Die BLS gewinnt gegen SBB Infrastruktur: Jetzt drohen Verzögerungen im Entlebuch (Abo)

Wird so schnell nicht umgebaut: Bahnhof Entlebuch. Bild: Georg Gmür / Wikipedia

Das Bundesamt für Verkehr (BAV) pfeift die SBB zurück: Sie darf drei Bahnhöfe nicht auf die Art und Weise behindertengerecht umbauen, wie sie es geplant hatte. Dagegen Einspruch erhoben hatte die BLS. Während diese davon spricht, nun eine Perspektive zu haben, warnt die SBB vor Verzögerungen.

von Stefan Ehrbar
15. Juni 2021

Die Bahnhöfe Entlebuch, Escholzmatt und Schachen auf der Strecke Bern-Entlebuch-Luzern entsprechen nicht den Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetz. Die SBB muss sie deshalb umbauen. Dabei wollte die Bahn gleich noch Kreuzungsgleise abbauen. Kreuzungen von Zügen mit gleichzeitigem Fahrgastwechsel wären so nicht mehr möglich gewesen. Das hätte schwerwiegende Folgen gehabt, warnte die Berner Bahn BLS, die auf der Strecke das Angebot im Personenverkehr erbringt – und wandte sich an das BAV. Dieses gab der BLS recht.


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«Die BLS als Hauptnutzerin dieser Strecke machte geltend, dass ihr so beträchtliche betriebliche Nachteile entstehen würden», schreibt das BAV in einer Mitteilung. «Das BAV hat entschieden, dass die SBB ihre Sanierungspläne anpassen muss, damit die bisherigen Funktionalitäten der Strecke erhalten bleiben.» Dieser Entscheid sei abschliessend.

Grundlage für diesen Entscheid ist ein neues «Instrument für faire Investitionsentscheide», das es erst seit Anfang Jahr gibt. Gemäss einem neuen Artikel im Eisenbahngesetz müssen die Infrastrukturbetreibenden – in diesem Fall die SBB – den betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) – in diesem Fall die BLS – bei der Planung von Investitionsvorhaben auf ihrem Netz ein Mitwirkungsrecht einräumen. Werden deren Anliegen nicht berücksichtigt, können sie das BAV anrufen.

Das hat die BLS getan. «Wir begrüssen diesen Entscheid», sagt BLS-Sprecherin Tamara Traxler. «Er zeigt, dass es möglich ist, sich als EVU im Sinne der Fahrgäste gegen eine die tiefe Linienpriorisierung seitens der Infrastruktur -in diesem Fall der SBB –  erfolgreich zur Wehr zu setzen.»

Der Entscheid gebe der BLS auf dieser Linie eine Perspektive und lasse die Möglichkeit für einen künftigen Ausbau offen. «Mit der ursprünglichen Planung hätte das heutige Angebot kaum weiterentwickelt werden können. Damit wären an allen Bahnhöfen ohne systematische Kreuzung, Kreuzungsgleise zurückgebaut worden», sagt Traxler. «Das heisst: Sowohl Verdichtungen des Fahrplans als auch Änderungen der Fahrplanstruktur, etwa das Drehen um eine Viertelstunde, wären verunmöglicht worden. Zudem hätten sich mit dieser Planung im Verspätungsfall auch erhebliche betriebliche Risiken ergeben».

Planmässige Kreuzungen fänden auf den drei Bahnhöfen nicht statt, heisst es hingegen vonseiten der SBB. Auf das Angebot auf der Strecke habe der Entscheid damit keinen Einfluss, sagt Sprecher Martin Meier. «Die SBB nimmt den Entscheid des BAV zu Kenntnis.»

Die SBB nehme das Thema Behindertengleichstellung ernst: «Reisende mit eingeschränkter Mobilität sollen Dienstleistungen der SBB diskriminierungsfrei nutzen und sich möglichst autonom und barrierefrei fortbewegen können. Die Umplanung für die Bahnhöfe wird nun mit Hochdruck umgesetzt.»

Es würden nun verschiedene Varianten geprüft. Definitive Lösungen lägen noch nicht vor. «Die Auswirkungen auf die Inbetriebnahmetermine sind in Abklärung», sagt Meier. «Verzögerungen können nicht ausgeschlossen werden.»

Während der Entscheid des BAV also für mögliche Angebotsausbauten ein positives Signal darstellt, bedeutet er für Reisende mit eingeschränkter Mobilität, dass sie im Entlebuch wohl länger auf ein adäquates Angebot warten müssen. Damit zeigt sich einmal mehr: Die ÖV-Branche hat das Thema zu spät angegangen – und ist noch längst nicht dort, wo sie sein sollte.

[armelse]


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