CO2 aus der Luft filtern ist teurer als gedacht // CDU will weniger Strafen für Autobauer // Wie sich Veloverkehr verdreifachen könnte (Abo)

Das Velo hätte in Deutschland noch viel Potenzial. Bild: Luca Bracco/Unsplash

Um die Klimaziele zu erreichen, könnte CO2 aus der Luft gefiltert werden. Doch das dürfte teurer werden als gedacht. Ausserdem im Blick aufs Ausland mit Links zu spannenden Geschichten: Die CDU will deutsche Autobauer vor Strafzahlungen wegen Verfehlen der Emissionsziele schützen – und das Velo hätte in Deutschland noch viel Potenzial.

von Stefan Ehrbar
31. Mai 2024

CO2-Filter teurer als gedacht

Viele Staaten haben sich Netto-Null-Ziele gesetzt. Die Schweiz etwa will bis spätestens im Jahr 2050 klimaneutral werden. Auf diesem Weg sollen auch technische Lösungen helfen.

Eine davon ist das Filtern von CO2 aus der Luft. Das Problem dabei: Diese Methode wird in den nächsten Jahren zwar günstiger werden – aber trotzdem teuer bleiben. Das haben Forschende der ETH Zürich vor kurzem herausgefunden.

Derzeit sind die Kosten noch sehr hoch. Das ETH-Spin-off Climeworks etwa betreibt eine Anlage in Island mit einer Technologie namens Direct Air Capture (DAC). Diese saugt 4000 Tonnen CO2 pro Jahr ab. Die Kosten pro Tonne liegen derzeit bei etwa zwischen 1000 und 1300 US-Dollar, heisst es ein einem Beitrag der ETH.

Die Frage sei nun, wie schnell diese Kosten durch Skaleneffekte sinken würden. Um das herauszufinden, hat das Forscherteam eine Methode entwickelt, um die künftigen Kosten verschiedener DAC-Technologien besser abschätzen zu können.

«CO2 aus der Luft zu filtern wird mit zunehmender Skalierung der Technologien zwar deutlich billiger werden, aber nicht so billig, wie das manche Akteure erwarten. Statt der oft kolportierten 100 bis 300 Dollar pro Tonne CO2 dürfte der Preis eher bei 230 bis 540 Dollar liegen», heisst es im Beitrag.

Die Forschenden haben die Kostenentwicklung von drei Technologien verglichen, mit denen bereits heute CO2 aus der Luft gefiltert wird. Das Verfahren von Climeworks, bei dem ein festes Filtermaterial mit einer grossen Oberfläche CO2 binde, könnte bis 2050 zwischen 280 und 580 Dollar pro Tonne kosten.

Bei den anderen beiden DAC-Technologien kommen die ETH-Forschenden auf Kosten in ähnlichen Bereichen. Die Kostenentwicklung sei aber schwer abzuschätzen, wenn es dafür kaum Erfahrungswerte gebe, schränken sie ein.

«Trotz der grossen Unsicherheiten in den Schätzungen ist die Botschaft der Forschenden klar», heisst es im Artikel: Es sei entscheidend, alle Optionen weiterhin zu verfolgen. Und: «Die Verfügbarkeit von DAC-​Technologien sollte auf keinen Fall unsere Anstrengungen reduzieren, CO2-​Emissionen zu vermeiden. Gleichzeitig dürfen wir aber auch nicht mit dem Ausbau von DAC-​Anlagen warten, da wir diese Technologien für kaum vermeidbare Emissionen brauchen.»

CDU will weniger Strafen für Autobauer

Bereits in elf Jahren sollen nach dem Willen der EU-Kommission keine Verbrennerfahrzeuge mehr in der Europäischen Union neu zugelassen werden. Die CO2-Grenzwerte, welche Autobauer einhalten müssen, werden zu diesem Zweck bis dahin laufend gesenkt.

