
Die Nachfrage nach Frachtkapazitäten während der Pandemie trieb die Umbauaktivitäten voran und diese setzten sich 2023 trotz eines Einbruchs der Nachfrage nach Luftfracht fort. Den grössten Umbau-Marktanteil haben heute Schmalrumpfflugzeuge wie die Boeing B737 und Airbus A320/321.
von Peider Trippi,
17. April 2025
Die Pandemiejahre brachten Rekordumsätze im Luftfrachtverkehr. Da das Angebot aufgrund der Flugverbote für Passagierflugzeuge begrenzt war und die Nachfrage dank des boomenden E-Commerce stieg, erhöhten sich die Preise pro Kilogramm Fracht sprunghaft. Wenig überraschend veränderte diese Situation die Position der Luftfrachtanbieter. Die Frachteinnahmen verdoppelten sich gemäss IATA von 100 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 auf 210 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021, während die Passagiereinnahmen mehr als halbierten.
Dadurch hatte die jährliche Umrüstung von Passagier- auf Frachtflugzeuge (oder „P2F“, wie die Branche es nennt) einen starken Impuls erhalten. Unterstützend wirkt auch die zunehmende Verfügbarkeit von älteren A320- und B737-Flugzeuge sowie auch Grossraumflugzeuge wie die B777 und die A330 auf dem Gebrauchtmarkt. Bis 2025 wird das Volumen voraussichtlich bei 180 P2F-Flugzeug-Konversionen pro Jahr liegen. Vor der COVID-19-Pandemie waren es im Vergleich dazu 70 Einheiten pro Jahr. In den letzten fünf Jahren verzeichnete dieses Marktsegment nicht nur ein zweistelliges Wachstum, sondern auch eine rege Aktivität seitens der grossen Erstausrüster (OEMs) und ein ganzer Markt von spezialisierten MRO-Unternehmen (Wartung, Reparatur und Überholung), die diese transformative Arbeit durchführen.
So führen die Firmen Boeing, AEI und IAI derzeit Umbauprogramme für die 737-800 durch. Das Modell dominiert seit 2019 den Umbaumarkt. Allein im Jahr 2023 wurden 79 737-800-Umbauten durchgeführt. In Europa sind die Elbflugzeugwerke EFW in Dresden führend. Als langjähriger Partner von Airbus, der einen Anteil von 45 Prozent an dem Unternehmen besitzt, verfügt EFW über neun MRO-Einrichtungen auf der ganzen Welt, in denen es die Umrüstung von Airbus Passagier- auf Frachtflugzeuge durchführt.
Auch neue Anbieter steigen in den Umrüstungsmarkt ein: Mammoth Freighters LLC (Ft. Worth, Texas/USA) wurde im Dezember 2020 gegründet, um speziell für die Konzeption, Entwicklung, Umrüstung und Unterstützung der Entwicklung von Passagier- in Frachtflugzeuge zu sorgen. Im Fokus steht hierbei der Boeing B777-Markt (sowohl die Varianten 200 LR als auch 300 ER). Mammoth hat Zusagen für 29 -200LRMF und sechs -300ERMF mit Flugzeugzellen, die bereits benannt sind und deren Starttermine für die Umrüstung geplant sind. Es gibt fünf Umrüstlinien in Fort Worth/USA und zwei in Manchester/UK, die jeweils etwa drei Flugzeuge pro Jahr aufnehmen können, also insgesamt 21 Flugzeuge jährlich.
Auch in anderen Märkten sind lokale Umrüstbetriebe aktiv: Grand China Aviation Maintenance, eine Tochtergesellschaft von HNA Aviation Technic, hat fünf weitere 737-800P2F zu liefern, und KF Aerospace in Kanada hat an drei 737-800P2F-Umrüstungen für Air Inuit gearbeitet, von denen zwei in einer Combi-Konfiguration sind. EFW unterzeichnete eine Absichtserklärung mit MRO Japan (MJP) über die Einrichtung einer A320P2F/A321P2F-Umstellungslinie am Flughafen Naha in Okinawa, wo für den Luftfrachtverkehr ein enormer Ausbau prognostiziert wird.
In den nächsten 15 Jahren wird ein Markt für 1300 Schmalrumpf- und über 400 Grossrumpf-Konversionen prognostiziert, was knapp Zweidrittel an neuen Frachtflugzeugen abdeckt. Ein Drittel werden speziell gefertigte Frachter ab Fabrik sein. Da letztere aufgrund von Lieferketten-Problemen mit Lieferverzögerungen kämpfen erhöht sich der Bedarf an P2F-Umrüstungen.
