
Jeder dritte Uber-Fahrer in Berlin war ohne Konzession unterwegs. Nun werden die Behörden aktiv. Ausserdem im Blick aufs Ausland mit Links zu spannenden Geschichten: In New York sollen 500 grosse Velo-Parkplätze entstehen – und darum ist für neue Transportprojekte die neue Freiheit das bessere Kriterium als wirtschaftliches Wachstum.
von Stefan Ehrbar
7. Juni 2024
Viele Uber-Fahrer ohne Konzession in Berlin
Jeder Dritte, der bis vor kurzem in ein Uber-Taxi in der deutschen Hauptstadt Berlin einstieg, leistete der Kriminalität Vorschub. So drastisch formuliert es die «Berliner Zeitung» in einem Artikel über neue Erkenntnisse zu den Praktiken des US-Fahrvermittlers.
Viele Fahrer hätten gar keine Erlaubnis gehabt, Fahrgäste zu transportieren. Ein Teil der Unternehmen und Subunternehmen, die nicht nur für Uber, sondern auch für andere Plattform-Anbieter wie Bolt oder Freenow unterwegs waren, seien bis April illegal unterwegs gewesen.
Nun werde gegen sie wegen Betrugs, Sozialbetrugs und Schwarzarbeit ermittelt. «Ihnen fehlt entweder die Konzession, Personen zu befördern, oder die Lizenzen sind gefälscht. Andere Unternehmen haben andere Firmensitze als in der Konzession angeben oder gar keinen», heisst es im Artikel.
Etwa 40 Autovermietungen in Berlin, deren Fahrzeuge regelmässig für solche Fahrdienste unterwegs sind, seien nach Informationen der Berliner Polizei sogar in der Hand von kriminellen Clans. Die Fahrzeuge würden nicht nur für Uber-Fahrten, sondern auch zur Ausführung von Straftaten wie etwa dem Verkauf von Drogen genutzt.
«Das ist wirklich ein Sumpf, den wir da entdeckt haben», wird die zuständige Verkehrsstaatssekretärin Britta Behrendt von der CDU zitiert. Es sei ein sehr ernstes Phänomen. Unterschiedliche Bereiche der Kriminalität würden sich verbinden.
Aufgeflogen ist das Drittel der illegal anbietenden Uber-Fahrer demnach, als die Plattformen ihre Bestandesdaten an die Behörden übermittelten. Diese gaben Uber und Co. bis zum 25. April Zeit, die betreffenden Anbieter zu sperren. Daraufhin entfernten diese knapp 1700 Mietautos aus ihrem Angebot – das entspricht einer Reduktion der Flotte um 29,98 Prozent.
In Berlin haben die Behörden mit den Anbietern von Plattformen für Fahrdienste vereinbart, dass jedes Fahrzeug von den Behörden geprüft und zugelassen werden muss.
Laut Aussagen der zuständigen Behördenchefin geht deshalb die Zahlen der Fahrzeuge zurück. Eine Ermittlungsgruppe überprüfe nun jedes Unternehmen, der Mietwagenverkehr werde dieses Jahr «komplett aufgeräumt».
Mehr Velo-Parkplätze in New York
Die Zahl der Velofahrerinnen und -fahrer erreicht in der US-Metropole New York neue Höchststände. Die Verwaltung der Stadt will deshalb mehr Platz für die Unterbringung von Velos, Lastenrädern und E-Bikes schaffen. Das berichtet das Portal «Bicycle Network».
In vielen Wohnungen in New York City gebe es keinen geeigneten Platz für die Unterbringung von Velos. Viele hätten auch gar keinen Lift. Das stelle besonders für Besitzerinnen und Besitzer von E-Bikes und Lastenvelos ein Hindernis dar, die die schweren Fahrzeuge in die Wohnung tragen müssen. Gleichzeitig werden in New York täglich mehr als 600’000 Fahrten mit dem Velo unternommen und immer mehr Strassen werden mit geschützten Velospuren ausgestattet, heisst es im Artikel.
Um diese Dynamik zu nutzen, plane das Verkehrsministerium der Stadt, ein Netz von 500 sicheren Velo-Abstellplätzen in allen fünf Stadtbezirken zu errichten.
«Mit einer Rekordzahl von Velofahrern und einer noch nie dagewesenen Anzahl geschützter Velodwege erlebt New York City eine Renaissance des Velofahrens», sagte demnach der zuständige Commissioner Ydanis Rodriguez.