Damit diese Grenzwerte auch eingehalten werden, sind Strafzahlungen vorgesehen. Dagegen will die deutsche Partei CDU nun vorgehen, wie diese Woche das Portal n-tv.de berichtete. Sie wolle den deutschen Autobauern wie VW, BMW oder Mercedes entgegenkommen und ihnen drohende Strafzahlungen erlassen. Begründet wird das mit den schwachen Absatzzahlen bei Elektroautos. Je weniger Elektroautos die Hersteller verkaufen, desto höher ist der Durchschnitt der Emissionen ihrer Flotte und je höhere Strafzahlungen drohen ihnen.

«Wir müssen dafür sorgen, dass die Unternehmen keine Strafen zahlen müssen, wenn sie bei den Emissionen die europäischen Flottengrenzwerte angesichts der Absatzprobleme nicht einhalten können», sagte demnach der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Michael Kretschmer dem «Handelsblatt».

Die Unternehmen müssten weiter investieren können, um neue Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Deshalb solle nicht Geld über Strafzahlungen abgeschöpft werden, das dringend benötigt werde.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) begrüsst diesen Vorschlag. Laut dem Artikel «beteiligt er sich engagiert an der Diskussion über Massnahmen, die das Erreichen der Ziele möglich machen».

CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuvor schon das geplante Aus für Verbrennerautos in der EU kritisiert. Das Verbot müsse rückgängig gemacht werden, sagte er vor kurzem. Man wisse heute nicht, welche Mobilität in Zukunft wirklich umweltneutral und klimaverträglich entwickelt werden könne. Merz nutzt das Thema auch im Europawahlkampf. Vom 6. bis 9. Juni finden die Europawahlen statt, die Direktwahl des Europäischen Parlaments.

So könnte sich der Veloverkehr verdreifachen

Der Anteil des Velos am Verkehr könnte in Deutschland bis ins Jahr 2035 dreimal so hoch sein wie heute. Das belegt eine neue Studie des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), über die diese Woche die deutsche «Tagesschau» berichtet.

Die Studie zur «Potenzialabschätzung zum Radverkehr» wurde vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI im Auftrag des ADFC erstellt.

Das Potenzial von gut ausgebauten und sicheren Velowegen sei «riesig», werden im Artikel Velo- und Umweltaktivisten zitiert.

«Wenn die politischen, verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmten, könnte der Radverkehrsanteil bis 2035 verdreifacht werden im Vergleich zu heute und bezogen auf den Nahbereich – also Wege von bis zu 30 Kilometern», heisst es als Schlussfolgerung in der Studie.

Nötig dafür wäre eine «konsequente Flächenumverteilung zu Gunsten des Fuss- und Radverkehrs». Zudem wäre Tempo 30 als «Regelgeschwindigkeit» innerorts ebenso nötig wie «preispolitische Massnahmen», mit denen die Attraktivität des Autoverkehrs gesenkt werden sollen. Hinzu komme, dass das Velofahren «in ein qualitativ hochwertiges und günstiges Angebot im öffentlichen Personenverkehr integriert» werden müsse.

Damit nicht genug: Neben einem sehr guten Velonetz bräuchte es auch eine «positive Fahrradkultur», damit diese ambitionierten Ziele erreicht werden könnten. Darunter wird verstanden, dass sich Städte und Gemeinden und Menschen stärker auf Velo- und Fussverkehr ausrichten.

«Wenn man so radikal, wie in der Studie angenommen, aufs Fahrrad setzen würde, könnte man bundesweit den Anteil des Radverkehrs bis 2035 von aktuell 13 Prozent auf 45 Prozent steigern – was Strecken im Nahbereich betrifft – in manchen besonders radaffinen Städten wie Münster oder Oldenburg wäre sogar ein Anteil von 63 Prozent möglich», heisst es im Artikel.

Im ländlichen Bereich seien keine Verschiebungen in diesem Ausmass realistisch, aber auch dort seien Verbesserungen möglich.

Derzeit hinken viele deutsche Bundesländer und Gemeinden ihren Plänen zur Förderung des Veloverkehrs hinterher. Wenn die Veloförderung, wie sie aktuell von der Politik betrieben wird, weitergeführt wird, wären denn auch nur kleinere Veränderungen möglich. Laut der Studie würde der Anteil des Velos in Deutschland bis 2035 dann nur von 13 auf 15 Prozent steigen.

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