
Der Operationschef der ukrainischen Bahn ist mit Bodyguards unterwegs und nie zu lange an einem Ort. «Russische Soldaten wollen ihn töten», schreibt die BBC. Ausserdem im Blick aufs Ausland: Wer von den hohen Benzinpreisen profitiert und wie die USA die Regeln für selbst fahrende Autos lockern.
von Stefan Ehrbar
18. März 2022
Die ukrainische Bahn kämpft um ihr Netz
Oleksandr Kamyshin ist der Betriebschef der ukrainischen Bahngesellschaft Ukrsalisnyzja. Sie ist mit 231’000 Mitarbeitenden die grösste Arbeitgeberin des Landes. Für eine Reportage hat die BBC ihn diese Woche begleitet.
«Die russischen Soldaten würden Kamyshin gerne töten», heisst es im Bericht. Deshalb ändere der 37-Jährige seine Reisepläne immer wieder, halte sich nie zu lange an einem Platz auf und sei mit Bodyguards unterwegs. «Wir müssen schneller sein als jene, die uns ausfindig zu machen versuchen», sagt er.
Bisher hätten 2,5 Millionen Menschen mit der Bahn aus der Ukraine fliehen können. Selbst aus der Stadt Kiew, welche russische Truppen zu belagern versuchen, fahren weiterhin Züge in den Westen, nach Ungarn und weiter nach Österreich. «Die Russen zerstören täglich Gleise und Bahnhöfe. Unsere Mitarbeitenden riskieren ihr Leben. Sie arbeiten unter Beschuss. Sie retten weiterhin Leben», sagt der Bahn-Manager.
Seit Kriegsbeginn hätten bereits 33 Mitarbeitende ihr Leben verloren. Fahrpläne müssten dauernd und spontan geändert werden, wenn es zu Angriffen komme. «Wir wollen die Bahn so lange betreiben, wie es nur irgendwie möglich ist», sagt Kamyshin.
Die ukrainische Bahn ist für viele der einzige Ausweg aus dem Land, seit der Luftraum für die zivile Luftfahrt geschlossen ist. Sie transportiert aber auch Hilfsgüter ins Land sowie ukrainische Soldaten an die Front. Auch transportiert die Bahn weiterhin so viele Exportgüter aus dem Land, wie unter den Umständen möglich ist. Dem kommt eine besonders hohe Bedeutung zu, seit die Russen die Häfen im Süden des Landes blockiert haben.
Wer profitiert von den hohen Benzinpreisen?
Für den Liter Bleifrei 95 verlangen derzeit viele Tankstellen mehr als 2 Franken – Preise, wie sie zuletzt vor etwa 10 Jahren letztmals realisiert wurden. In den vergangenen Tagen sank der Ölpreis allerdings wieder, ohne dass diese Preissenkungen im selben Ausmass weitergegeben wurden.
Zuvor waren schon die Benzin- und Dieselpreise stärker gestiegen als die Ölpreise, wie der deutsche Journalist Malte Kreutzfeldt von der «Tageszeitung» auf Twitter schreibt. Er hat das am Beispiel von Deutschland durchgerechnet.
So sei der Dieselpreis seit Beginn des russischen Angriff auf die Ukraine von 1,67 auf 2,31 Euro gestiegen, also um 64 Cent pro Liter. Bei Superbenzin sei der Preis um 45 Cent auf 2,26 Euro pro Liter gestiegen. Der Rohölpreis sei in der gleichen Zeit aber nur um 12 Cent pro Liter gestiegen auf 130 Euro pro Barrel. Ein Barrel entspricht 159 Liter.
Der Rohölpreis könne zwar nicht 1:1 in den Diesel- oder Benzinpreis übersetzt werden, aber rund 70 Prozent des Rohöls würden in einer Raffinerie zu Benzin, Diesel, Heizöl oder Kerosin verarbeitet. Daraus ergebe sich, dass die Steigerung des Rohölpreis den Dieselpreis maximal um 18 Cent pro Litter hätte steigen lassen dürfen.
Ein weiterer kleiner Teil des Anstiegs entfalle auf die höhere Mehrwertsteuer, die nun bei Diesel 10 Cent und bei Benzin 7 Cent mehr pro Liter betrage. Die übrigen Steuern und Abgaben seien vom Preis unabhängig, so dass sich dort nichts verändert habe. Auch Tankstellenpächter kassierten in der Regel eine feste Marge pro verkauftem Liter.
Seine Schulssfolgerung: Der Grossteil der Preissteigerung landete bei den Raffinerien. «Dort dürften die Gewinne stark gestiegen sein», schreibt der Journalist. Die Knappheit am Markt habe es ermöglicht, die Preie deutlich stärker zu erhöhen als es durch die gesteigerten Kosten erforderlich wäre.
Diese Informationen sind auch für die Schweiz relevant: Nur ein Viertel der hierzulande verwendeten Erdölprodukte wird in der einzigen verbliebenen Schweizer Raffinerie in Cressier NE verarbeitet. Der Rest kommt in Form von Fertigprodukten wie Benzin oder Diesel in die Schweiz, wobei Deutschland mit Abstand der grösste Lieferant ist.
Ein Sprecher des deutschen Mineralölwirtschaftsverbands bestätigt der «TAZ», dass die Raffinerien derzeit deutlich mehr Geld verdienten als vorher. Sie könnten Knappheitspreise erzielen. Das sei aber kein Problem, denn in den zwei Jahren der Coronakrise hätten sie kaum etwas verdient und brauchten das Geld für den Umbau der Branche.
Etwas anders sieht das der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck. Er hat das Kartellamt laut spiegel.de um eine genaue Prüfung gebeten.
Autonomes Fahren nimmt weitere Hürde
Vollständig autonome Fahrzeuge müssen in den USA nicht mehr mit Bedienelementen wie Pedalen und Lenkrad ausgestattet sein, um die Sicherheitsstandards zu erfüllen. Das berichtet das Portal euronews.com.
Die neuen Sicherheitsvorschriften ersetzen ältere, in welchen noch davon ausgegangen wurde, dass Fahrzeuge im Notfall immer von einem menschlichen Fahrer gesteuert werden können müssen. Diese Anforderungen seien nicht mehr sinnvoll, wird die National Highway Transport Safety Adminstration (NHTSA) zitiert.
Der US-Autobauer General Motors respektive dessen auf autonomes Fahren spezialisierte Einheit Cruise hatte im Februar bei der Behörde die Genehmigung zum Bau und Einsatz eines selbstfahrenden Autos ohne menschliche Steuerung beantragt.
General Motors will Anfang 2023 mit der Produktion dieses Autos beginnen.
Für Fahrzeuge, die ausschliesslich von einem sogenannten Automated Driving System (ADS) betrieben würden, seien manuelle Bedienelemente unnötig, so die Behörde. Hersteller müssen aber weiterhin in bestimmten Fällen eine Ausnahmegenehmigung bei der NHTSA einholen, um mit ADS ausgestattete Fahrzeuge verkaufen zu dürfen.
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