
Immer mehr Batteriezellen für Elektroautos werden in Europa gefertigt. Die Abhängigkeit von den Rohstoffen bleibt aber ein Problem. Ausserdem im Blick aufs Ausland: Die SNCF stellt einen Minizug vor, der auf der Strasse fahren kann, und Schiffe entsorgen ungestraft Öl im Meer.
von Stefan Ehrbar
15. April 2022
Europa baut Produktionskapazitäten auf
Immer mehr Batteriezellen für Elektroautos werden in Europa gefertigt. Das berichtet das Portal heise.de mit Verweis auf eine Auswertung der RWTH Aachen. Demnach werde Deutschland zu einem Zentrum der Produktion von Zellen.
Bis Ende des Jahrzehnts werden demnach jährlich weltweit 1300 GWh Speicherkapazität gefertigt, 478 GWh davon in Deutschland. Eine Gigawattstunde reicht für 26 Millionen elektrisch betriebene Autos mit je 50 kWh Energiegehalt. Gerechnet wird damit, dass in der EU bis 2030 zehn bis zwölf Millionen Pkw pro Jahr verkauft werden. Der Eigenbedarf dürfte damit in Deutschland gesichert sein. «Es könnte eine Situation entstehen, in der sogar ein Export von Zellen möglich ist», schreibt das Portal.
Mit der zunehmenden Fertigung von Batterien in Europa werde die Abhängigkeit von Asien reduziert. Bei den Fahrzeugherstellern und Zellproduzenten habe ein Umdenken eingesetzt: Die marktregionale Produktion gewinne an Bedeutung.
«Wir haben früh dafür sensibilisiert, dass wir in Europa eine eigene Zellproduktion brauchen. Von Covid über vermeintlich kleine Krisen wie die Blockade des Suez-Kanal bis zum Krieg in der Ukraine: Stellen Sie sich vor, wir wären dauerhaft und ausschliesslich von Importen abhängig», wird Heiner Heimes, geschäftsführender Ingenieur an der RWTH Aachen zitiert.
Mehrere Zellen zusammen bilden ein Modul und mehrere Module zusammen mit dem Gehäuse, der Heizung, Kühlung und der Software das Batteriesystem.
Allerdings stellen sich auch Probleme beim Aufbau der Produktion – etwa der enorme Kostendruck. Gleichzeitig kann Europa zwar die Produktion von Zellen erhöhen, die Abhängigkeit von Rohstoffen bleibt aber – und die Minen liegen grösstenteils nicht in Europa.
«Flexy» soll vor die Haustüre fahren
Die französische Staatsbahn SNCF hat mit einem Fahrzeug namens «Flexy» einen Minitriebwagen vorgestellt, der von Gleisen auf die Strasse wechseln kann und Reisende an der Haustüre absetzen kann. Darüber schreibt der «Standard».
Die Bahn wolle Nebenstrecken damit neues Leben einhauchen und einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten. So soll auch die Erschliessung von ländlichen Gebieten verbessert werden. Das Flexy-Fahrzeug, das kaum grösser als ein Auto ist, soll auf kürzeren Strecken eingesetzt werden, wo sich klassische Züge nicht lohnen.
Das Fahrzeug hat Räder, die aus Auto- und Eisenbahnreifen bestehen und kann an Bahnübergängen auf die Strasse abbiegen, um nahe gelegene Wohngebiete zu erschliessen. Die SCNF will 2024 mit einem Pilotversuch starten. Getestet werden sollen auch weitere Leichttriebwagen – etwa der mit Akkus betriebene Zug namens «Draisy» mit 30 Sitz- und 50 Stehplätzen, der auf Wunsch an Bedarfshaltestellen stoppen kann.
Ein weiterer innovativer leichter Batteriezug namens TLI, der 100 Fahrgäste transportieren kann, soll den Verschleiss der Schienen reduzieren und auf Linien mit tiefer Nachfrage einen dichteren Fahrplan ermöglichen.
Schiffe entsorgen ungestraft Öl im Meer
Das Einleiten von Öl und ölhaltigem Wasser ins Meer ist seit Jahrzehnten verboten. Doch wie die «Deutsche Welle» (DW) in einer exklusiven Recherche berichtet, umgehen viele Fracht- und Containerschiffe dieses Verbot systematisch, um Zeit und Geld zu sparen.
Die monatelange Recherche stützt sich auf Berichte von Whistleblowern und Experten. Die Analyse von Satellitenbildern belege zudem, dass illegale Öleinleitungen durch Handelsschiffe weltweit an der Tagesordnung sind. Nur ein Bruchteil der Fälle werde entdeckt und strafrechtlich verfolgt.
Viele Schiffe umgingen etwa die vorgeschriebene Aufbereitung des sogenannten Bilgenwasser und leiteten es ungefiltert ins Meer. Bilgenwasser entsteht beim Betrieb der Maschinen und ist ein umweltschädliches Gemisch aus Wasser, Motor- und Schmieröl, Treibstoffen und Reinigungsmitteln. Ein einziges grosses Frachtschiff kann laut der Recherche täglich mehrere Tonnen davon produzieren.
Fünf Whistleblower haben laut der DW die Praxis der illegalen Entsorgung bestätigt. Sie wurden auf verschiedenen Schiffen Augenzeuge. Die Entsorgung hat Folgen für das Ökosystem: So werden Kleinstlebewesen geschädigt, von denen sich grössere Tiere ernähren – und über Muscheln und Fische kann das schädliche Wasser in die Nahrungskette gelangen und Menschen schaden.
Viele Schiffsbetreiber umgingen die vorgeschriebene Aufbereitung mittels eines Tricks. «Mithilfe einer kleinen, tragbaren Pumpe wird das Bilgenwasser in einen anderen Tank umgefüllt, zumeist in den Abwassertank», schreibt die DW. «»Das ist sehr einfach», erklärte einer der Seefahrer. «Sie können diese Pumpe in fünf Minuten zusammenbauen und dann in fünf Minuten wieder abbauen und verstecken.»»
Wird einmal ein Fall aufgedeckt, liegen die Strafen etwa in Deutschland oft bei nicht mehr als 15’000 Euro. In den USA hingegen können Geldstrafen in der Höhe von mehreren Millionen Dollar fällig werden – und Whistleblower bekommen bis zur Hälfte dieser Summe.
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