicht bei der Europäischen Kommission angemeldet. Relevant ist das, weil Deutschland den Eisenbahnmarkt geöffnet hat und dementsprechend Auflagen für die Subventionierung einzelner Marktteilnehmer gelten. Laut dem Handelsblatt verlangt die Kommission, dass die DB ICEs – einschliesslich solche der neuesten Generation – verkaufe oder an interessierte Wettbewerber vermiete. Lutz dazu: «Wir führen Verhandlungen nicht über die Medien.»

26 Milliarden Euro für die Strasse …

… und 21,5 Milliarden Euro in neue und erweiterte Schienenwege: So viel hat der deutsche Staat laut der «Süddeutschen Zeitung» zwischen 2009 und 2020 investiert. Der Abstand sei zwar kleiner geworden. Die Prioritäten seien aber unverändert geblieben.

Dabei sehen die Ziele der Bundesregierung eigentlich vor, dass der Verkehr seine Emissionen bis 2030 um 40 Prozent senken soll. Die Passagierzahlen im Fernverkehr sollen sich auf 260 Millionen Fahrgäste pro Jahr verdoppeln. Doch von einem Umsteuern sei noch nichts zu spüren, so die Zeitung: Stattdessen seien die Emissionen des Verkehrs zwischen 2009 und 2019 gestiegen. Das sei ein massgeblicher Grund dafür, dass Deutschland seine Vorgaben aus dem Pariser Klimaabkommen verfehle.

Corona verschärfe das Problem nun: Statt über Ausbauten werde bei der Deutschen Bahn über eine Verschärfung des Sparkurs diskutiert. Denn derzeit seien die Intercity-Züge nur zu 20 Prozent ausgelastet. Zehn Milliarden Euro fehlten der Bahn bis 2024. «Nicht nur Corona, auch kostspielige Altlasten drohen, den Aufbruch der Bahn in eine neue Ära zu erschweren. Denn die verschleppte Erneuerung von Infrastruktur, etwa Tunneln oder Gleisen, wird in den nächsten Jahren teuer», schreibt das Blatt.

Kommt die Renaissance des Bahnverkehrs?

Diese These stellt das Magazin «Der Freitag» auf – ausgehend vom starken Ausbau der Nachtzug-Linien in den nächsten Jahren.

Das Blatt scheine sich zu wenden, meint das Magazin. Im September habe der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer eine Initiative zum Trans-Europ-Express 2.0 angekündigt und es seien viele neue Nachtzüge geplant. «Die Bahn wird wieder zum Hoffnungsträger», analysiert der Autor.


Heute sei das europäische Bahnnetz nicht auf internationale Reisen ausgelegt. «Wer von Berlin nach Bukarest in Rumänien reisen will, muss nicht nur zwischen verschiedenen Zügen umsteigen, sondern die Tickets auch jeweils bei drei verschiedenen Bahnunternehmen kaufen: bei der deutschen, der tschechischen und der ungarischen Bahn.» Das sei noch vor vier Jahrzehnten anders gewesen, als viele Nachtzüge und der Trans-Europ-Express den Kontinent verbunden hätten.

Allerdings, so das Magazin: «Der grosse Wurf für ein europäisches Bahnnetz mit untereinander vernetzten langlaufenden Tages- und Nachtzügen steht weiter aus.» Dabei sei die Coronakrise eine Chance: Der Flugverkehr sei nun reduziert. Jetzt müsse die Verlagerung auf die Bahn stattfinden. «Die Bereitschaft für den Umstieg auf die Bahn wäre jedenfalls vorhanden: In einer aktuellen Umfrage der Bertelsmann-Stiftung befürworten zwei Drittel der Europäerinnen und Europäer als Klimaschutzmassnahme sogar ein komplettes Verbot solcher Flüge, die durch eine Bahnreise von höchstens zwölf Stunden ersetzbar wären.»

Der Bau neuer Strecken dürfe nicht im Vordergrund stehen, heisst es in der kostenlos abrufbaren Analyse. Denn das würde zu lange gehen. Die gute Nachricht sei aber, dass schon mit dem vorhandenen Schienennetz Bahnverbindungen quer durch Europa umsetzbar seien.



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