Fluggesellschaften fahren eine duale Strategie
- Beispiel 1: Um der wachsenden Nachfrage nach Frachtflugzeugen gerecht zu werden, plant Emirates SkyCargo, seine Frachtkapazität und Flotteneffizienz durch einen zweigleisigen Ansatz deutlich zu verbessern. Die Fluggesellschaft hat fünf neue Boeing 777F bestellt, deren Auslieferung zwischen 2025 und 2026 erwartet wird. Ausserdem sollen 10 ihrer B777-300ER-Passagierflugzeuge im Rahmen des Umrüstprogramms «The Big Twin» von Israel Aerospace Industries (IAI) zu P2F-Frachtflugzeugen umgebaut werden.
- Beispiel 2: Qantas hat sechs weitere A321 gekauft, die von EFW zu Frachtern umgebaut wurden, um die alternden B737-Frachter zu ersetzen. Die Fluggesellschaft reagierte damit auf die überraschende Expansion der Online-Shopping-Gewohnheiten, die durch die Pandemie ausgelöst wurde. Die Frachtsparte von Qantas verfügt bereits über drei A321P2F und liess ebenfalls zwei eigene A330-Grossraumflugzeuge für den Frachteinsatz umrüsten.
Welche Phasen durchläuft eine Konvertierung?

Die Konversion eines Passagier- zu einem Frachtflugzeug umfasst im Wesentlichen vier Phasen:
- 1. Deinstallationsphase
Die Passagierbereiche werden vollständig geräumt und ausgebaut. Dieser Vorgang umfasst den Ausbau der Innenausstattung wie Sitze mit sämtlicher Bordunterhaltungsausrüstung und Verkabelung, Seitenwandverkleidung, Isolierung und Bodenplatten. Dies beinhaltet auch den Frachtdeckenbereich im unteren Rumpfteil.
- 2. Strukturphase
Die Arbeiten an der Struktur des Flugzeugs beginnen. Der Boden wird erneuert, Stringer und Spanten werden verstärkt, das neue Rumpfsegment mit der Ladeluke des Hauptdecks wird eingebaut, der Rumpf wird verstärkt, die Fenster und Notausstiege werden durch Stopfen ersetzt und die hinteren Passagiertüren werden verriegelt.
- 3. Neuinstallationsphase
Nach den strukturellen Änderungen werden die für Frachter relevanten Komponenten neu eingebaut. Dazu gehören Computersysteme und Elektrik, Hydraulik, Seitenwände und Böden sowie der Kurierbereich. In dieser Phase erfolgt auch der Einbau eines hochflexiblen, motorisierten Frachtladesystem im Kabinenboden. Der ganze Frachtbereich erhält eine Temperaturüberwachung um allfällige Brandentwicklungen frühzeitig zu detektieren.
- 4. Testphase
In der letzten Phase werden alle Systeme umfassend getestet. Dabei erfolgen Hunderte von Tests, darunter auch spezielle Tests für Frachtflugzeuge. Dabei wird alles von der Stromversorgung über das Frachtladesystem bis hin zu Hydraulik und Triebwerken abgedeckt. Nach Abschluss der Tests wird das Flugzeug freigegeben, ohne dass spezielle Testflüge erforderlich sind.
Auch P2F-Regionalflugzeuge sind gefragt

Eine weitere aktuelle Entwicklung in der Branche ist, dass auch Regionalflugzeuge zum Umbau gebracht werden. Mit mehr als 1.600 E-Jets, die weltweit von Embraer als Passagierflugzeuge ausgeliefert wurden, profitieren P2F-Kunden von einem gut etablierten, ausgereiften und globalen Servicenetzwerk. Embraer hat die FAA-Installationskonformität für die E190F abgeschlossen, ein entscheidender Schritt im E-Freighter-Programm. Dies bestätigt, dass die neuen Komponenten am Flugzeug die Zertifizierungsanforderungen erfüllen und für einen sicheren Frachtbetrieb korrekt installiert sind.
Embraer rüstet seine E-Jet-Passagierflugzeuge zu Frachtflugzeugen um, darunter die E190 und E195. Die E190F absolvierte im April 2024 ihren Erstflug in São José dos Campos, Brasilien. Gemäss Embraer werden umgerüstete E-Jets über 50 Prozent mehr Volumenkapazität, die dreifache Reichweite von Grossfracht-Turboprops und bis zu 30 Prozent niedrigere Betriebskosten im Vergleich zu Schmalrumpfflugzeugen bieten. Die maximale Nutzlast des E190F beträgt 13.500 kg und des E195F 14.300 kg.
Embraer geht davon aus, dass es in den nächsten 20 Jahren einen potenziellen Markt von bis zu 700 Flugzeugen in der Klasse der E-Frachter gibt – 250 Ersatzflugzeuge für bestehende Flugzeuge und 450 durch ein Marktwachstum. Als P2F-Ausgangsmaterial hat Embraer weltweit 380 E190- und 90 E195-Passagierflugzeuge identifiziert.
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