Die Initiative werde das weitere Wachstum des Veloverkehrs unterstützen, indem sie ein zentrales Hindernis für den Velobesitz beseitige, nämlich den fehlenden Zugang zu sicheren Velo-Abstellplätzen.
Die Standorte werden laut dem Artikel vor allem in der Nähe grosser Verkehrsknotenpunkte und wichtiger Ziele gebaut. Es werde eine Mischung aus kleinen und grösseren, leistungsfähigen Anlagen geben, die sowohl überdacht sein können als auch im Freien zu liegen kommen. Einige werden am Rande der Strasse aufgestellt, während andere komplett abseits der Strasse liegen werden. Die Behörde sucht nun nach einem Betreiber, der das Netzwerk unterhalten kann. Die 500 Abstellplätze sollen innerhalb von fünf Jahren für die Nutzerinnen und Nutzer verfügbar gemacht werden.
Lieber mehr Freiheit als wirtschaftliches Wachstum
Woran sollen sich neue Infrastrukturprojekte im Transportbereich messen lassen? Ist es das dadurch ausgelöste wirtschaftliche Wachstum, der Nutzen fürs Klima, die Emissionen oder die Zeitersparnis?
Der Ökonom und Verkehrsplaner Omer Bor, der bei der englischen Integrated Transport Planning Ltd. arbeitet, schlägt nun in einem Artikel auf dem Portal Linkedin eine neue Kenngrösse vor.
«Bei Verkehrsprojekten ist Freiheit ein besseres Ziel als Wirtschaftswachstum», hat er seinen viel beachteten und diskutierten Beitrag betitelt.
Bei Verkehrsprojekten werde das Wirtschaftswachstum oft als eines der Hauptziele genannt. Das sei natürlich ein wichtiges, und viele sozial- und wirtschaftspolitische Massnahmen hätten es zum Ziel. «Dennoch werden die Auswirkungen von Verkehrsprojekten auf das Wirtschaftswachstum nur selten in vollem Umfang gemessen, und es ist unklar, welche Projekte besser für das Wirtschaftswachstum sind als andere.»
Freiheit hingegen sei leicht zu messen und zu gestalten und lasse sich perfekt mit Wachstum vereinbaren. «Die Erhöhung der Freiheit als Prinzip ist auch besser mit der menschlichen Natur vereinbar als das Wirtschaftswachstum», schreibt Bor.
Freiheit werde oft definiert als Abwesenheit von Beschränkungen. In den westlichen Demokratien würden die Menschen aber schon ein hohes Mass an Freiheit geniessen und die geltenden Beschränkungen dienten vor allem dem Schutz anderer. Eine umfassende Definition von Freiheit berücksichtige die Anzahl der Möglichkeiten. Mehr Möglichkeiten bedeuten mehr Freiheit. Optionen wie Arbeitsplätze, Bildungsmöglichkeiten oder Erfahrungen seien gleichzeitig oft physische Orte, die wir erreichen müssten.
«Darum spielt der Verkehr eine entscheidende Rolle bei der Erweiterung unserer Freiheit. Indem er den Zugang zu mehr Orten verbessert, erweitert der Verkehr die Möglichkeiten, was die Freiheit insgesamt erhöht», schreibt Bor. Im Durchschnitt würden die Menschen etwa eine Stunde pro Tag mit Reisen verbringen, eine Zahl die sich in den letzten 50 Jahren kaum verändert habe. «Die Freiheit lässt sich anhand der Anzahl der Ziele messen, die innerhalb dieser einen Stunde Reisezeit erreichbar sind.»
Wichtig sei, dass die Freiheit mit dem Wirtschaftswachstum zusammenhänge. «Verkehrsprojekte, die die Freiheit verbessern sollen, werden wahrscheinlich zu grösseren weitergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen führen», heisst es im Artikel.
Wenn mehr Menschen Zugang zu Arbeitsplätzen haben, steige beispielsweise auch die Beschäftigung und die Produktivität. «Das Streben nach Freiheit ist nicht nur deshalb wichtig, weil es leicht zu messen ist. Es trägt auch dem multidimensionalen Streben der Menschen nach Entwicklung Rechnung», schreibt Bor. Als positives Beispiel nennt Bor die Neugestaltung des Busnetz in Dublin, dank der die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner, die per Bus Zugang zu ihrem Arbeitsplatz haben, um 20 Prozent erhöht werden konnte.
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